Untermünkheim. Verschiebung oder Abbruch der Bürgermeisterwahl vom 19. April stand als einziges Thema auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Doch dazu gab es in der rund halbstündigen Sondersitzung keine Diskussion mehr, denn Landrat Gerhard Bauer kam in die Weinbrennerhalle und machte deutlich: „Ich sage die Wahl am 19. April ab, weil sie zum jetzigen Zeitpunkt rechtswidrig, nicht rechtmäßig ist.“
Der Landrat hatte die Gemeinderäte bereits im Vorfeld per Brief informiert. Der Gemeinderat wollte dann erneut eine Sondersitzung zum Wahlthema, nachdem er am 24. März mit großer Mehrheit beschlossen hatte, dass es beim Termin am 19. April bleibt.
In dem Schreiben an die Gemeinderäte nennt Landrat Bauer noch Abbruch und Verschiebung durch den Gemeinderat als Alternativen – in der Sitzung sind sie keine mehr. „Wir haben noch mal alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft“, sagte der Landrat und schaute zu Steffen Baumgartner am Nebentisch, der am Landratsamt den Stab Landrat und Kommunalaufsicht leitet. Beides sei im geschriebenen Recht nicht vorgesehen, es gebe keine sichere Rechtsgrundlage dafür. Eine Absage durch die Rechtsaufsicht sei dagegen im Wahlrecht verankert, erläutert der Landrat den Gemeinderäten, die an einzelnen Tischen mit großem Abstand saßen und Desinfektionsmittel nutzen konnten.
Die öffentliche Sitzung verfolgten zwölf Zuhörer, die mit mindestens zwei Metern Sicherheitsabstand voneinander und hinter Absperrband saßen – darunter auch der 26-jährige Matthias Klocke, einer der beiden Bewerber fürs Bürgermeisteramt.
„Völliges Neuland“
„Es ist ein sehr schwieriges Thema, völliges Neuland für mich. Normalerweise greife ich nicht in die Kompetenzen des Gemeinderats ein, aber in diesem Fall sehe ich keine andere Möglichkeit“, betonte Bauer.
Der Landrat erläuterte in der Sitzung die rechtliche Sachlage. Er nannte erhebliche Wahlmängel, die zu einer Wahlanfechtung bis zur Ungültigkeit der Wahl führen könnten und ihn zu der Auffassung bringen, dass eine Urnenwahl in Untermünkheim in der derzeitigen Corona-Krise rechtswidrig ist. Es sei abzusehen, dass die Einhaltung von Vorgaben nicht durchgängig gewährleistet werden könne.
Eine große Anzahl von Wahlberechtigten gehe nicht persönlich zur Wahl, was nicht voll durch Briefwahl zu ersetzen sei. Bei Verstößen gegen die Corona-Verordnung müsste die Ortspolizeibehörde einschreiten, was die Zahl der Wähler weiter senke. Bei der Veröffentlichung des Wahlergebnisses werde der Öffentlichkeitsgrundsatz massiv verletzt. Ein ordnungsgemäßer Wahlkampf der Kandidaten, eine wirkliche Meinungsbildung der Bürger sei nicht möglich.
Wie geht es nach der Absage weiter? Der Gemeinderat hat ein halbes Jahr Zeit, um einen neuen Wahltermin zu finden, informierte Bauer. Es bleibt bei den beiden zugelassenen Kandidaten Matthias Klocke und Samuel Speitelsbach, neue werden nicht zugelassen.
„Es geht darum, die Wähler, die Bürger zu schützen. Sie nicht stärker einem Gesundheitsrisiko auszusetzen als unbedingt notwendig“, betonte Christoph Maschke. Der Bürgermeister machte darauf aufmerksam, dass Untermünkheim mit 42 Corona-Erkrankten bei rund 3000 Einwohnern „die höchste Dichte an Corona-Fällen im gesamten Landkreis hat“.
Maschke gab den Gemeinderäten die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, Fragen zu stellen. „Mir ist es wichtig zu betonen, dass der Gemeinderat die Sorgen und Anliegen der Bürger erkennt, sich die Arbeit nicht leicht macht“, sagte Bernd Wolf. Der Gemeinderat plädierte dafür, die Entscheidung des Landrats nicht als Sieg oder Niederlage zu bewerten, sondern das Beste aus der Situation zu machen. „Bitte unterstützen Sie uns dabei, einen neuen Wahltermin zu finden“, sagte Siegfried Falk in Richtung Landrat. „Das machen wir“, antwortet Bauer. „Wie geht es nach dem 30. Juni weiter?“, fragt Rainer Wolpert.
Am 30. Juni endet die Amtszeit von Maschke. Es entstehe kein Vakuum, weil der Bürgermeister geschäftsführend weiter im Amt bleibe, antwortet der Landrat. „Ich habe 2004 und 2012 einen Amtseid geschworen, dass ich mich für die Belange und das Wohl der Gemeinde mit all meiner Kraft einsetze. Selbstverständlich werde ich das weiter tun, bis ein neuer Bürgermeister gewählt und ins Amt eingesetzt ist“, erklärte Maschke. Marcus Haas
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