Spotlight

„Die Konversion war für uns eine Erfolgsgeschichte“

Bürgermeister Thomas Schreglmann sprach mit den Fränkischen Nachrichten über die Herausforderung, die Risiken und den Erfolg der Konversion in Külsheim.

Von 
Heike Barowski
Lesedauer: 
Külsheims Bürgermeister Thomas Schreglmann steht am Eingang zum neu entstandenen Gewerbepark. Das Stadtoberhaupt zieht eine durchweg positive Bilanz beim Thema Konversion. © Heike Barowski

Külsheim. Mit „Konversion“ wird nicht nur der Übertritt von einer Konfession zu einer anderen bezeichnet, sondern auch laut Wörterbuch „Umwandlung von militärischer in zivile Nutzung“. Fragt man in Külsheim die Einwohner, wissen diese sofort, was damit gemeint ist: eine Erfolgsgeschichte mit positivem Einfluss auf den Wirtschaftsstandort.

Auf den Wegweisern zum ehemaligen Kasernengelände steht eine stattliche Zahl von Firmennamen.

Thomas Schreglmann: Wir haben von wirklich großen Firmen bis zu Kleinstfirmen oder Existenzgründer, die nur zwei Büroräume gemietet haben hier alles vertreten. Wenn ich schätzen müsste, käme ich vielleicht so auf 50 Firmen. Die größten Unternehmen sind Rewe und Uebe Medical. Zuvor war das Real-Innenausbau, das inzwischen insolvent gegangen ist. Auch die Firma Eirich ist zu nennen, die für ihre Logistik ein Hochregallager gebaut hat. Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die sozialen Einrichtungen, wie die große Gemeinschaftspraxis.

Die Geschichte des Külsheimer Bundeswehrstandorts war ja eine relativ kurze.

Schreglmann: Die ersten Soldaten wurden 1964 in Külsheim stationiert. Ihre Ansiedlung hier im strukturschwachen Raum, mit Hardheim, Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim war damals eine politische Entscheidung. 42 Jahre lang wurde der Standort betrieben, die Prinz-Eugen-Kaserne war Teil unserer Stadt. Der Abzug erfolgte dann zwischen 2006 bis 2007. Er lief gut, weil die Kaserne immer Sitz der Standortverwaltung war und diese immer einen guten Draht zum Rathaus pflegte.

Der Abzug der Bundeswehr stellte Külsheim vor eine immense Herausforderung.

Schreglmann: Das stimmt. Denn das Areal der Kaserne mit der Standortverwaltung ist mit rund 53 Hektar eines der größten in der Region. Tauberbischofsheim umfasste nur 43 Hektar und Lauda-Königshofen war mit 20 Hektar nur halb so groß. Einen zukunftsfähigen Plan dafür zu entwickeln, war wirklich nicht einfach. Wir liegen halt nicht im Speckgürtel Stuttgart oder München, wo sich sofort Investoren finden, wenn solch ein Areal auf den Markt kommt. In Külsheim stand die Frage im Raum, ob man sich als Kleinstadt mit gut 5000 Einwohnern eine Kaserne mit 53 Hektar ans Bein bindet, mit über 50 Gebäuden, mit einer hochdefizitären Fernheizung, mit einem großen Hallenbad, und vielen Wirtschaftsgebäuden. Es war von Anfang an klar, wenn die Bundeswehr eine militärische Liegenschaft nicht mehr braucht, dann geben sie die zurück an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Der Bima ist es völlig egal, ob sie eine Kaserne verkauft oder nicht. Natürlich war es ein Risiko, weil man ein Areal erwirbt, bei dem sämtliche Altlasten zum Problem hätten werden können. Aber wir haben mit der Stadtverwaltung und der Business Area Külsheim ein schlagkräftiges Team. Hin und wieder wurden wir sogar von der Bima eingeladen, sozusagen als Musterbeispiel dafür, wie man Konversion gestaltet, ohne dass man vorher große bunte Pläne macht.

Was wäre Ihrer Meinung nach passiert, wenn die Stadt das Areal im November 2007 nicht gekauft hätte?

Schreglmann: Ich vermute, dann wäre mittlerweile alles kaputt. Wenn ein Objekt nicht mehr militärisch gebraucht wird und entbehrlich ist, dann ist es halt so. Von der Bima – da gibt es genügend Beispiele in der Republik – wird das Wasser aus den Leitungen gelassen, der Strom abgestellt und abgeschlossen. Fertig. Und sie wartet dann, ob sich vielleicht jemand meldet. Das kann dauern. Inzwischen hat die Stadt dann Riesenprobleme mit Vandalismus und mehr.

Also war es die richtige Entscheidung?

Schreglmann: In Külsheim bestand die Herausforderung, dass die Kaserne nicht irgendwo hinter dem Berg liegt, sondern seinerzeit direkt an das Stadtzentrum angrenzte. Deshalb war es absolut die richtige Entscheidung, diese Kaserne für eine kleine siebenstellige Summe zu kaufen. Mit dem vollen Risiko.

Doch der Anfang war ein wenig holprig.

Schreglmann: Zuerst hat man gedacht, man müsste eine große Gesellschaft gründen, die die Vermarktung übernimmt. Doch man hat schnell erkannt, dass dies Unsummen an Personalkosten verschlingt. Und man hat relativ früh mit der Firma Eirich aus Hardheim einen ersten Mietinteressenten gehabt. Für meinen Amtsvorgänger Günther Kuhn und seine Mitarbeiter war dann schnell klar, man will nicht vermieten, sondern verkaufen. Somit hatte man einen Grundstock für die Gründung einer Gesellschaft, der Business Area Külsheim, die sich um den Verkauf der Grundstücke kümmert. Und man konnte anfangen, zu arbeiten. Natürlich wird auch vermietet, aber vorrangiges Ziel ist es, das gesamte Areal zu parzellieren und zu verkaufen.

