Offene Denkmale

Dornröschenschlaf: Rothenburg wartet weiter auf das Wellness-Hotel

Verwunschte Orte und offene Türen: In Rothenburg lockten Sudhaus, Jakobskirche und Judengasse viele Besucher – und die Hotelpläne liegen weiter auf Eis.

Von 
Dieter Balb
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Rund 250 Interessierte zog das ehemalige Sudhaus beim „Tag des offenen Denkmals“ an. Die Zukunft des Komplexes steht aber bislang noch in den Sternen. © Dieter Balb

Rothenburg. Wie ein verwunschenes Schloss steht das denkmalgeschützte ehemalige Sudhaus des Rothenburger Brauhauses inmitten von grüner Wildnis unzugänglich vor der Klingentorbastei an der Mergentheimer Straße. Doch jetzt durften zum Tag des offenen Denkmals die sonst verschlossenen Räume erkundet werden. Der Oberbürgermeister persönlich informierte, wie es um die Zukunft des ewigen „Brauhaus-Projektes“ steht, das längst ein Wellness-Hotel sein sollte.

Die an Kunstschätzen reiche Jakobskirche und die Judengasse 10 mit der Mikwe als bayerisches Kulturerbe gehörten außerdem zu den geöffneten Besichtigungsobjekten, die alle gut nachgefragt waren.

Die Feldermaus ist längst hier heimisch

Aus Sicherheitsgründen darf normal niemand ins historische Brauhausgebäude und auch das große brach liegende Grundstück dazu ist ringsum versperrt. Darunter liegen kreuz und quer verlaufende unsichere „Katakomben“, in denen sich eine seltene Fledermausart heimisch gemacht hat. Auf die flugfähigen Säugetiere gilt es Rücksicht zu nehmen, falls dort auf dem über 12.000 Quadratmeter großen Gelände am Taubertalhang jemals gebaut werden sollte.

Oberbürgermeister Dr. Markus Naser führte die zahlreichen Besucher – am Ende kamen rund 250 Interessierte – durch das von 1900 stammende gusseiserne Zugangstor in das parkähnliche Gelände. Die Remisen-Gebäude, in denen einst Kutschen und Pferde untergebracht waren, sind schon teilweise eingestürzt, man hat sie über Jahrzehnte verkommen lassen.

Vor einem Lagergebäude aus den siebziger Jahren deutet Naser auf eine eingezäunte runde Erdvertiefung in der Zufahrtsstraße: dort ist der Boden bereits über einem Keller eingebrochen, die „Unterwelt“ hat es in sich, wie bereits 2006 in einem Gutachten festgestellt wurde.

Pläne, die im Sande verlaufen sind

Naser erläuterte die Geschichte des 1899 von Hans Hopf, einem Bierbrauer aus Berlin, errichteten Gebäudes. Diese Dampfbrauerei wurde 1920 von Josef Beugler, der sein Brauhaus in der Wenggasse hatte, dazu erworben und bis in die siebziger Jahre betrieben. Vor rund zwanzig Jahren erlebte es noch als „Kulturbrauhaus‘ eine späte Blüte. Erst vor zehn Jahren glaubte man sich mit einer Berliner Planungs- und Investorengruppe am Ziel, aber alles verlief im Sande.

Die Stadt versuche seit 1983 einen Hotel-Investor zu finden, sagte Naser. Über viele Zwischenstufen führten die Bemühungen 2019 zu einem Architekturwettbewerb, den das Aalener Planungsbüro Isin & Co gewonnen hatte. Der OB verteilte sogar die neuesten Baupläne an die Besucher, wobei er darauf hinwies, dass dies gegenüber dem Ursprungsentwurf eine sehr reduzierte Variante sei. Die ursprünglichen Pläne von 2019 sahen 170 Zimmer vor mit großem Wellness-und Tagungs-Bereich sowie Tiefgaragen. Alles wurde abgespeckt. Auf 50 Millionen Euro war die Investitionssumme geschätzt worden.

Auflagen kosten Millionen-Beträge

Der Investor, so Dr. Naser, habe die Anforderungen, das alte Sudhaus erhalten zu müssen und die Fledermaus-Gewölbe sowie die Keller zu schützen. Alleine diese Auflagen verlangten acht bis zehn Millionen Euro auszugeben. Die Kellergewölbe wolle man mit einer Stahlbetondecke versehen, aber nicht überbauen.

An das Sudhaus solle sich ein Restaurant als Neubau anschließen, gegenüberliegend ein fünfgeschossiger Hotelbau in einer offenen U-Form angeordnet. Vor dem Sudhaus wäre ein Biergarten geplant und im östlichen Geländeteil ein Personalwohnhaus. Außerdem sind 73 Parkplätze vorgesehen. Wellness und Tagen stünden im Vordergrund.

