Waldbrunn. Bereits Anfang Februar 2023 war Landwirtschaftsminister, Peter Hauk, zum ersten Mal im Hohen Odenwald zu Besuch, um sich die Sorgen und Nöte der Waldbrunner Waldbauern anzuhören. „In den vorausgegangen Jahren hatten wir durch Hitze und Trockenheit Ausfälle von bis zu 80 Prozent bei Neupflanzungen zu verzeichnen“, so damals Jürgen Heisner, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Deutschen Bodenhilfsstoff-Gesellschaft mbH. „Die Kulturbegründung im Forst wird immer schwieriger in Zeiten des Klimawandels und von langanhaltenden Dürreperioden. Vor allem auf den großen Kalamitätsflächen sind Pflanzenausfälle unausweichlich. Unsere mühsam gepflanzten Zukunftswälder verdorren bereits in den ersten ein bis drei Jahren“.
So wie Jürgen Heisner erging und ergeht es vielen Waldbauern in Deutschland und die Zukunft sieht leider nicht sehr vielversprechend aus. Die Deutschlandkarten des Dürremonitors vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zeigten die letzten Jahre stets tiefrote Stellen. Die Böden sind teilweise bis in etwa 1,8 Meter Tiefe ausgetrocknet.
Aus der Not heraus diese Probleme zu lösen und angeregt durch die Gespräche mit dem Minister, gründete sich im Juni 2023 in Waldbrunn schließlich die Deutsche Bodenhilfsstoff-Gesellschaft mbH mit der Idee, Wiederbewaldungsmaßnahmen durch innovative Pflanzstrategien robuster gegenüber Trockenstress zu machen.
Umbau beginnt mit Pflanzung
„Der erfolgreiche Waldauf- und Waldumbau beginnt bereits mit der Pflanzung“, so Erich Münch, einer der Mitgesellschafter. „Um drohenden Misserfolgen entgegenzuwirken setzen wir seit diesem Jahr den ökologischen Bodenhilfsstoff AgroBiogel als Wasserspeicher ein, um unser teures Pflanzenmaterial vor Vertrocknung zu schützen. Die erfolgreiche Waldtransformation hin zu gesunden Mischwäldern mit Zukunftsbäumen kann eben nur dann gelingen, wenn unsere Jungpflanzen nicht verdorren. Der mit der Pflanzung verbundene Arbeitsaufwand und die teuren Investitionen müssen sich daher natürlich auch in hohen Vitalitätsraten nach ein bis zwei Jahren im Pflanzbestand wiederfinden. Es ist daher unausweichlich, dass sich auch die Pflanzstrategien an die sich ändernden Wetter- und Witterungsgegebenheiten anpassen müssen“, so Erich Münch weiter. Neben der Überlegung, welche klimaangepassten Baumarten bei Aufforstungen gepflanzt werden müssen, sollten Waldbauern in Zukunft auch über den Einsatz von biologischen Hydrogelen nachdenken, so die Auffassung der Unternehmer.
„AgroBiogel ist ein auf Holz basierendes Biohydrogel das ein Vielfaches seines eigenen Gewichtes an Wasser speichern kann, ähnlich wie ein Schwamm. Das Wasser ist pflanzenverfügbar gebunden und wird in Phasen des Trockenstress langsam wieder an die Feinwurzeln abgegeben. Wasser, das normalerweise einfach versickern würde, kann so langfristig für Jungpflanzen gespeichert und nutzbar gemacht werden. Mit diesem Hydrogel vermischte Böden können bis zu 95 Prozent des einsickernden Wassers aufnehmen und so bis zu 40 Prozent an Bewässerung einsparen. Bei Testversuchen überlebten Pflanzen mit dem Produkt eine Durststrecke von 52 Tagen“, so die Aussage der Unternehmer.
