Kirchberg. Im Norden von Heilbronn, direkt an der Ausfahrt der A 6 zum Industriegebiet „Böllinger Höfe“, entsteht aktuell das wohl ambitionierteste Projekt für angewandte Künstliche Intelligenz (KI) in Europa: der Innovation Park Artifical Intelligence (Ipai) und damit das größte Ökosystem für Künstliche Intelligenz auf dem Kontinent.
Kleine, mittlere und große Unternehmen, Start-ups sowie Talente und Akteure des öffentlichen Sektors arbeiten dort künftig an KI-basierten Softwareprodukten- und Lösungen. Über das Projekt, das vom Land mit 50 Millionen Euro gefördert wird, informierte der Geschäftsführer des Innovation Park AI, Moritz Gräter, die Teilnehmer der 21. Regionaltafel der Bürgerinitiative „pro Region“ am Mittwochabend im Rittersaal des Schlosses Kirchberg an der Jagst.
Den Wettbewerb des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg um den neuen KI-Standort, an dem auch die Regionen Stuttgart, Karlsruhe, Neckaralb, Ulm und Freiburg teilnahmen, entschied eine international besetzte Fachjury letztlich zugunsten der Käthchenstadt, die von der Stadtsiedlung Heilbronn GmbH und der Dieter Schwarz Stiftung unterstützt wird. Insgesamt stehen für das Projekt damit 100 Millionen Euro zur Verfügung. Am 27. Juli 2021 verkündete der Ministerrat des Landes Baden-Württemberg, den Innovationspark in Heilbronn zu verwirklichen.
In ihren Grußworten rief die Vorsitzende der Bürgerinitiative „pro Region“, Friedlinde Gurr Hirsch, nochmals den Grundgedanken und die Zielsetzung der beiden Gründerväter der BI, Professor Dr. Reinhold Würth und Frank Stroh, vor mehr als 25 Jahren in Erinnerung: „Das Wir-Gefühl in einer Region zu stärken“, die 1973 durch einen Federstrich des Landtags von Baden-Württemberg geschaffen wurde. Wohl kaum findet man in deutschen Landen ein anderes Gebiet, das selbst in den 500 Jahren Neuzeit so heterogen und zersplittert nebeneinanderher gelebt hat. Das Kirchturmdenken müsse endlich der Vergangenheit angehören. Gerade in Krisenzeiten, wie man sie aktuell erlebe, sei es mehr denn je das Gebot der Stunde „mit einer Stimme zu sprechen, um in Stuttgart, Berlin oder Brüssel gehört zu werden“, so der eindringliche Appell der Vorsitzenden.
Gurr-Hirsch streifte auch kurz das Jahresmotto „Nachhaltige Region Heilbronn-Franken“ und das Thema für 2024, mit dem man sich den zahlreichen Stiftungen in der Region widmen will, ohne deren Engagement Vieles finanziell überhaupt nicht realisierbar wäre. Eine ganz besondere Note verlieh der Bad Mergentheimer Oberbürgermeister Udo Glatthaar der Regionaltafel 2023. Er unterhielt die Gäste zwischenzeitlich am Piano und erntete rauschenden Applaus.
Im anschließenden, hochinteressanten Vortrag gab Ipai-Geschäftsführer Moritz Gräter einen Einblick in den vielschichtigen Begriff Künstliche Intelligenz. Dahinter verbergen sich beispielsweise die Fähigkeit, Strukturen und Muster in Daten zu erkennen, Trends zu spüren und Vorhersagen zu treffen, neue Datenmuster zu synthetisieren, taktische oder strategische Entscheidungen zu treffen oder die Fähigkeit, Sprache und Computercode zu verstehen.
Dass der Einsatz von KI bereits in der Praxis angewandt wird, zeigt die Lufthansa. Die KI-gestützte App „Swifty“ soll Geschäftsreisen vom ersten bis zum letzten Schritt selbständig organisieren. Das Angebot richtet sich an Selbständige und kleine Unternehmen. Als weiteres Beispiel nannte Gräter das Uniklinikum Dresden. Dort sollen Pathologen mittels Künstlicher Intelligenz, die in wenigen Minuten mikroskopische Aufnahmen ganzer Tumorareale automatisch analysiert, beim Tumor-screening entlastet werden. Auch in der Automobilindustrie findet KI bereits Anwendung bei der Überprüfung der Qualität der Schweißpunkte.
Einen Förderbescheid über rund 526 000 Euro für eine zweite Teilmaßnahme im Innovationspark Künstliche Intelligenz Heilbronn (Ipai) hat Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut bereits an Ipai-Geschäftsführer Moritz Gräter übergeben.
Die Förderung zielt auf die Entstehung von KI-Reallaboren ab. Sie entstehen in einem neuen, großen Ipai-Gebäude im Wohlgelegen, das im ersten Halbjahr 2024 bezogen werden soll. Auf mehr als 400 Quadratmetern entsteht mit der Förderung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus ein hochwertig geplanter Ort für die Erforschung und Entwicklung von KI-Lösungen.
Mit der Einbindung der Reallabore in die Ipai-Gemeinschaft wird ein Raum für Austausch, Kooperation und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und Hochschulen entstehen.
Diese Partnerschaften sollen das Ipai-Ökosystem in Heilbronn stärken und dazu beitragen, dass Baden-Württemberg seine Kompetenzen in der Schlüsseltechnologie KI ausbaut und zu einem führenden Standort für KI wird.
Zusammenfassend sieht Gräter im Einsatz von Künstlicher Intelligenz mehr Effizienz durch Ki-gestützte Automatisierung von Prozessen. KI treibe den Transformationsprozess an, biete strategische Wettbewerbsvorteile und beschleunige neue Produkte und Dienstleistungen.
„Mit dem neuen KI-Ipai-Standort Heilbronn verbessere sich die Infrastruktur, werden die gemeinsame Innovation gefördert und die Sichtbarkeit der Region Heilbronn-Franken in Europa deutlich gesteigert“, so Gräter.
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