Ukraine-Krieg

Koalition bei Kampfjets

London und Den Haag wollen die Ukraine mit den wendigen F-16-Maschinen ausstatten. Diskussion um deutschen Beitrag

Von 
M. Backfisch, D. Hautkapp, P. Heusch, P. Stäuber
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Ein F-16-Jet der polnischen Luftwaffe steht während einer Nato-Übung auf der 31. polnischen Luftwaffenbasis. © Jakub Kaczmarczyk/PAP/dpa

Berlin. Großbritannien und die Niederlande preschen vor: Beide Länder wollen die Ukraine mit F-16-Kampfjets aus US-Produktion ausstatten und auch die Ausbildung von Piloten übernehmen. Wie positionieren sich die anderen Länder - und über welche Kampfflugzeuge verfügen sie?

Ukraine: Der Wunsch-Kampfjet der Ukrainer ist die F-16 aus amerikanischer Herstellung: eine seit 1976 gebaute, kleine und wendige Maschine, von der weltweit rund 4500 Stück verkauft wurden. „Es gibt verschiedene Typen von Kampfjets auf dem Markt, aber nach allem, was man hört, ist F-16 die beste. Konzentrieren wir uns also auf die F-16“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba der „Bild“-Zeitung. Die Bundeswehr verfügt über 141 Eurofighter und 91 Tornados, aber nicht über F-16. Nach Angaben des F-16-Herstellers Lockheed Martin (USA) sind weltweit über 3000 Maschinen in etwa 25 Ländern im Einsatz. Die USA besitzen 1000.

Deutschland: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die ukrainische Forderung nach Kampfjets indirekt mit einem Nein quittiert. Bei der Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in Berlin fragte ihn ein Journalist, ob die Bundesregierung auch an die Verschickung von Kampfflugzeugen denke. Der Kanzler machte um die Jet-Frage einen großen Bogen und verwies auf die bereits erfolgten Entsendungen von Militärgütern zur Luftabwehr. Er erwähnte dabei „sehr moderne Waffen“ wie das Patriot-System, Iris-T oder den Flakpanzer Gepard. „Das ist das, worauf wir als Deutsche uns jetzt konzentrieren“, so Scholz. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekräftigte die Position bei einer Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen Ben Wallace am Mittwoch in Berlin: „Wir bleiben bei den Kompetenzen, die wir haben“, unterstrich er und verwies dabei auf Panzer und Luftverteidigung.

„Allianz logistisch unterstützen“

Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), lehnt für Deutschland die Lieferung von westlichen Kampfjets an die Ukraine ab. „Deutschland hat F-16-Kampfjets nie besessen und geflogen. Deshalb ist Deutschland bei der Koalition der Länder, die F-16-Jets fliegen beziehungsweise an den Maschinen ausbilden, außen vor“, sagte Strack-Zimmermann unserer Redaktion. Der Chef des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), hält die Verschickung von Kampfjets an die Ukraine für „grundsätzlich sinnvoll“. Es sei „sehr zu begrüßen, dass Großbritannien und die Niederlande eine gemeinsame Koalition zur Lieferung von F16 und zur Ausbildung ukrainischer Piloten starten“, sagte Hofreiter unserer Redaktion. „Wir sollten prüfen, ob Deutschland hierzu einen logistischen Beitrag leisten kann.“

Der CDU-Verteidigungspolitikers Roderich Kiesewetter sagte unserer Redaktion, dass Deutschland Partner für eine solche Allianz gewinnen sollte, die ihre F-16-Kampfjets abgeben. „Andererseits könnten wir logistisch diese Allianz unterstützen, zum Beispiel durch die Bereitstellung und Finanzierung von Flughäfen, Betriebsstoffen und Munition oder die Mithilfe bei der Ausbildung.“

Großbritannien und die Niederlande: Beide Länder präsentierten sich als die Anführer einer internationalen Kampfjet-Koalition. „Premierminister Rishi Sunak und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte vereinbarten, eine internationale Koalition zu bilden, um die Ukraine mit Luftkampfressourcen auszustatten, von der Ausbildung bis zur Beschaffung von F16-Jets“, erklärte ein britischer Regierungssprecher. Die britische Royal Air Force hat 137 Eurofighter und 29 Maschinen vom Typ F-35 Lightning II. F-16-Jets besitzen die Briten nicht. Die Niederlande haben 48 F-16-Kampfjets.

Großbritannien kündigte den Aufbau einer Flugschule für ukrainische Piloten an. Damit könnten diese an verschiedenen Flugzeugtypen ausgebildet werden, unterstrich Premier Sunak.

Frankreich: Auch Paris gibt bei der Ausbildung ukrainischer Kampfpiloten grünes Licht. Er habe „die Tür“ für das Training ukrainischer Piloten „ab sofort“ geöffnet, sagte Präsident Emmanuel Macron kürzlich. Aktuell verfügt Frankreich über 250 Kampflugzeuge der Typen Rafale und Mirage. F-16-Maschinen hat das Land nicht.

Bei dem Training würden ukrainische Piloten, die Erfahrungen mit Kampfflugzeugen aus der Sowjetzeit haben, auf französische Mirage-Jets umgeschult. Auf die Frage, ob Frankreich auch Kampfjets liefern werde, antwortete Präsident Macron: „Nein, ich habe nicht von Flugzeugen gesprochen.“

USA: Präsident Joe Biden hält an seiner Entscheidung fest, die Ukraine vorläufig nicht mit F-16-Jets auszustatten. Dahinter steht die Sorge, dass Moskau diesen Schritt als Eskalation begreifen und mit dem Einsatz strategischer Atomwaffen beantworten könnte. Eine These, die viele Militärexperten jedoch für wenig belastbar halten.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, sagte allerdings kürzlich: „Wenn ein anderes Land Kampfjets an die Ukraine liefern möchte, würden wir das sicher unterstützen – solange dies eine souveräne Entscheidung ist.“ In Regierungskreisen wird inoffiziell darauf verwiesen, dass in puncto Militärhilfe für die Ukraine „nichts in Stein gemeißelt ist“.

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