Seit fünf Jahren vergebliche Suche

„Es wäre ein mächtiger Hotelkomplex“ stellt Naser fest. Laut Planer gehe es aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht kleiner. Das Büro Isin versuche bereits seit fünf Jahren vergeblich einen Investor und einen Betreiber zu finden. Immer wieder werde die Stadt damit vertröstet, dass man die nötigen Partner „bald beinander hat“. Naser zweifelnd: „Ich habe da meine Bedenken und sehe deshalb die aktuellen Fragen, wie z.B. ob das Gebäude zu groß dimensioniert sei, sehr entspannt, wenn letztlich sowieso nichts kommt!“

Kirche St. Jakob und ihre Kunstschätze

Am Denkmaltag rückten außerdem die Kunstschätze der Kirche in den Blickpunkt. Pfarrer Dr. Oliver Gußmann sprach vor einer interessierten Zuhörerschar in St. Jakob davon, dass Kirche und Geld generell ein schwieriges Thema ist. Kirchen gehörten zum Stadtbild und seien nationales Kulturgut. Der Unterhalt erfordere hohe Summen, allein schon wenn man an den Heilig-Blut-Altar, den Herlin-Altar und die Glasfenster denke. Gußmann verwies auf die Bauhütte, hohe Personalkosten und erinnerte an die 5,5 Millionen Euro, die von 2005 bis 2011 in die umfassende Gebäudesanierung geflossen sind.

Aus den Archiven wisse man, was der von 1311 bis 1485 errichtete Kirchenbau schon im Mittelalter Geld verschlungen habe: Die Abrechnung mit dem Holzschnitzer Tilman Riemenschneider vom 12. Januar 1505 belief sich auf 50 Gulden, plus 10 Gulden als Geschenk und einem Gulden Trinkgeld für die Gesellen. Gußmann: „Der Heilig-Blut-Altar wäre heute geschätzt 120 Millionen Euro wert“. Mit ihrem Eintritt unterstützen die vielen Touristen den Erhalt.

Schmuckstück Judengasse 10

Noch längst nicht alle Rothenburger wissen, welches Schmuckstück aus dem einst vom Verfall bedrohten Gebäude Judengasse 10 wurde und nutzten die Besichtigungsmöglichkeit. Für 1,5 Millionen Euro hat man das Gebäude als erstes Objekt des Kulturerbes Bayern vorbildlich saniert. Der Verein Alt-Rothenburg war entscheidender lokaler Partner des Vorhabens und hat auch das anschließende Nachbarhaus Nr. 12 vorbildlich hergerichtet.

Die Judengasse 10 mit ihrer Mikwe im Keller steht für die dritte jüdische Gemeinde Rothenburgs. Gästeführerin Karin Bierstedt gab einen kurzen Überblick über die Geschichte der Juden in der Stadt und erläuterte die Mikwe. Dr. Sybille Krafft (beide Vertreterinnen von Kulturerbe Bayern e.V.) führte durch das spätmittelalterliche Gebäude mit einzigartiger Bohlenstube und Rosenzimmer im 1. Stockwerk. Das Wohnhaus von 1409, das inzwischen ein „Denkmal von nationaler Bedeutung“ ist, gilt derzeit als das älteste bekannte Ensemble dieser Art im süddeutschen Raum. Die Besucher ließen sich außerdem von Robert Frank (Landesamt für Denkmalpflege) über die Funde zur ersten Synagoge am Kapellenplatz informieren.

Eine letzte Frist fürs Hotelprojekt

Die Tauberstadt hat keinen Mangel, wenn es um Baudenkmale geht, aber nicht alle sind vorbildlich saniert. Ob das in der Denkmalliste stehende alte Sudhaus eines Tages auch wieder neu erstrahlt? Wie der Oberbürgermeister auf Nachfrage betonte, will man dem Planer für das Hotelprojekt jetzt eine letzte Frist setzen, um Investor und Betreiber zu finden.

Wenn das nicht klappt, wolle die Stadt nächstes Jahr wieder über ihr Grundstück uneingeschränkt verfügen. Auch Wohnbebauung war schon im Gespräch. Das grün umrankte alte Brauhaus scheint noch lange nicht aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen.

Das ehemalige Brauhaus Rothenburg innen: Viel Platz-Potenzial für eine gastronomische Entwicklung. © Dieter Balb

Autor Redakteur, Wort- und Bildjournalist, Video

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