Gemeinderat Wertheim

Wertheim: Wo in Zukunft die Wärme herkommen soll

Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral sein. Kommunen wie Wertheim müssen deshalb einen Wärmeplan aufstellen. Erste Skizzen wurden im Gemeinderat vorgestellt.

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Gerd Weimer
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Die roten Bereiche auf dieser Karte zeigen eindeutig, wo im Stadtgebiet von Wertheim am meisten Energie verbraucht wird. © Stadt Wertheim/EGS-Plan

Wertheim.

Die Landesregierung hat Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern per Gesetz aufgetragen, bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erarbeiten. Mit einer treibhausneutralen Wärmeversorgung soll die Klimakrise eingedämmt und größtmögliche Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen erreicht werden. Die Stuttgarter Ambitionen sind ehrgeizig: Bis 2040 soll die Klimaneutralität hergestellt sein.

„Wir sind zeitlich sehr gut unterwegs“, sagte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez anlässlich der Vorstellung der ersten Projektskizzen am Montag im Wertheimer Gemeinderat. Die Stadt hatte das Stuttgarter Ingenieurbüro EGS-Plan damit beauftragt, den Plan zu erarbeiten. Die Kosten (69 000 Euro) stellt das Land weitgehend zur Verfügung.

EGS-Mitarbeiter Sven Dietterle stellte dem Gemeinderat nun die ersten Ergebnisse vor, auf deren Grundlage ein Zielszenario samt dafür erforderlicher Maßnahmen entwickelt wird. Eine Bestandsanalyse ergab auf Basis der Zahlen von 2020, dass in Wertheim insgesamt 416 Gigawattstunden Energie pro Jahr für Wärme benötigt werden.

Einsparpotenzial nutzen

45 Prozent davon verbraucht die Industrie, 34 Prozent gehen in die Wohnnutzung. Erdgas ist derzeit mit Abstand der größte Energieträger bei der Wärmeproduktion (82 Prozent), gefolgt von Heizöl mit zehn Prozent.

Diese Situation soll sich bis 2040 radikal ändern. Zunächst errechneten die Ingenieure Einsparpotenzial von 38 Prozent des Bedarfs. Dies soll durch Gebäudesanierung und Effizienzsteigerungen ausgeschöpft werden.

Die klimaneutrale Versorgung soll nach den Plänen vor allem durch Wärmepumpen gewährleistet werden, vorrangig basierend auf der Außenluft. Weitere Quellen sind demnach Flusswasserwärme, Geothermie und Abwasserwärme. Insgesamt sollen damit 48 Prozent des Bedarfs gedeckt werden. Biomasse, also Holz und sogenanntes Grünes Gas, bilden knapp 51 Prozent der Versorgung im Zielszenario ab.

Grüne Gase als Kompensation

„Diese dienen der Spitzenlastabdeckung in Wärmenetzen oder auch der Bereitstellung von Prozesswärme in den Industriebetrieben. Grüne Gase werden darüber hinaus auch zum Teil als Kompensation für Erdgas in der Wertheimer Innenstadt eingeplant, da die Verteilung hier auch über die bestehenden Gasleitungen erfolgen kann“, heißt es in dem Papier des Ingenieurbüros. Als Grünes Gas bezeichnet man Gase, die auf Basis von erneuerbaren Energieträgern hergestellt werden, wie zum Beispiel Wasserstoff oder Biomethan.

Für die Umsetzung werden die Stuttgarter Ingenieure Maßnahmen konkretisieren. Zunächst wird geprüft, ob das Stromnetz für den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen tauglich ist. Die Geräte erhöhen den Strombedarf um 18 Prozent. Hinzu kommt noch der Verbrauch durch E-Mobilität.

Zudem wird ein Fahrplan für die Bereitstellung des Grünen Gases benötigt. Das bestehende Wärmenetz auf dem Reinhardshof und dem Wartberg soll ausgebaut werden und künftig auf erneuerbaren Energien basieren.

Für das Industriegebiet Almosenberg wird ein eigenes Wärmenetz ins Auge gefasst. Generell soll mit der Wasserstoffallianz Main-Tauber die Produktion von Grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen.

OB Markus Herrera Torrez machte klar, dass er große Hoffnungen in die Wasserstoffallianz setzt. Vor Ort erzeugte erneuerbare Energien für die Produktion von Wasserstoff könnten Teil einer Vision für die künftige Wärmeversorgung sein. Das Thema werde im Herbst dem breiten Publikum bei einer Veranstaltung vorgestellt, versprach er.

Viel Unsicherheit

Axel Wältz (CDU) betonte, dass Verbraucher und Wirtschaft Planungssicherheit benötigten. Es herrsche viel Unsicherheit. Die Wärmewende müsse so gestaltet werden, dass die Bürger es sich leisten können. Für jeden Stadtteil und jede Ortschaft gebe es individuelle Lösungen, was den Energieträger angeht: Wind, Sonne, Biogas, Wasserstoff, Geothermie. Wichtig sei, dass entsprechende Produktionsanlagen gebaut würden.

Patrick Schönig (SPD) bemängelte, dass momentan Unsicherheit herrsche, was die Energieträger angeht. Holz zum Beispiel sei durchaus umstritten. Man benötige eine lobbyismusfreie Wärmewende, die pragmatische Lösungen hervorbringe. Die Wertheimer Stadtwerke müssten „Wärmewendeberater“ sein. Er favorisiere zudem eine Energieproduktion mit mehr Bürgerbeteiligung statt großer Investoren.

Auch Songrit Breuninger (Freie Bürger) bemängelte, dass die Verbraucher derzeit kaum wissen, wo die Reise hingeht. „Die Bürger brauchen einen Zeitrahmen“, sagte sie.

Wertheim als Vorzeigestadt?

Richard Diehm (Grüne) regte an, die Klimaneutralität schon bis 2030 herzustellen. Damit könne man eine „Vorzeigestadt“ werden. OB Markus Herrera Torrez bezweifelte stark, dass dies binnen sieben Jahren umsetzbar ist, zumal es in Wertheim einen großen Industriesektor gebe. Der Gemeinderat stimmte dem Wärmeplan schließlich einhellig zu. Die Maßnahmen sollen umgesetzt, erforderliche Finanzmittel budgetiert und Fördermittel beantragt werden.

Redaktion Reporter Wertheim

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