Zwingenberg. Es ist Tradition, dass die Saison der Schlossfestspiele Zwingenberg im fast schon intimen Rahmen zwischen den Mauern des Kleinen Schlosshofes beginnt. Am Freitagabend war Thomas Roth aus Ludwigsburg mit seiner Band zu Gast und begeisterte das Publikum mit einer etwa zweistündigen „Nyckelharpa-Journey“.
Der Kleine Schlosshof war stimmungsvoll beleuchtet. Die Besucher nahmen auf Plastikstühlen oder an Stehtischen Platz. Intendant Rainer Roos wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass er selbst bereits mit Thomas Roth musiziert habe, und zwar 2017 in Backnang mit einem Sinfonieorchester aus Mitgliedern des Staatsorchesters Stuttgart und der Stuttgarter Philharmoniker unter seiner Leitung. Er lobte Roths Leidenschaft und Virtuosität.
Davon konnten sich die Besucher bei dem Konzert selbst überzeugen. Roth spielte zunächst auf seiner dreireihigen schwedischen Nyckelharpa. Denn sein größeres Instrument, die Vierreihige, die man im Deutschen auch „Schlüsselfidel“ nennt, war beim Soundcheck vor dem Konzert feucht geworden und musste zunächst trocknen.
Jahrhundertealtes Instrument
Bei der Nyckelharpa handelt es sich um ein Instrument, dessen Existenz man ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen kann. Nach den Worten von Roth war es in ganz Europa verbreitet. Seit etwa hundert Jahren nehme man sich vor allem in Schweden des fast in Vergessenheit geratenen Instruments an. Die Saiten der Schlüsselfidel werden nicht wie bei einer Geige mit den Fingern verkürzt, sondern mit Tasten. Die zwölf Resonanzsaiten sind chromatisch gestimmt und verleihen dem Klang des Instruments einen natürlichen Hall. „Das macht das Instrument so einzigartig“, erläuterte Roth.
Die musikalische Weltreise startete in England und reichte über Wales, Israel bis nach Peru und wieder zurück nach Europa ins spanische Galizien. Bis auf wenige Stücke stammten alle aus der Feder von Thomas Roth.
Die Besucher waren unter anderem begeistert von den Soli des Schlagzeugers Joe Doll am Marimbaphon, des Pianisten Frank Tischer und des Bassisten Zurab Gagnidze, der aus Georgien stammt. Und natürlich sorgte Thomas Roth selbst mit seiner Virtuosität an der Nyckelharpa für ungläubiges Erstaunen.
Das Stück „Nachtflug“ hatte Frank Tischer komponiert. Mit seinen stellenweise sphärenhaften Klängen ist es Teil eines größeren Werks, das er in der Radomkuppel auf der Wasserkuppe in der Rhön aufgeführt hatte. Zu dem Stück „Waves of love“ holte Thomas Roth seine große Nyckelharpa auf die Bühne, die inzwischen getrocknet war.
Mit dem peruanischen Titel „Puna Runa“ wurde es jazzig, während „Liberación“ Tangoelemente enthielt. „Der Mann aus Halle“ kam sehr melodisch daher und bildete eine musikalische Reminiszenz an dem dort geborenen Barock-Komponisten Georg Friedrich Händel. Als die Musiker gegen Ende des Konzerts eine Elegie aus dem spanischen Galizien anstimmten, hielt Thomas Roth eine Überraschung für das Publikum bereit: Er verließ die Bühne, um diese aus dem Hintergrund heraus dudelsackspielend wieder zu betreten.
Weitere Werke auf dem Programm der Schlossfestspiele: das Musical „Zorro“ vom 23. bis 28. Juli und die Oper „Don Giovanni“ vom 2. bis 4. August.
Info: Karten für alle Produktionen der Festspiele gibt es unter anderem unter www.schlossfestspiele-zwingenberg.de und bei den Tourist-Informationen in Buchen und Walldürn.
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