Gemeinderat - Antrag beim Land auf die Bezeichnung „Stadt der Weltmarktführer“ / Große Mehrheit im Kommunalparlament

Wertheim will „Stadt der Weltmarktführer“ als Zusatztitel führen

Wertheim will die Zusatzbezeichnung „Stadt der Weltmarktführer“. Der Gemeinderat billigte einen entsprechenden Antrag, über den nun das Innenministerium entscheidet.

Von 
Gerd Weimer
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Wertheim. Die Stadt Wertheim soll künftig die Zusatzbezeichnung „Stadt der Weltmarktführer“ nutzen. Mit großer Mehrheit billigte am Montag der Gemeinderat bei seiner Sitzung in der Main-Tauber-Halle einen entsprechenden Antrag beim Innenministerium. Die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg ermöglicht es seit Ende vergangenen Jahres Gemeinden, unkomplizierter eine sogenannte „sonstige Bezeichnung“ führen zu können (siehe auch Hintergrund).

Durch solche Zusatzbezeichnungen können „örtliche Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale hervorgehoben werden“, hieß es in der Vorlage der Stadtverwaltung für die Gemeinderatssitzung. Die Landesregierung kam mit der vereinfachten Vorgehensweise bei der Führung von Zusatzbezeichnungen dem Wunsch der kommunalen Seite entgegen. Denn bis dahin wurde die Vergabepraxis eher zurückhaltend gehandhabt.

Wie Jürgen Strahlheim vom Referat Wirtschaftsförderung ausführte, sind sonstige Bezeichnungen Namenszusätze, aber keine Namensbestandteile. Die Gemeinden könnten sie „umfassend im Rechtsverkehr führen“. Damit würden die Bezeichnungen „dieselbe öffentliche Präsenz erlangen wie der Gemeinde- oder Ortsteilname“.

Jürgen Strahlheim, aus dessen Referat dem Vernehmen nach die Idee kam, wies daraufhin, dass neben dem Namen und der Bezeichnung der Gemeinde auch der Zusatz (Große Kreisstadt) auf den Ortsschildern geführt werden darf (siehe Foto-Montage oben).

Er verwies auf das „Lexikon der Deutschen Weltmarktführer“, das im Internet-Portal „Die Deutsche Wirtschaft“ erschienen ist. Wertheim gehöre mit den dort aufgeführten neun Weltmarkführern zu den besten zehn Wirtschaftsstandorten in der Bundesrepublik.

Auf Platz acht

Hinter den wichtigsten Städten Deutschlands liege man auf Platz acht, in der Region Heilbronn-Franken sogar noch vor der „Regionalhauptstadt“ am Neckar. Mit der Anzahl der Unternehmen, welche in ihren Nischenbranchen auf Platz eins stehen, weise die Große Kreisstadt eine Besonderheit und gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal auf, so dass die in der Gemeindeordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllt würden.

Strahlheim verwies auf die „starken mittelständischen, inhabergeführten Familienunternehmen“, die oftmals bereits über mehrere Generationen existierten. Wertheim sei das Zentrum der deutschen Laborglasindustrie. Weitere Industriefelder seien Löttechnik, Vakuum- und Kabelprüftechnik.

Wettbewerbsvorteil

In der Aussprache traf das Ansinnen der Stadtverwaltung auf breite Zustimmung. Christian Ulzhöfer (Bürgerliste) führte aus, dass Produkte der Wertheimer Betriebe „auf allen Erdteilen“ genutzt würden. Er erlebe immer wieder, wie man in den Metropolen Chinas nach Geschäftstreffen den Erfolg der Industrie der Großen Kreisstadt bewundere.

Im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte in der Region wäre die Zusatzbezeichnung ein enormer Wettbewerbsvorteil. Ulzhöfer lobte zudem die Arbeit der Verwaltung beim Thema Wirtschaftsförderung.

Richard Diehm (Grüne) warb auch dafür, dass die Stadt mit „ihren Pfunden wuchert“. Martina Wenzel (CDU) meinte, der Erfolg der lokalen Industrie sei das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Zusatzbezeichnung auf dem Ortsschild sei ein echter „Hingucker“. Ein Großteil der Bevölkerung könne sich damit identifizieren.

Zunächst hatte es kritische Stimmen aus der SPD-Fraktion gegeben. Ingo Ortel meinte, er sei auch stolz auf die Wertheimer Industrie. Aber es wirke „arrogant“, sollte man die Bezeichnung auf den Ortsschildern anbringen. SPD-Fraktionschef Patrick Schönig bat um eine kurze Besprechungspause für die Sozialdemokraten. Schließlich gab es lediglich zwei Enthaltungen von Ingo Ortel und Anna-Lena Szabo. Der Rest des Gremiums stimmte zu.

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Hintergrund: Sonstige Bezeichnungen für Gemeinden in Baden-Württemberg

Laut Paragraf 5, Absatz 3 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg können Gemeinden „sonstige Bezeichnungen führen, die auf der geschichtlichen Vergangenheit, der Eigenart oder der heutigen Bedeutung der Gemeinden oder der Ortsteile beruhen“.

Der Gemeinderat muss die Bezeichnung mit einer Dreiviertelmehrheit beantragen. Das Innenministerium prüft anschließend die Genehmigung.

Das Innenministerium teilte auf Nachfrage der FN mit, dass derzeit im verstärkt Anfragen und Anträge auf Genehmigung von sonstigen Bezeichnungen eingehen.

Oftmals seien sie diese aber noch unvollständig, da beispielsweise Stellungnahmen der Landratsämter oder Regierungspräsidien fehlen.

Anträge, bei denen sämtliche Unterlagen vollständig vorliegen, gibt es demnach bislang aus drei Kommunen.

Derzeit würden die Anträge im Innenministerium gesammelt. Entscheidungen seien bislang noch nicht getroffen worden. „Wir beabsichtigen, eine erste Tranche in den nächsten Monaten zu genehmigen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Genehmigung des Innenministeriums im Gemeinsamen Amtsblatt bekannt gegeben werden muss“, heißt es. Man wolle mehrere Anträge bündeln, um dann eine gemeinsame Veröffentlichung vorzunehmen.

Im Ministerium ist für die Neuregelung und Genehmigung die Kommunalabteilung zuständig.

Was die Entscheidungskriterien betrifft, so prüft das Innenministerium – neben den formalen Voraussetzungen (wie zum Beispiel dem Vorliegen eines Gemeinderatsbeschlusses mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit) im Wesentlichen, ob eine irreführende oder unverständliche Zusatzbezeichnung beantragt oder mit der gewünschten Zusatzbezeichnung ein unzutreffender Sachbezug hergestellt wird.

Auch könne die Genehmigung bei entgegenstehenden Gründen des öffentlichen Wohls – etwa bei Irreführungen oder Fantasiebezeichnungen – versagt werden. wei

Redaktion Reporter Wertheim

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