Leinfelden. Immer größer werden die Personallücken des öffentlichen Dienstes – bundesweit schätzt der Beamtenbund den Fachkräftemangel auf 360 000. Da müssen sich die Dienstherrn dringend weitere Gedanken machen, wie sie mehr Bewerber anlocken können. Als ein besonderes Handicap hat der Landesvorsitzende der Beamtengewerkschaft (BBW), Kai Rosenberger, die 41-Stunden-Woche für die Beamten in Baden-Württemberg ausgemacht. Kein Problem werde ihm von der Basis häufiger gemeldet. Von 16 Bundesländern hätten nur noch drei eine solch hohe Stundenzahl, sagte er auf dem Gewerkschaftstag in Leinfelden-Echterdingen.
Die junge Generation lege mehr Wert auf eine Work-Life-Balance. Da seien die 41 Stunden „nicht mehr zeitgemäß und vermittelbar“ – damit hätte der öffentliche Dienst „bei ganz vielen jungen Menschen keine Chance mehr“. Auch auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit einem Lebensarbeitszeitkonto „warten wir seit zehn Jahren“, fährt Rosenberger fort. Noch immer gebe es keine Gesetzesvorlage. Daher solle Grün-Schwarz das Vorhaben im nächsten Doppelhaushalt 2023/2024 endlich realisieren. Das koste zwar alles viel Geld, „doch die Demografie zwingt uns dazu“.
Lebensarbeitszeitkonto „komplex“
Aus Rosenbergers Sicht sollte die Landesregierung ein Sondervermögen öffentlicher Dienst auflegen – als „ ein Signal nach außen und innen“. Welchen Umfang die Offensive gegen den Personalmangel haben soll, sagt er nicht. Doch könne sich das Land an der Krisenbewältigung des Bundes orientieren, der in diesem Jahr beschlossen hat, fast 400 Milliarden Euro abseits des regulären Haushalts bereitzustellen.
Innenminister Thomas Strobl bemüht sich um einen wertschätzenden Ton. Beim „Beamtenbashing“ mache die Landesregierung nicht mit, betont der CDU-Politiker – auch mit Blick auf CDU-Granden in anderen Ländern. Und „wir haben allen Grund, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern“. Strobl würdigt, was die Regierung für die 600 000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes zuletzt angestoßen hat. Auf die 41-Stunden-Woche geht er aber nicht weiter ein. Die Tarifbeschäftigten im Land haben 39,5 Wochenstunden.
Immerhin verspricht der Minister, dass man alles daran setzen werde, das Lebensarbeitszeitkonto „in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen“. Dabei handele es sich um ein „außerordentlich komplexes Vorhaben“. Viele grundsätzliche Fragen seien zu klären. Nötig sei eine gründliche Abstimmung mit den Ressorts und den kommunalen Vertretern. Man arbeite zwar schon lange dran, „aber das muss sitzen und handwerklich gut gemacht werden“. Mit der Verwaltungsmodernisierung sei man auf einem guten Weg bei der Arbeitsplatzgestaltung. Auch gebe es mittlerweile ein Eckpunktepapier für mobile Arbeit in der Landesverwaltung.
Zuvor hat der Gewerkschaftstag den 54-jährigen Rosenberger mit großer Mehrheit für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt. Er erhielt 169 von 184 gültigen Stimmen. Kai Rosenberger steht seit Dezember 2017 an der Spitze des Landesbundes.
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