Finanzen - Strukturkommission erarbeitete Maßnahmen, damit der Haushalt mittelfristig nicht aus den Fugen gerät / Stelle des Bürgermeisters entfällt

Wertheimer Haushalt: Abgaben steigen, Ausgaben sinken

Um eine Schieflage des städtischen Haushalts zu verhindern, arbeitete eine Kommission an Verbesserungen. Es wird Abgabensteigerungen geben, aber auch die Ausgaben verringern sich.

Von 
Gerd Weimer
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Der städtische Haushalt drohte in Schieflage zu geraten. Die eingesetzte Kommission präsentierte nun Ergebnisse ihrer Arbeit. © Stadt Wertheim

Wertheim. Weil dem Haushalt der Stadt Wertheim ein massives strukturelles Defizit drohte und damit sogar die Genehmigung des Regierungspräsidiums für die kommenden Jahre gefährdet war, hatte sich in den vergangenen Monaten eine eigens gebildete Kommission mit den Herausforderungen beschäftigt.

„Die laufenden Ausgaben müssen gedeckt sein“, sagte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez bei einer virtuellen Pressekonferenz am Dienstag zu der Aufgabe, die man vor der Brust hatte. Auf der Pressekonferenz präsentierten die Beteiligten die Ergebnisse: Es wird Erhöhungen bei den Abgaben geben, aber ebenso Einsparungen in der Verwaltung (siehe auch Hintergrund). In der Summe verschafft man sich dadurch wieder etwas Luft.

Die Haushaltsstrukturkommission bohrte dicke Bretter, wie bei der Vorstellung der Ergebnisse klar wurde. OB Markus Herrera Torrez sprach in Bezug auf das Paket von einem „echten Pfund“. Der Rathauschef legte bei der Arbeit, wie er sagte, Wert auf „eine möglichst hohe Beteiligung“.

Pflichtenbuch erstellt

Neben Vertretern der Gemeinderatsfraktionen waren auch Repräsentanten der Ortschaften (Ludwig Oberdorf, Ortsvorsteher Grünenwört) und Stadtteile (Olaf Nadler, Stadtteilbeirat Wartberg) beteiligt. Innerhalb der Verwaltung gab es eine weitere Arbeitsgruppe, die sich auf die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten gemacht hat. Heraus kam ein „Pflichtenbuch“ mit 132 Vorschlägen.

Der für die Finanzen zuständige Fachbereichsleiter Helmut Wießner zeichnete zu Beginn der Pressekonferenz ein Bild von der Größe des Defizits, in das der Haushalt ohne Gegenmaßnahmen gelaufen wäre: Ab 2022 wäre die Rücklage auf minus 900 000 Euro gesunken, bis 2024 dann auf immense vier Millionen Euro. „Eine Minus-Rücklage, das geht nicht“, sagte Wießner. Nie und nimmer würde das Regierungspräsidium ein solches Zahlenwerk genehmigen.

Die größten Posten bei Einsparungen und Einnahmensteigerungen in den städtischen Haushalten der nächsten Jahre

Umsetzung von Einsparungen/Kostenreduktionen mit Summe der Einsparung pro Jahr in Klammer:

Reduktion Straßenunterhaltung einschließlich Stützmauern/Brücken (Einsparung 200 000 Euro).

Die Beteiligung an den Betriebskosten städtischer Gebäude durch Vereine wird von 20 auf 30 Prozent erhöht.

Deckelung Gerichts- und Beratungskosten auf 50 000 Euro (25 000 Euro).

Reduzierung Kostenerstattung an Eigenbetrieb Gebäudemanagement (100 000 Euro).

Reduktion Sachkosten bei der Bewerbung von Grundstücken (10 000 Euro).

Verzicht auf Wiederbesetzung Personalstelle Erster Beigeordneter nach Ende der laufenden Amtszeit (anteilig 36 000 Euro im Jahr 2023, ab 2024 dann 72 000 Euro).

Reduzierung von Grundstückspflegemaßnahmen (10 000 Euro).

Reduktion Planungskosten bei Stadtplanung und Naturschutzmaßnahmen/externe Gutachten und Ingenieurleistungen (133 000 Euro).

Reduktion der Ausgaben für Straßenreinigung (30 000 Euro).

Reduktion Sachkosten Baumkontrolle und Baumpflege (100 000 Euro).

Reduktion Unterhalt Spielplätze (50 000 Euro).

Reduktion Gewässerunterhaltung (Einsparung 30 000 Euro).

Einstellung Kommunales Wohnbauförderprogramm: Umsetzung (100 000 Euro).

Reduzierung Zuschüsse Umweltförderkatalog (10 000 Euro).

Einnahmeverbesserungen:

Anhebung Gebühren Stadtbücherei (Verbesserung 3240 Euro).

Anpassung des Haushaltsansatzes Baugenehmigungsgebühren (100 000 Euro).

Erhöhung Grundstückspreise Mischgebiet Reinhardshof (30 000 Euro).

Erhöhung Grundstückspreise Gewerbegebiet Reinhardshof (207 000 Euro im Jahr 2022 und 360 000 Euro 2023).

