Verkehrssicherheit

Wertheim: Künftig keine Zufahrt mehr für Elterntaxis?

Ein Erlass des Verkehrsministeriums vereinfacht es Kommunen, Schulzonen einzurichten. Wertheim prüft ab 2026 die neue Maßnahme zum Schutz der Schulkinder.

Von 
Katharina Buchholz
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Auch in Wertheim werden Kinder regelmäßig mit dem Auto zur Schule gebracht (Symbolbild). © Marijan Murat/dpa

Wertheim. Das Thema ist ein Dauerbrenner für Schulen und Verkehrsbehörden: Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto direkt vor der Schule abliefern oder von dort abholen. „Elterntaxis gibt es an allen Schulstandorten in unterschiedlicher Ausprägung. Zum Schuljahresbeginn ist der Gemeindevollzugsdienst besonders an den Standorten der Grundschulen präsent und überwacht temporär diese Bereiche. Auch die Landespolizei verstärkt unterwegs“, ordnet Angela Steffan, Sprecherin der Stadt Wertheim, die Lage in der Main-Tauber-Stadt ein.

Vor allem von diesem Phänomen betroffen sind die Schulen im städtischen Bereich, wie eine Umfrage der Fränkischen Nachrichten ergab. An der Mandelberg-Grundschule in Dertingen etwa hält sich der Bring- und Abholverkehr nach wie vor in Grenzen. Die Kinder kommen meist mit dem Bus oder zu Fuß. An der Grundschule Bestenheid und der Gemeinschaftsschule an der Alten Steige beobachten die Schulleiter hingegen, dass immer mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen.„Etwa 40 Prozent der Kinder unserer Schule werden regelmäßig mit dem Auto gebracht oder abgeholt. Diese Situation hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt, da wir Kinder aus dem gesamten Wertheimer Stadtgebiet an unserer Schule haben“, berichtet Melanie Matuszewski, Schulleiterin der Grundschule Bestenheid. „Aktuell haben wir das Gefühl, dass es mehr wird“, sagt Schulleiter Lothar Fink von der Gemeinschaftsschule an der Alten Steige in Wertheim.

So definiert das Verkehrsministerium Schulstraßen und Schulzonen

  • Schulstraßen und Schulzonen sind temporäre beziehungsweise dauerhafte Sperrungen von einem oder mehreren Straßenabschnitten im Bereich einer oder mehrerer Schulen für den Kfz-Verkehr.
  • Schulstraßen werden zu Beginn und am Ende des Schultages – zum Beispiel für eine halbe bis dreiviertel Stunde – für Kraftfahrzeuge gesperrt. So sollen Schülerinnen und Schülern geschützt werden, die zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren.
  • Schulzonen werden dagegen dauerhaft gesperrt und können entsprechend umgebaut werden. Dort, wo Schulzonen mit anderen Verkehrsinteressen in Einklang zu bringen sind, könnten sie die Aufenthaltsqualität – etwa während der Pausen – und die Verkehrssicherheit in den betroffenen Stadtvierteln erhöhen.
  • Beide Instrumente werden durch verkehrsrechtliche Anordnungen umgesetzt.

Eltern parken in Bestenheid auf den Gehwegen

„Problematisch ist insbesondere, dass der Gehweg häufig zugeparkt wird. Dadurch wird die Verkehrssituation sehr unübersichtlich, vor allem für unsere Erstklässler. Teilweise ist die Straße komplett blockiert, sodass der Schulbus nicht immer ungehindert durch den Robert-Bunsen-Weg fahren kann. Kinder können die Straße nicht richtig einsehen, und es kam bereits zu Gefährdungen auf dem Gehweg, weil dort Autos rücksichtslos losgefahren sind“, weist Matuszewski auf die Gefahren hin, die durch die Elterntaxis entstehen.

Von Kindern, die schnell aus dem Auto ihrer Eltern aussteigen und ohne zu schauen, die Straße überqueren, berichtet Lother Fink. Noch schwieriger werde die Situation, wenn ein Schulbus in der Ferdinand-Hotz-Straße hält: Da der Bus auf der Straße hält, besteht in der Kombination mit den parkenden Autos kein Durchkommen mehr. „Oft bildet sich ein Stau bis zurück in die Alte Steige – manchmal bis zu den Glascontainern“, sagt Fink. Einige Eltern fahren sogar direkt auf den Schulhof und bringen damit Kinder in Gefahr.