Wie viel von den 53 Hektar sind aktuell verkauft?

Schreglmann: Etwa 85 bis 90 Prozent sind verkauft. Wir haben nur noch drei, vier kleine Restflächen, die wir momentan in der Vermarktung haben. Gebäude haben wir auch nur noch zwei. Alles andere ist verkauft. Von den letzten Verkaufserlösen haben wir das angrenzende Areal der ehemaligen Standortverwaltung gekauft. Das hatte die Bima damals an private Interessenten gegeben. Von denen haben wir es jetzt erworben. Der Prozess wird der gleiche sein. Gemeinsam mit dem Stadtwerk Tauberfranken werden neue Gas- und Stromleitungen und Glasfaser verlegt. Die Fläche wird parzelliert und dann verkauft.

Auch die Stadt und die Landkreisverwaltung haben hier Liegenschaffen.

Schreglmann: Es hat sich in den vergangenen 16 Jahren herauskristallisiert, dass wir uns bei unserer eigenen Entwicklung auf dieses Areal konzentriert haben. Dort, wo die ehemalige Hauptwache war, hatte man bereits unter meinem Vorgänger angefangen, die neue Feuerwehrzentrale zu bauen, die nun ideal am Knotenpunkt von zwei Landstraßen liegt. Wir sind mit dem Bauhof aus der Stadt gegangen, haben uns eine Halle ausgeguckt, die ideal gepasst hat, mit Waschbox, Grube und Lagerflächen. Wir sind mittlerweile mit unserem katholischen Kindergarten hier rausgezogen, haben dafür Bestandsgebäude saniert und einen großen Anbau angedockt. Mit dem Kauf der Kaserne haben wir eine große Sporthalle bekommen, die wir bisher nicht hatten. Und wir haben das Hallenbad mitgekauft, mit einem 25 Meter Becken und Sprungturm. Unser altes kleines Hallenbad hatten wir vor fast 30 Jahren dicht machen müssen, weil wir uns die Sanierung nicht leisten konnten. Sehr zur Freude unserer Leichtathletikabteilung haben wir nun ein Sportstadion mit Tartanbahn. Mit knapp 13 Millionen Euro, war der Bau der Straßenmeisterei durch die Landkreisverwaltung eines der größten Projekte der vergangenen Jahre.

Aber auch Wohnbau spielt nun eine Rolle.

Schreglmann: Wohnbau war am Anfang des Konversionsprozesses überhaupt nicht auf unserer Agenda. Mit diesem Kasernen-Charakter tut man sich unheimlich schwer. Und es war unrentabel, ein vorhandenes Unterkunftsgebäude der Bundeswehr für Wohnraum umzubauen. Sind Neubauten jedoch so teuer geworden, dass es sich rechnet, Kasernengebäude für Wohnungen umzubauen. Zwei ehemalige Unterkunftsgebäude sind bereits umgebaut (und bezogen?) Külsheim selbst hat ein Gebäude, das wir für Geflüchtete an den Main-Tauber-Kreis vermieten.

Konversion bedeutet für Külsheim mehr Arbeitsplätze?

Schreglmann: Ja, auf jeden Fall. Es sind etwa 400 Arbeitsplätze entstanden. Und wir haben mindestens ein Drittel bis 40 Prozent mehr Gewerbesteuereinnahmen. Wir hatten noch nie viel Geld und mussten immer irgendwie über die Runden kommen. Aber wir haben mit wenig Geld unsere Pflichtaufgaben gemacht. Außerdem hatten wir sehr wenig Gewerbeflächen. Die Bundeswehr war unser größter Arbeitgeber. Die Bundeswehr war unser größter Wasserabnehmer. Die Bundeswehr war unser größter Gasabnehmer. Und damit haben wir ganz gut gelebt, auch wenn sie keine Gewerbesteuer bezahlt hat. Aber die Soldaten haben trotzdem jede Menge belegte Brötchen gekauft beim Bäcker und beim Metzger.

Wenn man Ihnen zuhört, muss man feststellen, dass diese Konversion für Külsheim ein Gewinn ist.

Schreglmann: Definitiv. Der Konversionsprozess war und ist für Külsheim ein Gewinn. Es war die absolut richtige Entscheidung unter meinem Vorgänger, dieses Areal zu kaufen.

Nun hat sich Külsheim wieder als möglicher Bundeswehr-Standort beworben. Wie kam es denn dazu?

Schreglmann: Das stimmt. Vor 14 Tagen kam die Mitteilung vom Landeskommando Baden-Württemberg, dass Külsheim wieder als Garnisonsstadt geführt wird, weil die Dienstposten bei der Geländebetreuung in Wolferstetten aufgestockt wurden. Wir haben dann an das Bundesverteidigungsministerium geschrieben, dass wir auch künftig wieder gerne Standort für die Bundeswehr sein wollen. Schließlich war es jahrzehntelang ein hervorragend funktionierender Doppelstandort, Külsheim-Hardheim, mit dem dazwischenliegenden rund 650 Hektar wirklich großen Standortübungsplatz. Außerdem ist unsere Kläranlage entsprechend groß dimensioniert. Die Gasversorgung ist gewährleistet und eine Zufahrt zum Gelände. Die könnten morgen anfangen zu bauen.

Hat sich Verteidigungsministerium schon zurückgemeldet?

Schreglmann: Bis jetzt noch nicht.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke