Chronisches Fatigue-Syndrom - Bleierne Müdigkeit und chronische Erschöpfung lähmen das Alltagsleben massiv / Bislang noch keine Medikamente verfügbar

Fatigue-Syndrom: Steigerung der Fallzahlen auch im Main-Tauber-Kreis

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aok
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Durch Long-Covid-Betroffene werden die Zahlen von Patientinnen und Patienten mit chronischem Erschöpfungssyndrom weiter stark ansteigen. © AOK

Main-Tauber-Kreis. Rund 250 000 Menschen in Deutschland sind am sogenannten chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) erkrankt. Kleinste Belastungen reichen aus, um die Betroffenen tagelang körperlich auszuschalten. Aktuelle Studien belegen jetzt erstmals, wie häufig das Problem bei Corona-Betroffenen auftritt: Jeder Zehnte hat ein halbes Jahr später noch Symptome. Dieser als Long-Covid bezeichnete Zustand der Erschöpfung betrifft auch junge Patienten.

Schon vor der Corona-Pandemie stieg die Erkrankungsrate mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom kontinuierlich an, so die AOK auf der Grundlage eigener Erhebungen: in Baden-Württemberg von 7097 Patienten im Jahr 2015 über 9297 im Jahr 2017 auf 11 151 im Jahr 2019. Im Main-Tauber-Kreis stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von 212 über 260 auf 297. Die Zahlen der Fatigue-Erkrankungen erhöhten sich im Land jährlich um 8,9 Prozent und im Main-Tauber-Kreis um 5,4 Prozent.

Die Ursachen für die anhaltende Müdigkeit sind noch nicht bekannt. Von seelischen Belastungen bis zu einer Immunstörung ziehen Experten vieles in Betracht. Nun kommen die Auswirkungen der Covid-Infektionen hinzu.

Für die Betroffenen ist das Leben nach Corona nicht mit dem Leben davor vergleichbar: Ihre körperliche Belastbarkeit sinkt massiv, sie leiden unter Gedächtnisstörungen, vor allem des Kurzzeitgedächtnisses. Oft kommen Kurzatmigkeit und ein Druckgefühl auf dem Brustkorb hinzu. Da das Virus fast alle Körperzellen befallen kann, verursacht es ganz unterschiedliche Beschwerden. Dazu gehören Muskelschwäche, Konzentrationsstörungen, extreme Müdigkeit und Vergesslichkeit. Diese können auch auftreten, wenn die akute Infektion nur leichte oder gar keine Symptome verursacht hatte.

Das Tückische: Anders als die auch als Fatigue bezeichnete bleierne Müdigkeit nach einer Krebserkrankung, lässt sich das chronische Fatigue-Syndrom, wie es nach Covid-19 auftritt, nicht wegtrainieren. Schon geringe Anstrengungen führen zum Rückfall. Forscher gehen heute davon aus, dass aufgrund der Infektion die Feinsteuerung des Nervensystems nicht mehr richtig funktioniert. Es steuert zum Beispiel, wie das Blut auf die Organe verteilt wird, die es gerade besonders dringend benötigen – seien es Muskulatur oder Gehirn. Wenn das nicht richtig funktioniert, schränkt es die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit extrem ein. Ein normaler Alltag und die Ausübung des Berufs sind kaum noch möglich.

„Bislang sind keine Medikamente zur kausalen Therapie verfügbar. Die Behandlung des chronischen Fatigue-Symptoms zielt daher insbesondere darauf ab, Symptome der Erkrankung zu lindern und Überanstrengung zu vermeiden,“ so Dr. Hans-Peter Zipp. Der Kinder und Jugendarzt bei der AOK ergänzt: „Durch Symptomatische Therapie, Stressreduktion und Einhalten eines individuell geeigneten Belastungsniveaus kann es bei CFS langfristig zur Besserung kommen. Patienten sollten vorrangig ihren Lebensstil der Krankheit anpassen und Belastungsspitzen vermeiden. Entspannungstechniken sind ein wichtiger Baustein der Behandlung.“ aok

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