Stadtverwaltung begrenzt Tempo vor Werkrealschule auf 70 Kilometer pro Stunde

Während an der Alten Steige vor allem die Enge des Wohngebiets eine Herausforderung darstellt, ist es an der Werkrealschule Urphar-Lindelbach die Lage der Schule an der Hauptstraße, die gelegentlich für gefährliche Situationen sorgt. „Die Elterntaxis haben zugenommen, auch weil die Schule wächst. Das führt zu mehr Fahrzeugverkehr rund um die Schule als früher“, bewertet Rektor Benedict Müller das Verkehrsbild. Um die Gefahr für die Schüler in Zukunft zu minimieren, hat die Stadtverwaltung auf Höhe der Schule eine 70er-Zone eingerichtet. „Gern hätten wir an der Schule zu Schulzeiten Tempo 50, dies ist jedoch aus verkehrsrechtlicher Sicht nicht möglich“, bedauert Müller.

Ein neuer Erlass des Verkehrsministeriums könnte den Verkehrsplanern der Stadtverwaltung Handlungsspielraum beim Umgang mit Elterntaxis verschaffen. Seit Ende August ermöglicht dieser den Kommunen die Ausweisung von Schulstraße und Schulzonen. Die Kommunen sollen dafür sorgen, dass vor den Schuleingängen möglichst keine Autos fahren oder parken. „Das Ordnungsamt und hier speziell die Verkehrsbehörde werden die Schulstandorte unter diesem Aspekt in den Blick nehmen“, erklärt Angela Steffan. Allerdings ist die mögliche Einrichtung einer Schulstraße an Voraussetzungen geknüpft, die für jeden Standort geprüft werden müssen. „Das soll im Jahr 2026 in Vorbereitung auf das neue Schuljahr geschehen.“ So heißt es im Erlass zum Beispiel, dass Schulstraßen und Schulzonen mit „der Verkehrsfunktion von klassifizierten Straßen“ – also Bundes-, Land-, Kreis- oder Gemeindestraßen - nicht zu vereinbaren sind.

Bring- und Abholzone wegen schmaler Straße nicht möglich

„Eine mögliche Einrichtung einer Schulzone oder Schulstraße haben wir bereits vor einigen Jahren diskutiert. Vielleicht greift der neue Elternbeirat dieses Thema erneut auf und treibt es voran“, zeigt sich Melanie Matuszewski offen für die Neuerung. „Wir sind wegen der Taxi-Situation mit der Stadt in Kontakt. Schon seit Jahren ist im Gespräch, dass die Schule verlagert wird – aus diesem Grund werden keine Maßnahmen mehr ergriffen. Wegen der beengten Straßensituation ist das Einrichten einer Bring- und Abholzone nicht möglich – auch ein Zebrastreifen kann nicht verwirklicht werden“, bedauert Lothar Fink.

Welche Effekte eine eingeschränkte Zufahrt hat, ist seit Herbst 2023 am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium zu beobachten. Dort ist wegen des Baus der neuen Turnhalle der Parkplatz vor der Schule abgesperrt und die Zufahrt zur Schule eingeschränkt. Entsprechend entspannt sei die Situation mit den Elterntaxis, sagt Schulleiter Ulf Hannig. Auch der Zeit nach dem Bau der Turnhalle sowie dem anstehenden Neubau der Grundschule auf dem Nachbargelände blickt Hannig zuversichtlich entgegen.

Neues Schulareal soll für Individualverkehr nicht zugänglich sein

Denn: Im Zuge des Fußverkehrs-Checks 2024 wurde der Hol- und Bringverkehr am zukünftigen Schulbereich „Oben am Knackenberg“ thematisiert. „Um die angespannte Verkehrssituation im direkten Schulumfeld zu entzerren, sollen definierte Elternhaltestellen eingerichtet werden. Die genaue Lage der Parkplätze wird derzeit mit einem externen Planungsbüro überprüft“, sagt Steffan. Die Parkgelegenheiten sollen so verortet werden, dass das Schulareal – also der Freiraum zwischen Gymnasium, Sporthalle und Grundschule - für den Individualverkehr nicht zugänglich sein wird.

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