Alkoholvergiftungen - Zahl der Klinikeinlieferungen im Kreis rückläufig / Manchmal hilft nur noch ein Besuch in der Suchtberatungsstelle und eine Therapie

Wenn die Party im Krankenhaus endet

Von 
Daniela Kraft
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Die Zahl der Jugendlichen, die im Main-Tauber-Kreis wegen Alkoholvergiftungen im Krankenhaus behandelt werden mussten, ist leicht rückläufig. Der Grund dafür könnte in den Präventionsprogrammen, die in der Region angeboten werden, und der stärkeren Sensibilisierung von Jugendlichen für das kritische Thema liegen.

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Main-Tauber-Kreis. "Alkohol ist das Drahtseil, auf dem du stehst", heißt es in dem von Herbert Grönemeyer gesungenen Lied über die legale Droge, die immer noch viele junge Menschen ins Unglück stürzt. "2012 waren wir, der Main-Tauber-Kreis, auf dem ersten Platz, was die mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingelieferten jungen Erwachsenen angeht", erklärt Sandra Hügel, Kommunale Suchtbeauftragte. "2014 waren wir auf dem siebten Platz."

Insgesamt 61 Jugendliche im Alter von 13 bis 20 Jahren zählen zu den vom statistischen Landesamt herausgegebenen alkoholbedingten Behandlungsfällen, die im Jahr 2014 im Main-Tauber-Kreis gezählt wurden. Trotzdem sei die Zahl solcher Fälle leicht rückläufig, sagt Gerhard Heine von der Suchtberatung im Main-Tauber-Kreis. Das durchschnittliche Alter beim ersten Alkoholkonsum lag 2014 bei 14.8 Jahren, 2013 waren die Jugendlichen beim ersten Alkoholkonsum mit durchschnittlich 14.1 Jahren etwas jünger. Genauso ist das Alter mit dem ersten Alkoholrausch in diesem Zeitraum statistisch etwas angestiegen, und zwar von 15.5 auf 16.2 Jahre.

"Alkohol ist unsere Kulturdroge", findet Heine. Den Grund, warum so viele Jugendliche nach einer durchfeierten Nacht mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen, sieht er vor allem "in der Unerfahrenheit über die Wirkung von Alkohol und anderen legalen Drogen im Körper. Die meisten sehen Alkohol als Vorbereitung auf das Erwachsensein." Außerdem trage die Werbung einen großen Teil dazu bei. "Natürlich trinkt die Mehrheit nicht, um ins Koma zu fallen, die meisten jedoch denken, sie haben alles im Griff", betont der Suchtberater.

"Legal Highs" auf dem Vormarsch

In Bayern habe man die auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführenden Behandlungsfälle genauer untersucht. "Bezeichnend war, dass die Promillezahlen oftmals kleiner ausfallen als früher", erklärt Heine. "Dies liegt meiner Meinung nach daran, dass einfach schneller reagiert wird. Das heißt, dass beteiligte Personen nicht erst abwarten, bis ein Betroffener regungslos am Boden liegt, sondern sofort den Rettungsdienst alarmieren."

In der Regel liege der Alkoholpegel von eingelieferten Patienten zwischen 1.4 und 2.8 Promille, wobei letztere Zahl eher die Ausnahme als die Regel darstelle. Des Weiteren käme es darauf an, "wie man trinkt", so Heine. "Nimmt man viel Alkohol in kurzer Zeit zu sich, wie es beispielsweise bei Trinkspielen der Fall ist, kommt es vor, dass die betroffene Person auch mit einer vergleichsweise geringen Promillezahl ins Koma fällt." Ebenfalls kritisch seien diverse legal erhältliche Kräutermischungen, die immer öfter in Zusammenhang mit Alkohol konsumiert, aber nur schwer nachgewiesen werden können. "Legal Highs werden - wenn man nicht aufgeklärt ist - von vielen Jugendlichen meist als harmlos empfunden." Das sei laut Heine ein großes Problem. Und was passiert im Ernstfall, wenn junge Erwachsene mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen? "Generell werden Betroffene von der Suchtberatungsstelle kontaktiert, wenn deren Eltern einer sogenannten ,Schweigepflichtentbindung' zustimmen", erklärt Sandra Hügel, eine solche Zustimmung werde allerdings in den meisten Fällen nicht erteilt. Dann könne auch die Suchtberatungsstelle nicht helfen. "Suchen Jugendliche letztendlich doch Hilfe bei der Suchtberatung, geht dies vor allem von den Familien aus, die bemerken, dass mit einem jungen Familienmitglied irgendetwas nicht stimmt", so Heine.

Die meisten Therapien von Jugendlichen unter 21 Jahren, die unter einem Alkohol- oder Drogenproblem leiden, werden ambulant durchgeführt. "Dies geschieht unter anderem in Form von Gesprächen und Vorschlägen, was die betroffene Person verändern kann", so Heine. Manchmal sei aber auch eine "stationäre Entwöhnungsbehandlung" nötig. Dabei seien meist Drogen wie Cannabis in Verbindung mit Amphetaminen im Spiel. Laut Informationen der Suchtberatung suchten 2015 insgesamt 54 junge Erwachsene zwischen 14 und 21 Jahren Hilfe bei der Beratungsstelle. Die meisten davon waren 17 oder über 20 Jahre alt und kamen überwiegend wegen schädlichen Gebrauchs von Alkohol oder Alkoholabhängigkeit sowie Abhängigkeit von Opioiden oder Cannabinoiden.

Projekte zur Prävention

Die rückläufige Zahl stationärer Behandlungen sei Sandra Hügel zufolge vor allem auf geeignete Präventionsmaßnahmen zurückzuführen, die im Kreis angeboten werden. "Dazu zählt beispielsweise das Projekt ,HaLT - Hart am Limit', ein sozialpädagogisches Gruppenprojekt für Jugendliche mit riskantem Alkoholkonsum." In Zukunft sei es wichtig, ein noch stärkeres Bewusstsein für Alkohol und andere Drogen zu schaffen.

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