Baumaßnahme

Wohnungen oder Hochschulklassen: Gerangel um Vier-Finger-Gebäude

Das sogenannte Vier-Finger-Gebäude ist ein Schandfleck. Vor einiger Zeit meldete die Polizeihochschule Interesse am Kauf an. Doch nun soll es auch einen Investor geben, der einen Teil des maroden Komplexes haben will.

Von 
Heike Barowski
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Nur drei der vier Finger kann die Stadt noch verkaufen. Den vierten, Haus Nr 22 direkt am Eingang zur Polizeihochschule, hat das Land bereits erworben. © Heike Barowski

Wertheim-Reinhardshof. Als die neue Polizeisporthalle auf dem Reinhardshof in Betrieb genommen wurde, äußerte sich der stellvertretende Leiter der Polizeihochschule, Jürgen von Massenbach-Bardt, auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten auch zum Kauf des restlichen leerstehenden Gebäudekomplexes unmittelbar vor dem Eingang der Hochschule: dem sogenannten Vier-Finger-Gebäude. Das Haus Nummer 22 wurde bereits im Jahr 2010 vom Land für den Ausbildungsstandort der Polizei erworben. Für die weiteren drei Gebäudeteile besteht ein Pachtvertrag zwischen der Stadt als Eigentümer und dem Land mit der Option des Kaufs. Bereits im März bekundete Massenbach-Bardt Interesse am Erwerb des restlichen Komplexes: „Wir können dieses komplette Gebäude in unser Ausbildungskonzept integrieren. Für das Finanzministerium müssen wir jedoch vorab ein vernünftiges Nutzungskonzept vorlegen. Wir sind deswegen in Gesprächen mit dem Amt für Vermögen und Bau und dem Finanzministerium.“ Massenbach-Bardt brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das Innenministerium, zuständig für die Polizei und deren Ausbildung, den Zuschlag erhalte. Bedarf gebe es hinreichend. „Es sind eine ganze Menge Steuergelder, die dann dort verbaut werden würden. Deshalb muss man diesen Bedarf sauber begründen. Das muss Hand und Fuß haben“, so der stellvertretende Leiter der Hochschule.

Vernagelte Fenster, abbröckelnder Putz, mit Moos bewachsene Wände und versperrte Zugänge – der Komplex bietet keinen schönen Anblick. © Heike Barowski

Bei der Stadtverwaltung damals nachgefragt, hieß es, dass die Landesregierung noch nichts entschieden hätte und man auf eine baldige Aussprache hoffe. Denn: „Der Erhalt und die künftige Entwicklung der Hochschule für Polizei in Wertheim hat für die Stadtverwaltung höchste Priorität“, hieß es in einer Pressemitteilung.

„Unsere Bedarfe wurden bereits artikuliert“, schrieb vor einigen Tagen der Pressesprecher der Polizeihochschule, Frank Faras. Er verwies an das zuständige Amt für Vermögen und Bau.

Auch die Rückseite, hier ein Blick von der Johannes-Rau-Straße, sieht nicht viel besser aus. © Heike Barowski

Land will Gebäude kaufen

Dessen Leiter Frank Berkenhoff, sagte: „Wir sind in laufenden Gesprächen mit der Stadt Wertheim zu den ’Fingern’ und haben auch schriftlich unser Kaufinteresse geäußert. Für die Entwicklung der Polizeischule ist das Areal wichtig. Zudem haben wir mithilfe einer Studie eine künftige klimaneutrale Wärmeversorgung des Areals erarbeitet. Hierfür würden wir das Grundstück ebenfalls benötigen.“

Auch der Leiter der Polizeihochschule, Richard Zorn unterstrich in einem Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Nina Warken den dringenden Bedarf an Gebäuden, weil die Einstellungsoffensive der Polizei nicht abgeschlossen sei und ein erhöhter Ausbildungsbedarf und somit auch Platzbedarf bestehe. Warum die Stadtverwaltung äußerte, dass die Landesregierung gegenüber der Verwaltung noch keine Stellung zum möglichen Kauf bezogen habe, sei nicht nachvollziehbar.

Wie bekannt wurde, hat inzwischen auch ein privater Investor Interesse an dem restlichen maroden Komplex geäußert, der dort Wohnungen bauen will.

© Heike Barowski

Gespräche geführt

Noch einmal bei der Stadtverwaltung nachgefragt hieß es nun: „Sowohl die Stadt als auch das Land Baden-Württemberg haben Interesse an einer Nutzung des Vier-Finger-Gebäudes. Im Juli fand ein Gespräch zwischen der Stadtverwaltung und dem Land Baden-Württemberg über mögliche Eigentums- und Nutzungsverhältnisse des Gebäudekomplexes statt. Dieses führte zu keinem Ergebnis, weitere Gespräche sind in Planung. Nach der Sommerpause sollen auch die kommunalen Gremien in die weitere Entwicklung einbezogen werden.“

Damit scheint die Entscheidung, ob Wohnbau oder Ausbau des Polizeihochschulstandorts, beim Gemeinderat zu landen, der dann neben Hochschulstandortsicherung auch den Pachtvertrag (inklusive Kaufoption) und die stadteigenen Interessen berücksichtigen muss.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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