„Natur machen lassen“
„Uns liegt sehr viel daran, die Natur einfach machen zu lassen und auch auf die spontane Naturverjüngung zu setzen. Doch zur Steigerung der genetischen Vielfalt und zur Einbringung von selteneren und klimaresilienteren Baumarten ist es notwendig, dass auch wir unseren Beitrag leisten und hier unterstützend wirken“, so Thomas Haas, einer der Mitgesellschafter. „Gerade bei der Wiederbewaldung durch Pflanzung sind die Jungpflanzen in den ersten ein bis drei Jahren besonders anfällig für Trockenstress und Dürre und sterben im Extremfall sogar ab. Mit AgroBiogel haben wir jetzt den ersten und einzigen patentierten biologischen Bodenhilfsstoff als Wasserspeicher, der auch vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) mit sämtlichen Zertifikaten im biologischen Landbau, darunter Bioland und Demeter, als Bodenhilfsstoff zugelassen wurde. Auf unseren eigenen Versuchsflächen in Waldbrunn haben wir mit dem Produkt im Bereich der Vitalitätsraten, des Anwuchserfolgs und der Feinwurzelbildung bereits jetzt schon bemerkenswerte Ergebnisse bei Forstpflanzen erzielt.“
Von den umfangreichen Bemühungen konnte sich der Landwirtschaftsminister selbst ein Bild machen, als er bei seiner zweiten Visite in Waldbrunn diese Tage die eigenen Forstversuchsflächen der Unternehmer begutachtete. Rund 1000 Pflanzen (wurzelnackte Vogelkirschen, Edelkastanien, Douglasien und Lärchen) wurden hier mit 100 Gramm des Biogel-Granulats gesetzt. Neben einer Referenz-Variante ohne Bodenhilfsstoff wurden auch Pflanzen mit einem synthetischen Kaliumpolyacrylat-Superabsorber gesetzt. Nach zwölf Wochen zeigten sich bei den mit AgroBiogel behandelten Pflanzen schon deutlich bessere Wurzelausbildungen und ein größerer Biomassezuwachs als bei den andern beiden Kontrollvarianten.
Minister beeindruckt
Von diesen Ergebnissen zeigte sich auch der Minister beeindruckt und sprach sogar von einer waldbaulichen Innovation, die es weiter zu verfolgen und zu untersuchen gilt. Letztendlich wollte der Minister natürlich auch noch wissen wie die praktische Einbringung des Granulats im Forst erfolgt und mit welchem Verkaufspreis die Waldbauern rechnen müssen. „Das Produkt kann mit allen klassischen Handwerkzeugen wie der Wiedehopfhaue oder dem Hohlspaten in den Boden eingebracht werden“, so Erich Münch. Auch mit Herstellern von Pflanzmaschinen sei man schon im Gespräch.
„Die Kultursicherung durch Bewässerung ist einer der wesentlichen Pfeiler der Waldtransformation. Durch unseren innovativen Ansatz würde man sogar der selbstauferlegten Wasserstrategie der Bundesregierung nachkommen und könnte zudem eine enorme CO2-Einsparung beanspruchen“, so Münch weiter.
„Wir machen das alles und nehmen die Mühen auf uns, weil es das Richtige ist für die Bewahrung einer grünen Zukunft“, so Matthias Krug, der zweite geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens. „Alle bisher auf dem Markt verfügbaren Bodenhilfsstoffe enthalten Mikroplastik und sind auf der Basis von synthetischen Polyacrylatsuperabsorbern. Diese sollten nicht in den Waldboden und PEFC zertifizierten Flächen eingebracht werden und haben generell nichts in unseren Ökosystemen zu suchen. Deren Abbaubarkeit unter Waldbodenbedingungen ist nicht gänzlich geklärt. Leider greifen immer mehr Waldbesitzer und Kommunen auf diese synthetischen, erdölbasierten Superabsorber zurück, weshalb wir eine biologische Alternative aus nachwachsenden Rohstoffen anbieten und darüber informieren möchten. Unser Handeln ist ganz im Sinne der PEFC-Waldstandards“, so Krugs abschließende Worte.
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