Aula Alte Steige - Ludger Wilhelm klärte in Wertheim sein Publikum unter anderem über die „Alete-Einheit in Afghanistan“ und den CDU-Antrag auf den Titel „Weltkulturerbe“ auf

Wertheim: „Nur nicht die Wut verlieren” war ein Kabarett mit Leistungsnachweis

Von 
Hans-Peter Wagner
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Der politische Kabarettist Ludger Wilhelm schlüpfte in verschiedene Rollen, in denen er auf humoristische Weise den Finger in die „Wunden“ legte. © Hans-Peter Wagner

Wertheim. Etwa 30 Menschen erlebten am Samstagabend in der „Aula Alte Steige“ in Wertheim knapp zwei Stunden lang geschliffenes politisches Kabarett. „Convenartis“ hatte Ludger Wilhelm eingeladen, der mit seinem Programm „Nur nicht die Wut verlieren“ gastierte.

Die Vorsitzenden Bernadette Latka und Nadine Schmid begrüßten ein gespanntes Publikum, welches einem Meister sprachlichem Ausdrucks lauschte.

Ludger Wilhelm sagte, er sei ein Kabarettist mit fachspezifischer Ausbildung, habe dies studiert, „mit Leistungsnachweis“. Er werde die Kleinkunstform Kabarett zu einer großen Kunst machen, erläutert mit einem sinnhaft korrekten Wortschwall, welcher bewusst ins Unverständliche driftete und in der Erkenntnis kulminierte: „Vielleicht sollte ich diese Revolution doch noch mal verschieben“.

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Der Kabarettist sprach über die Aussichten, sollte das amerikanische Gesundheitssystem in den europäischen Markt expandieren. Dann werde zur schnellen Gesundung das Röntgenbild retuschiert, am OP-Tisch stünden Schleckerfrauen, Anästhesie werde durch Beißhölzer ersetzt und für die Herz-Lungen-Maschine gelte, alle paar Minuten Euros nachzuwerfen.

Der Sprachkünstler schlüpfte während des Abends in verschiedene Rollen, so auch in jene des engagierten Verkäufers während einer Erfindermesse. Dieser präsentierte unglaubliche Erfindungen aus den Patentwerkstätten wie von außen verstellbare Innenspiegel, Gabelstapler für die Küche, einen Schlüsselversteckstein, folienbeschichtetes Klopapier („sie werden sehen, der Erfolg liegt auf der Hand“) und einen Baseballschläger, der sich in Händen eines aufrechten Teutonen in einen Meinungsverstärker verwandele.

Wilhelm ging auf das Mitwirken der deutschen Regierung an einem Abkommen zur Steuerhinterziehung ein. Wolfgang Schäuble habe lange gefeilt daran, dass eine Weitergabe von Daten weiter freiwillig und zudem schriftlich festgelegt sei, solche Daten dürften nicht zur Strafverfolgung genutzt werden. Der Kabarettist berichtete in der Rolle des Paul Schulte auch von einer Demonstration der Querdenker, die schon mal im Wald stehen würden.

Der Vortragende las ein an Kinder gerichtetes und „leider wahres“ Märchen über Kim Jong-un, über weise weiße Politiker und über eine deutsch-holländische Firma vor, welche Nordkorea Zentrifugen für Atomwaffen und auch die Raketen zum Verschicken geliefert hatten.

Beim nächsten Mal wolle Ludger Wilhelm dann das Märchen vom Atomausstieg vorlesen, wie es Angela Merkel und Norbert Röttgen gelungen war, dass Atomkonzerne erfolgreich auf Schadenersatz klagen können.

Wilhelm lästerte in Ballonseide gehüllt als besser wissender Prolet Willi, dass es Umwelt doch früher gar nicht gegeben habe, auch Ernährung nicht: „Wir sind auch ohne Ernährung groß geworden“. In einem E-Auto sei statt eines Ersatzreifens ein Klappfahrrad und wenn im Handbuch stehe: 200 Kilometer Reichweite, dann seien die 30 Kilometer mit dem Klappfahrrad schon dabei. Und wegen dem Harnstofftanks „musst du zum Volltanken zum Oktoberfest“.

Der politische Denker kümmerte sich auch um die darbende CDU. Friedrich Merz stehe für das „C“ in der CDU, lebe dies vor, wolle Deregulierung, wo es geht. Indes bemühe sich die Partei Weltkulturerbe zu werden – damit sie erhalten bleibt. Vielleicht müsse gar das Konrad-Adenauer-Haus verkauft werden, Interessenten seien bereits da zur Umbenennung in „Wolfsschanze Björn Höcke“.

Die FDP indes, so war zu hören, habe derzeit gut lachen. Keiner schaue zur schwarz-gelben Koalition nach Nordrhein-Westfalen, wo die FDP Armin Laschet über den Tisch gezogen habe wie sie es jetzt mit den Grünen tut. Die Steuerfahndung sei entschärft, der einzige Korruptionsbeauftragte abgeschafft worden, Laschet habe kommentiert mit „ich will Ministerpräsident werden“.

Der neue Kanzler Scholz ist für Wilhelm ein wissenschaftliches Wunder: „An seiner Lotosblütenhaut perlt alles ab.“ Helge Braun ist mit Spezialsohle unterwegs: „Damit er nicht auf dem eigenen Schleim ausrutscht“ und Schäuble ist für ihn ein überführter Lügner. „Fisch, Kopf, Gestank“, da gebe es doch einen Spruch.

Wilhelm berichtete als Stabsunteroffizier Kunz („von der Alete-Einheit“) aus Afghanistan, „viel Freizeit, viel Sand, viel Neger“. Man habe auch einen Brunnen fertiggemacht, „beim Fotomotiv mussten wir immer wieder Wasser rein geben“. Der Mann auf der Bühne erzählte aus dem Wartezimmer eines Arztes, wo man lesender Weise von einer Erkrankung von Johannes Paul II. erfahre, Rezepte über Buschwindröschenextrakt auswendig lernen könne und bei einem Artikel über Rückenprobleme beim Dauersitzen den Hinweis erhalte, man solle zum Arzt gehen.

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