Erhöhung Grundsteuer A um 10 Punkte auf 340 im Rahmen des Haushaltes 2022 (4 500 Euro).

Erhöhung Grundsteuer B um 10 Punkte auf 370 im Rahmen des Haushaltes 2022 (101 000 Euro).

Erhöhung Hundesteuer um sechs Euro auf 96 Euro (Ersthund und entsprechende Anpassung Zweithund) – (7 000 Euro/Jahr.

Erhöhung Vergnügungssteuer um einen Punkt auf 20 : Umsetzung (30 000 Euro).

Keine Erstattung des ungedeckten Kanalaufwandes bei Abrechnungen Außenfinanzierungsgebieten an den Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung: (Verbesserung 350 000 Euro).

Anpassung Gesamtvolumen Elternbeiträge für Kitas im Bereich der Empfehlung der kommunalen Spitzenverbände (50 000 Euro).

Bei der Konsolidierung der mittelfristigen Finanzplanung hätte zwar das gute Jahresergebnis 2020 geholfen. Ein Plus von 1,1 Millionen Euro stand in den Büchern. Zudem mussten nicht wie vorgesehen zwei Millionen Euro Schulden aufgenommen werden.

Dadurch wäre das Minus in den kommenden Jahren zwar geringer ausgefallen, aber der Haushalt weiterhin defizitär. Also mussten Verbesserungen her, in Form von Einnahmeerhöhungen und Ausgabensenkungen.

Diese zu finden, war Aufgabe der Haushaltskommission, die sich im Dezember des vergangenen Jahres zum ersten Mal traf. Mit den jetzt vorliegenden Ergebnissen kann die Verwaltung den Haushalt für 2022 entwerfen, der im Dezember verabschiedet werden soll. Notfalls wird die Kommission dann noch einmal zusammentreffen, um Justierungen vorzunehmen.

Die Einnahmesteigerungen treffen die Bürger: beispielsweise Eltern von Kindern in den Kitas, Hundehalter, Nutzer der Stadtbücherei, Grundstückseigentümer. Aber auch Unternehmen, die Grundstücke im Gewerbegebiet Reinhardshof erwerben wollen.

Hier sind Preiserhöhungen geplant. Hingegen bleibt die Gewerbesteuer unberührt. Man befinde sich im Wettbewerb mit anderen Kommunen, besonders in der bayerischen Nachbarschaft, so Helmut Wießner.

Kein Ersatz für Wolfgang Stein

Bei den Ausgabensenkungen sticht eine Position hervor: Der Posten des Beigeordneten wird nach dem mutmaßlichen Ausscheiden von Wolfgang Stein nicht neu besetzt, seine Stelle nicht voll ersetzt. Wie OB Herrera Torrez ausführte, werden die Aufgaben im Rathaus neu verteilt.

Ein Beigeordneter sei in der Verwaltung nicht unbedingt notwendig, auch weil die Aufgaben zum Teil gar nicht mehr vorhanden seien – beispielsweise in Bezug auf das Krankenhaus, für das der Bürgermeister einst zuständig war. Die Vertretungsfunktion für den OB bei offiziellen Anlässen, so der Rathauschef, könnten auch seine fünf Stellvertreter wahrnehmen.

Viele Einsparungen liegen im vierstelligen Bereich, doch Kleinvieh macht auch Mist: So wird beispielsweise künftig weniger für Bürobedarf (minus 6150 Euro) und die Repräsentation (minus 1000 Euro) ausgegeben und der Gemeinderat tagt nicht mehr extern, was 9000 Euro einbringt.

CDU-Fraktionschef Axel Wältz stellte fest, dass insgesamt „mit den Vorschlägen aus der Verwaltung, sowie der Fraktionen der Grünen und der SPD“ ein „gutes Paket“ herausgekommen sei. Hauptaugenmerk für die CDU seien die laufenden Aufwendungen gewesen, die langfristig ausgeglichen sein sollten. Durch Liquiditätsüberschüsse im Ergebnishaushalt erhöhe man die Investitionskraft.

Patrick Schönig (SPD) sprach von einer „notwendigen Zäsur“. Wertheim müsse durch die freiwilligen Leistungen der Stadt für alle Generationen attraktiv bleiben. „Wir dürfen uns nicht kaputt sparen“, so Schönig. Das Ergebnis schaffe „Luft für die Zukunft“.

Offene Diskussion

Manfred Busch (Freie Bürger) lobte die Verwaltung für ihre Arbeit. Man müsse auch künftig jede „Aufgabe auf den Prüfstand stellen“. Die Kommission werde auch in Zukunft gebraucht. Stefan Kempf gingen die Einsparungen nicht weit genug – vor allem bei den Personalkosten. Es werde an den, nicht für die Bürger gespart. Man hätte tiefer einsteigen müssen.

Marliese Teicke (Grüne) lobte die „offenen und ehrlichen Diskussionen“. Man sei aus jeder Runde gestärkt hervorgegangen. Alle Fraktionsvertreter wie auch Ludwig Oberdorf und Olaf Nadler stimmten in das Loblied ein. Im Vergleich zu früheren Verhandlungen sei das Gesprächsklima viel konstruktiver gewesen.

Redaktion Reporter Wertheim

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