Wer in Deutschland mit dem Auto über die Grenze ins europäische Ausland fährt, hat stets das gleiche Erlebnis: Auf den Autobahnen unserer neun Nachbarstaaten gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen. In diesen Wochen, in denen Millionen Bundesbürger mit dem Pkw in den Urlaub fahren, stellt sich die Frage: Welches Tempolimit ist wo vorgeschrieben? Ein Überblick über die Vorschriften bei den Nachbarn - und wie Experten den Nutzen einschätzen:
Generell gilt
Deutschland ist mit seinem Nein zu Tempolimits auf Autobahnen Außenseiter in Europa. Nur in Liechtenstein, Malta und Estland gibt es ebenfalls keines - aber diese Länder haben ja auch gar keine Autobahnen. Im übrigen Europa gelten Geschwindigkeitsgrenzen zwischen 90 und 140 Stundenkilometern. Der Flickenteppich ist verwirrend: „Es gibt im europäischen Ausland viele verschiedene Vorschriften“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel dieser Redaktion. Reisende müssten deshalb erst einmal sensibilisiert werden, dass im Urlaubsland andere Regeln herrschen und die Bußgelder gegebenenfalls drastisch sein können. Außerdem gelten für Fahranfänger in vielen Ländern Europas Sonderregelungen, betont Hölzel.
Österreich
In Österreich beträgt für Pkw das Höchsttempo 130 auf den Autobahnen. Auf den Transitautobahnen (Tauern, Inntal, Brenner, Rheintal) ist das Limit von 22 bis 5 Uhr für Pkw sogar auf nur 110 km/h reduziert. Diskutiert wird in der Alpenrepublik zudem über ein strengeres Tempo 100. Dafür gebe es „gute wissenschaftliche Gründe“ mit Blick auf CO2-Ausstoß und Verkehrssicherheit, erklären Verkehrsexperten, die bei der Regierung interveniert haben. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) winkt bislang ab.
Italien
Auch hier gilt Tempo 130 für Pkw auf Autobahnen. Noch: Verkehrsminister Matteo Salvini prüft gerade eine Erhöhung auf 150 Stundenkilometer für Abschnitte, die als besonders sicher gelten. Verstöße werden aber streng geahndet: Wenn die Geschwindigkeitsgrenze um 20 km/h überschritten wird, werden mindestens 175 Euro fällig. Nachts erhöht sich die Strafe um ein Drittel. Für Fahranfänger in den ersten drei Jahren gilt Tempo 100.
Schweiz
Tempo 120, die Strafen sind hoch: Bei Überschreitungen um mehr als 20 km/h folgen eine Anzeige und mindestens 260 Euro Bußgeld.
Frankreich
Tempo 130, bei Regen nur 110. Fahranfänger in den ersten drei Jahren dürfen sowieso nur maximal 110 km/h fahren. Immer wieder wird über eine Absenkung der Geschwindigkeitsgrenze debattiert. Die Bußgelder sind im Vergleich zu Deutschland hoch, bis zu 1500 Euro kann Rasen kosten.
Niederlande und Belgien
Hier wurde das Tempolimit auf den Autobahnen aus Umweltschutzgründen vor drei Jahren auf 100 Stundenkilometer verschärft. Nur abends und nachts ab 19 Uhr sind wie früher 130 Stundenkilometer erlaubt. Grund: Die Niederlande leiden unter hohen Stickoxidemissionen, die die EU-Grenzwerte erheblich übersteigen. Das höchste Gericht des Landes entschied daher: entweder harte Eingriffe wie ein scharfes Tempolimit - oder Stopp großer Bauvorhaben. Im Nachbarland Belgien gilt Tempo 120.
Dänemark
Hier ist ein Höchsttempo von 130 festgelegt, Verstöße ab 20 Stundenkilometer werden mit Bußgeld von mindestens 135 Euro geahndet.
Polen
Unser Nachbarland hat neben Bulgarien mit Höchsttempo 140 die großzügigste Regelung. Norwegen ist mit Tempo 90 am strengsten. Sonst liegt die Grenze meist bei 130 Stundenkilometern: etwa in Luxemburg und Tschechien, in Kroatien, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Griechenland. Für 120 Stundenkilometer haben sich Finnland, Irland, Portugal, Schweden und Spanien entschieden.
Wer mit dem Auto im EU-Ausland unterwegs ist, merkt schnell: Entspannter fährt es sich mit Tempolimit auf jeden Fall. Aber ist es auch sicherer? ADAC-Sprecher Hölzel sagt: „Im internationalen Vergleich lässt sich ein Zusammenhang zwischen generellem Tempolimit und dem Sicherheitsniveau auf Autobahnen nicht eindeutig feststellen.“ Tatsächlich liegt Deutschland bei der Todesrate je 1000 Kilometer Autobahn nach Daten des Statistischen Bundesamtes mit jährlich 30 Toten im europäischen Mittelfeld. Bulgarien führt die Liste an mit 83 Todesfällen - trotz Geschwindigkeitsgrenze.
Und der Klimaschutz? Eingeführt wurden Tempolimits in Europa fast nie wegen des Klimaeffekts, sondern zur Verkehrssicherheit oder - wie in Österreich - in der Ölkrise der 70er-Jahre zum Energiesparen. Eine niedrigere Fahrgeschwindigkeit führt zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen. Motoren arbeiten am effizientesten im mittleren Geschwindigkeitsbereich. Das deutsche Umweltbundesamt geht nach einer neuen Studie davon aus, dass ein Tempolimit von 120 km/h die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs hierzulande um 2,9 Prozent senken würde. Das ist aber umstritten.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Deutschland braucht ein Tempolimit - jetzt!