Informationsveranstaltung in Hardheim - Interessante Details zum umstrittenen Windkraftstandort "Kornberg/Dreimärker" in Bretzingen und Waldstetten

"Menschliche Gesundheit steht obenan"

Von 
Ingrid Eirich-Schaab
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Durchaus noch mehr Interessenten hätten in der Informationsveranstaltung der Gemeinden Hardheim und Höpfingen zum geplanten Windkraftstandort "Kornberg/Dreimärker" in der Erftalhalle Platz gefunden. Ein von der Bürgerinitiative bestellter Fachmann durfte nicht, wie zunächst zugesagt, sprechen.

© Eirich-Schaab

Hardheim. Nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima im März 2011 beschlossen die Bundes- und die Landesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie. "Hardheim, Höpfingen und die ZEAG möchten gemeinsam die Energiewende vor Ort mit breiter Bürgerbeteiligung umsetzen", erklärten die Bürgermeister Volker Rohm und Adalbert Hauck zu Beginn der Informationsveranstaltung zum geplanten interkommunalen Windkraftstandort "Kornberg/Dreimärker" am Dienstagabend in der Erftalhalle. Die Wertschöpfung solle vor Ort erfolgen.

Außerdem wolle man damit dem Wildwuchs und der "Verspargelung der Landschaft" vorbeugen, indem in substanziellem Umfang Vorrangflächen ausgewiesen werden, so Volker Rohm in seinen einleitenden Ausführungen. "Die Windradfläche von Erfeld und Gerichtstetten ist substanziell zu klein und nicht ausreichend. "Ansonsten wäre auf dem gesamten Gemeindegebiet unter Berücksichtigung der Ausschlusskriterien der Bau von Windrädern möglich, denn Windräder sind grundsätzlich privilegiert." So bleibe es den Gemeinden selbst vorbehalten zu entscheiden, wo und wie viele Windkraftanlagen errichtet werden.

Und noch etwas kam ganz klar zum Ausdruck: Erst nach Vorlage der in Auftrag gegebenen Gutachten - also frühestens in einem Jahr - kann über die Zahl und die letztendlich in Frage kommenden Standorte entschieden werden. Noch ist also alles in dieser Hinsicht offen.

Konkrete Form nimmt dagegen bereits die geplante Beteiligung der Bürger und Kommunen an dem Projekt an, wie sich im Verlauf der Versammlung zeigte.

Bürger und Kommunen beteiligt

"Uns war es ein Anliegen, dass Hardheim und Höpfingen Seite an Seite marschieren und gemeinsam ein Gebiet ausweisen", so Bürgermeister Hauck. Er werte sich gegen den Vorwurf in Leserbriefen, "das Ganze sei ein abgekartetes Spiel". "Souverän ist das Gemeindeparlament als Vertretung der Bürger: In langwierigen Gesprächen seien die Gemeinderäte zu ihrer übereinstimmenden Entscheidung gekommen.

"Ja es gibt Veränderungen. Es wird lauter als jetzt, gibt mehr Infraschall, Lichtimmissionen und der Schattenwurf ändert sich. Das bestreitet niemand. Aber der Gesetzgeber mutet Ihnen das zu. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf den Status quo eines Wohnumfeldes, die Welt ist in Bewegung", so (Axel Krahl. Und Peter Beck fügte an: "Ein 200 Meter hohes Windrad kann niemand verstecken. Das sind große Bauwerke, die wird man sehen."

In der Informationsveranstaltung wurde Klartext gesprochen. Die Referenten nahmen kein Blatt vor den Mund und die Besucher hatten in der dreieinhalbstündigen Veranstaltung ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen. Kompetent und sehr offen wurde ihnen geantwortet. Deutlich wurde dabei eines: Bei allen Verschlechterungen ist die alles entscheidende Frage, ob diese gesundheitsschädlich sind und über der gesetzlich vorgeschriebenen Norm liegen oder nicht. "Das Schutzgut Mensch und die menschliche Gesundheit stehen im zentralen Fokus der Genehmigungstätigkeit. Wir als Behörden nehmen Ihre Bedenken ernst", versicherte Krahl, Leiter Geschäftsbereich Bebauung und Umwelt beim Landratsamt in Mosbach. Ausführlich erläuterte er Verlauf und Unterschiede bei den Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen, den Rechtsanspruch der Antragsteller und alle "Spielregeln" (Voraussetzungen, Einflussmöglichkeiten, planungsrechtliche Vorgaben und Grenzwerte).

