Beherbergungsmarkt

Wertheimer Hoteliers fürchten Verdrängungswettbewerb

Mit dem B&B-Hotelkonzern taucht ein neuer Wettbewerber im Beherbergungsmarkt auf. Wertheimer Traditionshäuser befürchten, angesichts des preisgünstigen B&B-Angebots vom Markt gedrängt zu werden.

Von 
Gerd Weimer
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Schickes Design, moderne Einrichtung – und das zu relativ günstigen Preisen. Wertheimer Hoteliers befürchten, mit dem B&B-Hotel nicht mithalten zu können. © B&B Hotels

Wertheim. Die alteingesessenen Wertheimer Hoteliers sind nicht gut auf die Pläne für ein 90-Betten-Hotel in der Bahnhofstraße (wir berichteten) zu sprechen. Sie gehen davon aus, dass das neue Angebot nicht gleichzeitig zusätzliche Nachfrage auslösen wird, so dass es im Wettbewerb eng werden könnte – zu eng, wie manch einer meint.

Torsten Wießler vom Hotel Schwan sieht die Wertheimer Traditionshäuser in Gefahr. © Peter Riffenach

Die Wertheimer Beherbergungsbranche bedient Touristen und Geschäftsreisende, die vornehmlich bei den Industriebetrieben der Main-Tauber-Stadt zu Gast sind. Neben Hotels sind auch Anbieter von Ferienwohnungen am Markt aktiv. Ein Doppelzimmer kostet in der Regel knapp unter 100 Euro bis 150 Euro, je nach Marktlage kann der Preis abweichen. Die Bewertungen auf den einschlägigen Buchungsplattformen im Internet zeigen für alle Häuser gute bis sehr gute Noten. Die Hotels bieten einen dem Preis angemessenen Komfort, lässt sich daraus schließen.

Mit dem geplanten B&B-Hotel jenseits der Tauber, dessen Angebot etwa 20 bis 30 Prozent günstiger sein wird, ändert sich der Wettbewerb deutlich. Durch die vorgesehene Kapazität von 90 Zimmern wächst das Angebot auf dem Wertheimer Markt enorm. Häuser wie der „Schwan“, die „Kette“ oder der „Bronnbacher Hof“ verfügen jeweils über etwa 30 Zimmer – und sind insgesamt selten voll ausgelastet.

Eine FN-Umfrage unter diesen Häusern ergab, dass im Winter die Hotels zu etwa zehn Prozent belegt sind. In der Nebensaison beträgt der Wert um die 30 Prozent, und im Sommer, wenn der Tourismus boomt, liegt die Auslastungsquote bei etwa 70 bis 80 Prozent.

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Wie sich diese Zahlen nach der Aufhebung sämtlicher Pandemiemaßnahmen einpendeln, wird sich zeigen. Nach Einschätzung von Torsten Wießler vom Hotel „Schwan“ gibt es seit Corona weniger Buchungen aus der Industrie. Gut möglich, dass die Unternehmen mittlerweile verstärkt auf digitale Kommunikation setzen und deswegen Geschäftskunden ausbleiben.

Geringe Auslastungsquote

Angesichts der relativ geringen Auslastungsquote scheinen die Kapazitäten für die Befriedigung der vorhandenen Nachfrage auszureichen, sind sich die Betreiber sicher. Wie Elke Kafara, Eigentümerin des Tauberhotels „Kette“, erläutert, gab es in der Vergangenheit „höchstens drei Tage, an denen ganz Wertheim ausgebucht war“. Bei Engpässen hätten Hotels und andere Herbergsunternehmen immer eine Lösung gefunden. Mittlerweile gebe es zudem mit dem Euro-Hotel im Bettinger Industriegebiet „Almosenberg“ eine weitere Option.

Durch das Angebot des neuen B&B Hotels werde keine zusätzliche Nachfrage entstehen, ist sich Elke Kafara sicher. „Es wird kein weiterer Gast wegen des B&B-Hotels nach Wertheim kommen“, sagt auch Kai Schnurpfeil vom Bronnbacher Hof. „Der Kuchen wird nicht größer“, umschreibt er das Marktumfeld. Ihm macht das von B&B anvisierte Preissegment zu schaffen. Man habe die Corona-Pandemie bewältigt und auch die hohen Energiekosten infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, „aber ein 90-Zimmer-Haus in unserem Preissegment oder sogar noch günstiger: Da wird das eine oder andere Traditionshaus in der Innenstadt verdrängt.“ Schnurpfeil geht davon aus, dass dies die Strategie des B&B-Konzerns ist: „Die sind darauf aus, uns die Gäste wegzunehmen.“

„Riesenkatastrophe“

Torsten Wießler vom Hotel Schwan spricht von einer „Riesenkatastrophe“. „So, wie das Outletcenter Wertheim Village den Einzelhandel in der Innenstadt auf lange Sicht kaputtmacht, wird das B&B Hotel den Traditionshäusern zusetzen“, ist Wießler sicher. Für ihn sind die Aussichten besonders düster. Vor rund zehn Jahren hat er zusammen mit seinem Vater das Hotel für über vier Millionen Euro komplett saniert. Wenn die neue Konkurrenz die ohnehin schon dürftigen Auslastungszahlen weiter beeinträchtigt, sieht er seine gesamte Kalkulation in Gefahr.

Es sei „schade“, dass Traditionshäuser wie seines, das in der vierten Generation betrieben werde, „kaputtgemacht werden“. Von einem Vier-Sterne-Hotel im gehobenen Preissegment, etwa mit einem Wellnessangebot, hätte der gesamte Markt profitiert, „aber nicht von einem Preiswerthotel“.

Die eingesessenen Hoteliers müssen sich nun eine Strategie ausdenken, wie sie mit dem neuen Marktumfeld umgehen, sofern sie nicht komplett aussteigen, wie es der eine oder andere in Betracht zieht. Neben dem Preis spielt dabei die Qualität und die Gestaltung des Angebots eine Rolle. Der Wettbewerb erfordert Kreativität.

Redaktion Reporter Wertheim

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