Rot am See. Weniger Bürokratie, eine Reform des Sozialstaats, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und „Politik für die normale Leut“: Der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl im März 2026, MdL Manuel Hagel, skizzierte am Donnerstag in Rot am See die Grundrisse seiner Politik. Bei der Mittelstandskundgebung des Bundes der Selbstständigen (BdS) auf der Muswiese ließ der Hoffnungsträger der CDU keinen Zweifel daran, dass es mit ihm einen grundlegenden Politikwechsel in Baden-Württemberg geben soll.
Manuel Hagel kommt am Donnerstag fast pünktlich in die Festhalle Hahn, die bereits gut gefüllt ist am letzten Tag des größten Volksfestes in Hohenlohe. Am selben Tag werden die Ergebnisse einer neuen Umfrage bekannt, wonach die CDU in der Wählergunst zwar zwei Prozentpunkte verloren hat, mit 29 Prozent aber immer noch mit Abstand stärkste Partei ist.
Özdemir schneidet im Vergleich besser ab
Hagel mischt zwar schon eine ganze Weile in der baden-württembergischen Politik mit, doch der 37-Jährige hat im Vergleich zum Spitzenkandidaten der Grünen, Cem Özdemir, mit einem mangelnden Bekanntheitsgrad zu kämpfen. Im direkten Vergleich schneidet der Grüne deutlich besser ab. Im Festzelt Hahn sind Manuel Hagel die Sympathien der Besucherinnen und Besucher aber von Anfang an sicher – im ländlichen Raum hat die CDU schließlich ihre Machtbasis.
Vor Manuel Hagel halten Bürgermeister Dr. Sebastian Kampe und die Präsidentin des BdS-Landesverbandes, Bettina Schmauder, Grußworte. Dr. Kampe sieht die Kommunen am Ende ihrer finanziellen Belastbarkeit, die Bürokratie gefährde die Innovationskraft. Er sieht Bund und Land in der Pflicht, die Kommunen mehr zu stärken. Bettina Schmauder bezeichnet die Muswiese augenzwinkernd als „hohenlohische Antwort auf Amazon“. Die Gemeinden bräuchten eine verlässliche Basisfinanzierung statt ständig neuer Förderprogramme, die bloß wieder mehr Bürokratie mit sich brächten. „Leistung braucht Luft zum Atmen“, so die BdS-Vertreterin.
Plädoyer für Technologieoffenheit
Auf dem „größten Volksfest der Welt“ – bezogen auf die Relation zwischen der Zahl der Besucher (zirka 300.000) und der Einwohnerzahl von Musdorf (exakt 48) – arbeitet sich anschließend Manuel Hagel an dem „ausufernden Sozialstaat“ („Die Abschaffung des Bürgergelds war richtig“) ebenso ab wie an „grüner Ideologie“ („Wir sollten mehr auf deutsche Ingenieure hören“). Er plädiert mit Blick auf das geplante Aus des Verbrenner-Motors für Technologieoffenheit. „Wir brauchen alles“, so der CDU-Spitzenkandidat. Das „starke Fundament“, auf dem Hohenlohe mit seinem bodenständigen Mittelstand und seinen zahlreichen Weltmarktführern stehe, habe mit „Fleiß, Erfindertum und Zusammenhalt“ zu tun.
„Wir sind in einer Rezession, und das schon seit drei Jahren. Aus dieser muss man sich herausarbeiten und nicht herausbequemen“. Das geht aus seiner Sicht nur, wenn man „mehr auf die schaut, die das Land am Laufen halten und nicht auf die, die den ganzen Tag schimpfen“. Die Abschaffung des Bürgergeldes verteidigt er mit Nachdruck: „Wer schaffen kann, muss auch schaffen“. Der Sozialhaushalt habe sich seit der Jahrtausendwende mehr als verdreifacht, deshalb sei eine Sozialstaatsreform erforderlich. „Jeder muss sich an der Produktivität beteiligen, um Wohlstand zu schaffen“, fordert der Spitzenkandidat. Die Wirtschaft brauche zudem bessere, verlässliche Rahmenbedingungen, damit sie mehr in Deutschland investiere. „Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik“, so der Fraktionschef der CDU.
Kritik an Bildungspolitik des Landes
Deutliche Kritik übt Manuel Hagel an der Bildungspolitik des Landes Baden-Württemberg, an dem „Akademisierungswahn“, der „aufhören“ müsse. „Wir waren früher immer mit vorne dabei, jetzt sind nur noch im Mittelfeld“. Der Hauptschüler sei genauso viel wert wie der Gymnasiast. „Lasst uns wieder mehr über Handwerker und Techniker sprechen“, fordert der 37-Jährige und plädiert etwa für kostenlose Meisterprüfungen. Schüler und Lehrer sollten seiner Ansicht nach mehr in Betriebe gehen und Betriebe mehr in Schulen. Das, so der Redner, sei auch ein Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Eine klare Absage erteilt Hagel der staatlichen Regulierungswut. „Statt mehr Bürokratie brauchen wir mehr Pragmatismus“, statt „juristischer Gutachten“ sei „gesunder Menschenverstand“ gefragt, ruft der CDU-Politiker unter dem Beifall der Zuhörer. „Jeder neuen Regelung setzen wir in Baden-Württemberg noch was drauf“. Das müsse aufhören, fordert Hagel. Er ist außerdem dafür, neue Normen oder Gesetze auf Zeit zu beschließen und nach einigen Jahren zu überprüfen, ob sie noch sinnvoll seien. Er geht aber noch weiter: „Wenn eine neue Norm kommt, müssen zwei im vergleichbaren Bereich abgeschafft werden“.
„Viele Schritte gehen, um Stimmung zu drehen“
Man müsse viele kleine Schritte gehen, um die Stimmung im Land zu drehen. Mit welchem politischen Partner ihm das im Fall seiner Wahl im März 2026 gelingen soll, lässt Manuel Hagel nur einmal kurz durchklingen: Mit der FDP sei das möglich, bei den anderen Parteien setzt er ein Fragezeichen.
Die bürgerliche Mitte müsse wieder ins Gespräch miteinander kommen, findet der Festredner, alles andere sei „Gift für die gesellschaftliche Stimmung“. Er wolle eine Politik für die Mitte machen, „für normale Leut“. Eine Botschaft, die in Musdorf ankommt. Mit lang anhaltendem Beifall feiern die Festzeltbesucher den CDU-Politiker, der sich anschließend unters Volk mischt. Seinen Bekanntheitsgrad hat Manuel Hagel definitiv gesteigert – in fünf Monaten haben die Wählerinnen und Wähler dann allerdings das letzte Wort.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/rhein-main-neckar_artikel,-hohenlohe-franken-cdu-spitzenkandidat-hagel-will-politik-fuer-normale-leut-_arid,2334895.html