Main-Tauber-Kreis / Rothenburg. Was hatte das Taubertal Festival nicht schon alles erlebt? Hitze und Trockenheit mit vielen Patienten mit Kreislaufproblemen bis hin zur Räumung des Hauptgeländes aufgrund einer akuten Gewitterwarnung oder eine Beinahe-Absage wegen drohender Überschwemmung durch die Tauber. In diesem Jahr verzögerte sich der Auftakt aufgrund heftiger Regenfälle. Um sich die vermeintlich besten Campingplätze auf dem Berg bei Reutsachsen zu sichern, stellen sich die Gespanne bereits in der Nacht zum Mittwoch zur Schlange auf. So sind die lustigen Gruppencamper dann direkt startklar, wenn normalerweise um 9 Uhr der Checkpoint zur Einfahrt auf das Campinggelände öffnet.
Allerdings regnete es im Creglinger Oberland so stark, dass die Camping- und Parkflächen nicht befahrbar waren. Erst gegen 14.30 Uhr öffnete das Festival seine Tore. Dies führte zu einer Anreiseverzögerung, die selbst am Freitag spürbar war, denn am Nachmittag waren noch sichtbare Lücken auf dem Campground zu finden. „Wir hatten die Gäste am Mittwoch dazu aufgerufen, nicht mehr anzureisen, um einen Megastau zu verhindern“, so Florian Zoll vom Konzertveranstalter Karo, „was dazu führte, dass sich nun alles um einen Tag nach hinten schiebt“.
So waren wieder einmal die Landwirte des Creglinger Oberlandes als bewährte Partner im Abschleppdienst gefragt. „Mit sechs Schleppern waren wir Oberländer vor Ort und haben geholfen“, so Friedrich Branz aus Reutsachsen. Als dann alle Camper und die unentbehrlichen Utensilien für ein unvergessliches Wochenende an Ort und Stelle transportiert waren, konnte es endlich los gehen.
Bei einem Gespräch mit Florian Zoll am Freitagabend über die Neuerungen des Festivals bestätigte dieser, dass es nur in Nuancen Anpassungen gibt. Die Trennung von Parken und Campen, die seit letztem Jahr praktiziert wird, bringt zwei wesentliche Vorteile: „Wir können schneller belegen, was zu weniger Rückstau führt, und die Gäste bringen nicht mehr so viel Müll mit, den sie nach der Abreise einfach zurück lassen. Wir hatten noch nie am Montagnachmittag einen so sauberen Campingplatz wie im letzten Jahr.“ Angesprochen, ob Corona noch eine Rolle spielt, verneint der Festivalmacher, verweist aber auf die allgemeinen Herausforderungen, die seither die Wirtschaft in Atem halten, wie Personalmangel und Lieferkettenprobleme. „Aber wir spüren deutlich, dass die jungen Leute heute wesentlich spontaner in ihren Entscheidungen sind“, so Zoll, womit auch erklärt ist, warum es am Freitagabend immer noch einige Restkarten für das Festival gab.
Bei Karo selbst ist während der Pandemie das Plattenlabel BMG eingestiegen, was im Buhlen um Festivalbands sicherlich nicht von Nachteil ist. „Es ist bekannt, dass wir zuverlässige Geschäftspartner sind, die Bands gut behandeln und, nicht zuletzt, auch die Gagen überweisen. Das ist durchaus nicht überall so“, weiß Florian Zoll zu berichten. Das Konzept der Rothenburger Festivalmacher, Qualität statt Quantität, scheint also nicht nur bei 18 000 Festivalbesuchern gut anzukommen, sondern auch in der Musikbranche.
Bands am Freitag
Den Auftakt auf der Hauptbühne machte die Band Querbeat, eine 13-köpfige Brasspop-Band aus Bonn, die ihren Ursprung in der Kölner Karnevalszene hat und aus einer ehemaligen Schülerband hervorging. Eine echte Gute-Laune-Truppe, die die Besucher in ausgelassene Festivalstimmung versetzte.
Mit „Me First and the Gimme Gimmes“ kam eine sogenannte „Supergroup“ ins Taubertal, da alle Mitglieder in anderen bekannten Bands spielen. Die Jungs der US-amerikanischen Punkrock-Coverband hatten eine weite Anreise, die sich aber mehr als gelohnt hat: Sie ließen die Ära der 1960er und 1970er Jahre aufleben und sorgten mit ihrer „härteren Gangart“ für frenetischen Applaus.
Um das Potpourri an musikalischen Stilrichtungen weiter zu verfeinern, bekamen die Festival-Besucher am Freitag eine große Vielfalt präsentiert: Mit „Electric Callboy“ fand eine deutsche Metalcore-/Transcore-Band aus dem Ruhrpott den Weg ins Taubertal. Einem breiteren Publikum bekannt sein dürften die Werke „Everytime we touch“, „Hypa Hypa“ oder „Pump it“.
Einen wirklichen Glücksgriff haben die Veranstalter mit der Verpflichtung des Berliner Hip-Hop-Musikers Peter Fox gemacht. Er ist einer der zwei Frontmänner der Band „Seeed“. Fox lebte lange Zeit in Berlin-Kreuzberg, was ihn zu den Texten seines Debütalbums „Stadtaffe“ inspiriert hat. Zahlreiche Auszeichnungen für „Bestes Album“ oder für den „Besten Song“ für „Zukunft Pink“ mit „Inez“ unterstreichen sein außergewöhnliches künstlerisches Wirken. Dem Mainstream bekannt sein dürfte Peter Fox für die Songs „Haus am See“, „Alles neu“ oder „Schwarz zu blau“.
Weitergefeiert wurde die Party dann im Steinbruch auf dem Berg Richtung Reutsachsen. Bis zum Morgengrauen legten DJs bei der „Red Bull Nachtschicht“ zur Aftershow auf.
Ein wichtiges Thema ist die Umwelt, da das Festival in einem hochsensiblen Naturraum stattfindet. Die Aufklärungsarbeit und auch diverse Erziehungsmaßnahmen beginnen beim Thema Müll, dem Lärmschutz und enden bei verschiedenen Aktionen der Alkohol- und Drogenprävention.
Schon bei der Einfahrt an der Mautstation bekommen alle Camper gegen Pfand einen Müllsack, wer diesen an den Sammelstellen voll zurückbringt, erhält sein Geld zurück. Zum Schutz der Anwohner, aber auch der Festivalgäste selbst, herrscht Nachtruhe von Mitternacht bis 7 Uhr morgens. Wer nach dem offiziellen Programm auf dem Hauptgelände weiterfeiern will, kann dies im Steinbruch auf halber Höhe nach Reutsachsen tun.
Die Vorabendparty Donnerstag-nacht hat sich mittlerweile zu einem wahren Geheimtipp herumgesprochen. Wer allerdings noch arbeiten musste, trudelte spätestens bis Freitagabend ein, sodass einem lustigen Wochenende mit den allerbesten Freunden nichts mehr im Wege stand . . .
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/region-main-tauber_artikel,-main-tauber-taubertal-festival-2023-das-war-geboten-_arid,2114996.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://taubertal-festival.de/