Krahl bescheinigte Hardheim und Höpfingen: "Bislang ist alles rechtlich in Ordnung und völlig korrekt praktiziert worden nach dem Verfahren, wie es der Gesetzgeber vorsieht." Harald Endreß, Geschäftsführer der ZEAG Erneuerbare Energien GmbH Heilbronn stellte die ZEAG (ein Tochterunternehmen der EnBW mit Sitz in Heilbronn), die Standortplanung und das Bürgerbeteiligungsmodell vor.

Die von Hardheim und Höpfingen jeweils unabhängig mit Projektierung und Betrieb der geplanten Windkraftanlagen beauftragte Firma ZEAG (die FN berichteten) hat ein Bürgerbeteiligungsmodell entwickelt und bereits mit 16 Kommunen vertraglich vereinbart. "Wir wollen, dass sich jeder, der möchte, an den Anlagen beteiligen kann", so Endreß. Ein Anteil - diese können auch zurückgegeben werden - koste in der Regel 300 Euro.

Örtliche Energiegenossenschaft

Vor Ort werde eine BürgerEnergie GmbH & Co KG gegründet, die die Anlagen beschafft und betreibt. An dieser Energiegenossenschaft Hardheim bzw. Höpfingen seien die Bürger, die Gemeinde und die ZEAG beteiligt, die das erforderliche Eigenkapital einbringe und die volle unternehmerische Verantwortung für den Betrieb übernehme. "Wir verpflichten uns, auf Wunsch 74 Prozent der Anteile an die Bürger abzugeben, das ist einmalig", so Endreß.

"Geograph Peter C. Beck, Geschäftsführer der Firma Ökologie und Stadtentwicklung aus Darmstadt, bezog zu naturschutzrelevanten Themen, Umweltverträglichkeit und der "Wirkung des Menschen in der Landschaft" Stellung.

"Die möglichen Belästigungen für Mensch und Tier umfassen mehr als Schall- und Schattenzunahme", machte er deutlich. Die Veränderungen haben Auswirkungen auf alle Daseinsfunktionen. "Und deren Schweregrad überprüfen wir."

Auch gab Beck anhand von Photosimulationen Erläuterungen zur Sichtbarkeit der Anlagen an verschiedenen Standorten, zu möglichen Abschaltzeiten und der verpflichtenden Rücksichtnahme auf bedrohte Tier- und Pflanzenarten sowie die Flugrouten von Vögeln. So sei im Bereich "Kornberg/Dreimärker" mit etwa 14 Fledermausarten, Haselmaus und Milan zu rechnen.

Zahlen und Fakten

  • Auf dem geplanten Windparkstandort "Kornberg/Dreimärken" (70 Hektar) sollen bis zu sechs Windräder gebaut werden, falls es keine Ausschlussargumente gibt: vier auf Gemarkung Bretzingen, zwei auf Gemarkung Waldstetten.
  • Als Vorteile sieht Bürgermeister Rohm: hervorragende Zufahrtswege, Nähe zum Umspannwerk Höpfingen, deutlich höherer Abstand zur Wohnbebauung als gefordert und bis auf einen Standort in Gemeindebesitz.
  • Für zwei Windräder auf Gemarkung Waldstetten müssen 14 000 Quadratmeter Wald gerodet werden (Wiederaufforstung 8600 Quadratmeter). Bei vier Windrädern in Bretzingen müssen 28 000 Quadratmeter gerodet werden (Wiederaufforstung 17 200 Quadratmeter). "Der Antragsteller ist verpflichtet, die restlichen Quadratmeter - möglichst auf gleicher Gemarkung - wieder aufzuforsten." Der Windatlas weist die Fläche "Kornberg/Dreimärker" als geeignet aus (Harald Endreß).
  • Errichtet werden sollen Windkraftanlagen vom Typ Enercon E 115 mit einem Direktantrieb ohne Getriebeöl in der Gondel. Nabenhöhe: 149 Meter, Rotordurchmesser: 115 Meter. Erwarteter Stromertrag: 80 Millionen kWh. das reicht im Durchschnitt für 2680 Haushalte. i.E.

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