Wertheim/Main-Tauber-Kreis. Die nichtöffentliche Debatte des Kreistags am Mittwoch vergangener Woche über den Zuschuss des Landkreises für das Bürgerspital Wertheim dauerte mehrere Stunden. Das Gremium machte sich die Entscheidung offenbar nicht leicht. Es galt abzuwägen zwischen der „besonderen Verpflichtung des Main-Tauber-Kreises gegenüber der Gesundheitsholding Tauberfranken“, wie die Landkreisverwaltung in ihrer anschließenden Presseerklärung wissen ließ, und den Anforderungen für eine angemessene stationäre medizinische Versorgung in Wertheim und Umgebung.
In der Pressemitteilung vom Donnerstag hieß es ohne konkreter zu werden, der Beschluss sei „mit breiter Mehrheit“ getroffen worden. Nach Informationen der Fränkischen Nachrichten hatten die Kreisräte über mehrere Punkte zu entscheiden, darunter über die Fördersumme von 625.000 Euro und deren zeitliche Befristung auf drei Jahre.
Die Fränkischen Nachrichten hatten noch vor dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung die Fraktionen unter anderem um Informationen zu ihrem Abstimmungsverhalten gebeten. Die Fraktionen der Grünen und der AfD teilten mit, sie hätten dem Antrag der Landkreisverwaltung einhellig zugestimmt. Die SPD-Fraktion äußerte sich nicht zu der Abstimmung. FN-Recherchen ergaben allerdings, dass sie einstimmig dafür votiert haben soll.
Gegenstimmen bei CDU und Freien Wählern
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Joachim Döffinger ließ wissen, „die CDU-Kreisfraktion stand hinter dem Antrag der Landkreisverwaltung und hat dem Beschlussantrag vollumfänglich zugestimmt“. Nach Informationen der Fränkischen Nachrichten soll es allerdings in der CDU-Fraktion mindestens eine Gegenstimme gegeben haben. Joachim Döffinger ließ eine FN-Anfrage diesbezüglich offen und ging nicht auf die Frage ein, welche Argumente hinter der Gegenstimme standen.
Die Fraktion der Freien Wähler soll laut FN-Informationen knapp mehrheitlich gegen den Antrag gestimmt haben. Der Fraktionsvorsitzende Benjamin Czernin, Bürgermeister der Gemeinde Ahorn, wollte sich dazu gegenüber den FN nicht äußern. Man beteilige sich nicht an Spekulationen. Sein Statement von vergangener Woche sei „abschließend“, ließ er wissen. Am Donnerstag hatte Czernin den Beschluss als „starkes und erfreuliches Solidaritätsbekenntnis für die Stadt Wertheim“ bezeichnet, was vermuten ließ, die Freien Wähler hätten zumindest mehrheitlich zugestimmt.
Die Fraktion der FDP/Bürgerliste Wertheim soll, wie den FN mehrfach bestätigt wurde, geschlossen gegen den Zuschuss gestimmt haben - also auch der Fraktionsvorsitzende und Wertheimer Stadtrat Stefan Kempf. Während der Sitzung soll sich Kempf nicht zur Sache geäußert haben. Sein Fraktionskollege Jürgen Vossler hingegen habe argumentiert, eine Erhöhung der Kreisumlage sei wegen der klammen Haushaltslage in den Gemeinden schwierig. Zudem gefährde der Landkreis mit dem freiwilligen Zuschuss möglicherweise das gute Verhältnis zur BBT-Gruppe, die mehrheitlich an der Gesundheitsholding Tauberfranken beteiligt ist, welche die Krankenhäuser in Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim betreibt.
Nicht mit offenen Karten gespielt?
Die Antwort auf die FN-Anfrage in der vergangenen Woche hatte vermuten lassen, die Fraktion der FDP/Bürgerliste Wertheim hätte dem Antrag zugestimmt oder ihn für nicht ausreichend gehalten. Der Zuschuss komme zu spät und die Laufzeit von drei Jahren sei zu kurz, hatte es geheißen. Kreisrat Jürgen Vossler meinte am Dienstag auf neuerliche Anfrage der FN, die auch an Kempf gerichtet war: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu Beschlüssen aus einer nichtöffentlichen Sitzung nicht äußern werden.“ Die Vertraulichkeit nichtöffentlicher Sitzungen sei ein „wesentlicher Bestandteil einer vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit“. Stefan Kempf selbst äußerte sich nicht.
Unter einem Facebook-Beitrag von Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez, der vorrechnete, welchen Wert der Zuschuss des Landkreises unter Abzug der erhöhten Kreisumlage, auf vier Jahre verteilt tatsächlich hat (385.000 Euro), schrieb Kempf am Donnerstag: „Man hätte von Seiten der Wertheimer Verwaltung von Anfang an mit offenen Karten spielen müssen und keine falschen Hoffnungen in der Bevölkerung wecken dürfen!“
Ein anderer Nutzer quittierte diese Aussage Kempfs als „oberflächlich und inhaltslos“. Die Bürgerinnen und Bürger würden sich eher für Kempfs „programmatische Inhalte und Vorschläge zum Thema Notfallversorgung in Wertheim interessieren“, schrieb er. Eine Antwort darauf erhielt er nicht.
Nach den Recherchen der FN bleibt festzuhalten, dass bis auf Stefan Kempf alle Wertheimer Kreistagsmitglieder für den Antrag der Landkreisverwaltung gestimmt haben sollen: Axel Wältz und Volker Mohr (CDU), Thomas Kraft sowie OB Markus Herrera Torrez (SPD), Manfred Busch (Freie Wähler) und Edgart Hildebrand (AfD).
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