Berlin/Potsdam. Der Gasthof, in dem die AfD ihr Ergebnis bei der Wahl in Brandenburg feiern will, liegt am Rand der Stadt. Fast eine halbe Stunde von der Potsdamer Innenstadt ist man hier entfernt, in der Nähe sind vor allem Wasser und Wald. Doch die Demonstranten haben die Partei trotzdem gefunden. 200 bis 300 von ihnen sind gekommen, um ihre Abneigung gegen die AfD und ihre Politik zu zeigen. Viele haben Schilder mit, vor dem blauen September-Himmel leuchtet eine Fahne mit den Buchstaben „FCK AFD“.
Bei ihrem Anblick könnte man auf die Idee kommen, dass die Partei in Brandenburg keine Fans hat. Man würde sich täuschen. Fast ein Drittel der Stimmen hat die AfD bei der Landtagswahl bekommen.
Es ist nicht der erneute Triumph, auf den die Partei gehofft hatte. Lange hatte es in den Umfragen ausgesehen, als würde Brandenburg nach Thüringen das zweite Bundesland, in dem nach 1945 eine Rechtsaußen-Partei stärkste Kraft wird bei einer Landtagswahl. Parteiprominenz von den Co-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla bis hinzu Björn Höcke, Landesvorsitzendem in Thüringen, war angereist, um das zu feiern. Doch dieses erklärte Wahlziel verpasst die AfD nach den ersten Zahlen am frühen Sonntagabend, trotz deutlicher Zugewinne verglichen mit 2019.
Ein Erfolg ist das Ergebnis trotzdem, einer in einer Serie von solchen. Brandenburg ist die dritte von drei Landtagswahlen im Herbst, bei der die Partei große Stimmanteile holen konnte. Bundesweit liegt die AfD in Umfragen auf Platz 2. Nur: Was hat sie davon?
Von einer Regierungsbeteiligung ist die Partei nach wie vor weit entfernt. Keine der anderen Parteien ist bereit, mit ihr zu koalieren, nicht in den Ländern, schon gar nicht im Bund. Und auch wenn AfD-Politiker das immer wieder als „undemokratisch“ beklagen, ist nicht absehbar, dass sich das bald ändert.
Ist die AfD künftig bereit, Kompromisse einzugehen?
Die Partei stecke damit in einem Dilemma, sagt Wolfgang Schroeder, Politikwissenschaftler von der Universität Kassel. „Sie ist an der Wahlurne sehr erfolgreich, machtpolitisch aber nicht, weil sie keine Machtoption hat, die sie ausspielen kann.“ Die Partei müsse sich deshalb damit auseinandersetzen, was das für ihren Kurs in der Zukunft bedeute. „Ob sie weiter eine Erpressungspartei sein will, die vor allem versucht, die anderen mit ihren Themen vor sich herzutreiben“, sagt Schroeder. „Oder ob sie versucht, sich zu einer Koalitionspartei zu wandeln, und dafür auch bereit wäre Kompromisse einzugehen.“
In den ostdeutschen Landesverbänden, auch in Brandenburg, macht die Partei keine Anstalten, sich weniger radikal zu geben. Anders als die AfD in Sachsen und Thüringen wird die Partei in Brandenburg zwar nicht als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Trotzdem markiert sie gemeinsam mit den beiden Freistaaten den radikalsten Rand. Die Landtagsfraktion fordert nach dem islamistischen Attentat von Solingen ein Betretungsverbot für öffentliche Veranstaltungen für Asylbewerber, Menschen mit anerkanntem Schutzstatus und auch ukrainische Geflüchtete.
Auf der Wahlparty dichten die AfD-Anhänger am Abend einen Song des Hip-Hop-Duos Die Atzen um: „Hey jetzt geht’s ab“, singen sie. „Wir schieben sie alle ab.“
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