Polizeireform - In Baden-Württemberg vermutet die Opposition, dass bestimmte Bewerber um Spitzenposten bevorzugt werden sollten

E-Mails führen zu Irritationen

Von 
Michael Schwarz
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Stuttgart. Es gibt neuen Ärger um die Besetzung der Spitzenposten im Zuge der grün-roten Polizeireform. Die Opposition im Landtag verlangt von Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) Aufklärung darüber, ob Ausschreibungen bewusst so gestaltet wurden, dass bestimmte Kandidaten im Vorteil sind. "Wenn das zutreffen sollte, wäre das starker Tobak", sagt Thomas Blenke, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. "Es muss alles dafür getan werden, dass die Stellenbesetzung wasserdicht ist. Alles andere stürzt die Polizei ins Chaos", so Blenke.

Hintergrund ist ein Bericht in der "Stuttgarter Zeitung". Demzufolge hat Polizeiinspekteur Detlef Werner am 5. Januar in einer Mail an Landespolizeipräsident Gerhard Klotter davon abgeraten, die Einsatzerfahrung bei der Ausschreibung von 23 Spitzenpositionen als Kriterium aufzuführen. Dies soll geschehen sein, um die Chancen von Franz Semling zu verbessern, der zum Polizeivizepräsident von Offenburg ernannt wurde und nach einem Urteil des Karlsruher Verwaltungsgerichts sein Amt wieder abgeben musste.

Es wäre ein Vorgang mit Folgen. So hat Juristin Caren Denner, die derzeit lediglich kommissarisch das Mannheimer Polizeipräsidium leitet, ebenfalls keine Einsatzerfahrung. Würde Letzteres beim Auswahlverfahren keine Rolle spielen, hätten sie und andere Bewerber bessere Chance als bisher.

Donnerstag Debatte im Landtag

Heikel ist der zeitliche Kontext des Mailverkehrs: Bereits Mitte Dezember klagte der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, vor dem Karlsruher Verwaltungsgericht gegen seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der neuen Spitzenposten. Mit Blick auf das Urteil ließ das Innenministerium die 23 Polizeipräsidenten und deren Stellvertreter lediglich kommissarisch weiterarbeiten. Am 15. Januar stoppte das Gericht die Besetzung der Chefposten dann offiziell. Das Auswahlverfahren sei fehlerhaft, die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber nicht aussagekräftig, hieß es in der Begründung. Alle 23 Stellen mussten als Folge neu ausgeschrieben werden.

"Wir haben den Minister vor wenigen Tagen im Innenausschuss gefragt, ob das neue Verfahren ordnungsgemäß verläuft. Er bejahte die Frage", sagt Blenke. Deswegen wundere ihn jetzt, dass es bei der neuen Ausschreibung Unstimmigkeiten geben soll. "Ich fühle mich hier nicht umfänglich informiert." Er sehe bei der Umsetzung der Reform inzwischen einen Vertrauensschwund und fordere von Gall, dass dieser jetzt "alle Fakten auf den Tisch legt". Auch die FDP fühlt sich in ihrer Kritik an der Ausschreibung bestätigt. "Offensichtlich soll die gesamte Polizeireform ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz gerettet werden", erklärt Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Zudem werde die Aussage Galls "entlarvt", er könne sich nicht vorstellen, dass die neuerliche Ausschreibung der Posten zu einem anderen Ergebnis führe als das erste Besetzungsverfahren.

Das Landespolizeipräsidium wies gestern die Kritik zurück, dass die Ausschreibungen "auf einen vorab festgelegten Personenkreis abzielen". Innenminister Gall äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Am Donnerstag wird der Landtag in einer aktuellen Debatte über das Thema streiten.

Kriterien der Ausschreibung

Laut einer Stellenausschreibung für Polizeipräsidenten konnten sich ausschließlich Vollzugsbeamte aus der Landesverwaltung Baden-Württembergs bewerben.

Die Bewerbungsfrist ist am 12. März abgelaufen. Wann sich das Innenministerium festlegt, ist noch unklar.

In der Ausschreibung steht, dass Polizeipräsidenten bei "herausragenden polizeilichen Einsatzlagen" als Polizeiführer tätig sind. Das Kriterium Einsatzerfahrung kommt in der neuen Ausschreibung nicht vor.

Die Landespolizeipräsidenten erhalten monatlich 7200 Euro. mis

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