Der Maßnahmenkatalog zur Renaturierung der Jagst ist im Raum Kirchberg weitgehend abgeschlossen. Dabei sind viele neue Biotope entstanden.
Kirchberg. Nach dem verheerenden Jagstunglück durch Eintrag von düngemittelhaltigem Löschwasser vor gut einem Jahr ersann man im Rahmen des "Aktionsprogramm Jagst" ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandskraft des Gewässers, die bewirken sollen, dass mögliche zukünftige Schadensfälle weniger starke Auswirkungen verursachen. Für den am stärksten geschädigten Flussabschnitt hatten Vertreter der Kirchberger Ortsgruppe vom Naturschutzbund (Nabu) und des Fischereivereins gemeinsam mit Alois Hilsenbek vom Landesbetrieb Gewässer beim Regierungspräsidium Stuttgart die Planungen zur Verbesserung der Gewässerstruktur übernommen.
Die gewässerbaulichen Arbeiten an neun Stellen der Jagst zwischen Diembot und Mistlau würden die ganze Bandbreite der ökologischen Renaturierungsmaßnahmen widerspiegeln, die entlang der gesamten Jagst in die Wege geleitet wurden, berichtet der Kirchberger Nabu-Vorsitzende Bruno Fischer, der auch im Fischereiverein engagiert ist.
Steilwände für Eisvogel
So wurden inzwischen zwei Eisvogel-Steilwände angelegt; neue Kiesinseln, Störsteine und Niedrigwasserbuhnen sollen die Fließdynamik variieren und Unterstände für Jungfische bieten, und ausgebaggerte Alt- und Seitenarme böten weitere Rückzugsmöglichkeiten für die Gewässerfauna, erläutert der Jagstexperte. Auch der Kormoran, der zum Fischen weite, offene Wasserflächen bevorzugt, werde durch Strukturverbesserungen vergrätzt, führt Fischer weiter aus.
Der interessanteste und ökologisch wertvollste Landschaftsbereich ist nun im Gewann "Hornwasen" entstanden.
Gegenüber der Hornberger Mühle erwarb der Kirchberger Nabu dank einer großzügigen Erbschaft ein rund dreieinhalb Hektar große Uferwiese, die jetzt aus der Intensivnutzung herausgenommen wurde und durch verschiedene Biotopverbesserungsmaßnahmen eine bedeutende ökologische Aufwertung erfuhr.
Bereits Anfang des Jahres wurde an der Ostseite dieser Fläche ein stark verlandeter Altarm wiederhergestellt (wir berichteten).
Altarm durchgespült
Um zu verhindern, dass er durch den Laubeintrag am Fuß des bewaldeten Steilhangs wieder zuwächst, müsste er regelmäßig durchspült werden. Dafür hatten die Experten einen Durchstich vom Haupt- zum Seitenarm der Jagst vorgesehen. Geländespuren bewiesen, dass diese Verbindung früher schon einmal vorhanden, inzwischen aber längst zugeschüttet war.
Vor dem Anrücken des Baggers galt es jedoch, die möglichen ökologischen Auswirkungen der Maßnahme zu prüfen. Die teilweise Umleitung des Flusses ändert nämlich seine Strömungsgeschwindigkeit und damit die Lebensbedingungen einer eventuell vorhandenen Muschelfauna.
Dazu wurde der landesweite Experte und Artenschutzbeauftragte für Muscheln beim Regierungspräsidium, Professor Gerhard Maier zu Rate gezogen, der Ende September mit seinem Sichtkasten anrückte und den Jagstgrund gründlich nach den selten gewordenen Bach- und Teichmuscheln absuchte. Er fand zwar jede Menge von angeschwemmten Schalenscherben, jedoch kein lebendiges Tier, so dass von seiner Seite keine Bedenken gegen den Eingriff in den Gewässerverlauf bestanden.
Und so wurde jetzt ein naturnahes Stück Flusslandschaft geschaffen, das nicht nur dem Fischbestand nutzt, sondern auch Amphibien Laichräume bietet und wertvolle ökologische Nischen für viele weitere Tier- und Pflanzenarten beherbergt. havo
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