Orgelsanierung

Wertheim: Körperkraft und Konzentration beim Registereinbau gefragt

Am vergangenen Mittwoch wurden die Teile für das 32-Fuß-Register angeliefert und konnten am Donnerstag dank vieler Helfer montiert werden.

Von 
Heike Barowski
Lesedauer: 
Am Mittwoch wurden die 17 Teile für das 32-Fuß-Register angeliefert und über die schmale Treppe bereits auf die Empore getragen. © Kirchengemeinde

Wertheim. Da liegen sie nun, die zwölf Pfeifen des 32-Fuß-Registers. Schon beim Öffnen der schweren Kirchentür umfängt den Besucher ein leichter Duft nach frisch gesägtem Holz. Auf der Empore stapeln sich die insgesamt 17 Teile des Registers und verströmen diesen Geruch. Bereits am Tag zuvor waren diese Teile aus einer ungarischen Fabrik angeliefert und von Helfern die schmale Treppe hinauf zur Empore getragen worden.

Die echte Herausforderung in Sachen Platz sollte jedoch erst am Donnerstag anstehen. Denn das neue Register wird zwischen der Rückseite der Orgel und der Wand montiert – teilweise in acht Metern Höhe. Da ist eine Menge Köpfchen gefragt, welche Teile zuerst in die Höhe gehoben werden müssen. Die Besonderheit: Anders als üblich steht in Wertheim beim 32-Fuß-Register der tiefste Ton in der Mitte, damit die große Pfeife von der Orgel verdeckt wird.

Einige der Pfeifen haben eine stattliche Länge. Eine Seite ist weiß lackiert, damit das Sonnenlicht reflektiert und sich das Holz nicht erwärmt. © Heike Barowski

Doch Orgelbauerinnen Marta Kogut, Eva Maria Fritz und der angehende Orgelbaumeister Max Benzing von der Firma Mühleisen aus Leonberg verfügen über einen enormen Erfahrungsschatz und können alle Einsatzkräfte exakt dirigieren.

Von der Empore muss jedes Teil des Registers an der rechten Seite der Orgel durch eine schmale Öffnung hinaufgehoben werden, um dann an vorgesehener Stelle befestigt werden zu können. Ein extra angebrachter Flaschenzug erleichtert zwar die Arbeit, eine Menge Kraft ist dennoch erforderlich, schließlich bringen einige Teile 200 Kilogramm auf die Waage.

Ein Blick hinter die Orgel zeigt, wie viel Elektronik verbaut werden muss und vor allem wie wenig Platz ist. © Heike Barowski

Unter den Helfern ist viel Wertheimer Prominenz, wie der Leiter der Musikschule Stefan Blido, der frühere Reporter Peter Riffenach und der Urpharer Wolfram Spott. Ganz oben auf dem Gerüst hinter der Orgel stehen der Bezirkskantor Carsten Klomp und seine Vorgängerin Katharina Wulzinger. Auch sie will sich dieses besondere Ereignis nicht entgehen lassen und fasst tatkräftig mit zu.

Natürlich schaut Dekanin Wibke Klomp vorbei und kommt sofort ins Gespräch mit (von links) Wolfram Spott, Stefan Blido und Peter Riffenach. © Heike Barowski

Los geht es mit dem „großen D“, genauer gesagt mit dem unteren Teil der Pfeife. Etwas mehr als eine Stunde dauert es, bis das Stück an Ort und Stelle montiert ist. Nach dem Blick auf die Uhr wurde heftig gefrotzelt, dass man sich doch das Frühstück am nächsten Morgen kommen lassen müsse. Als die obere Hälfte des „D“ schließlich stabil auf dem unteren Teil sitzt, applaudieren die Anwesenden.

„Puh, das war wirklich sauschwer“, ruft Dr. Christian Löser, als er die schmale Stiege hinter der Orgel auf die Empore hinabklettert. Der Organist hatte auf dem Status von Dekanin Wibke Klomp die Bilder der Anlieferung gesehen und bot sofort seine Hilfe an.

Bezirkskantore haben gut Lachen: Auf der obersten Etage stehen Carsten Klomp und seine Vorgängerin Katharina Wulzinger. © Heike Barowski

Nach diesem Probelauf geht es Pfeife um Pfeife deutlich schneller. Allerdings steht mit dem „E“ die größte Herausforderung bevor. Diese Pfeife besteht aus einem Stück, ist etwa viereinhalb Meter lang und wiegt mehr als 200 Kilogramm. Als sie montiert ist, atmen alle auf. Weiter geht es mit dem „Fis“. Auch diese Pfeife musste durch das „Nadelöhr“ in die Höhe.

Inzwischen haben sich neben Dekanin Wibke Klomp auch ein paar Zuschauer eingefunden, beispielsweise eine Orgel-Schülerin von Carsten Klomp aus Dertingen. Sie hat Noten unter dem Arm und ihre Tochter dabei. „Sie sind zu früh. In drei Stunden vielleicht“, ruft ihr einer der Helfer zu und alle lachen. Die Stimmung ist trotz der immensen Anstrengung sehr gelöst. Kleine Kommentare sorgen oft für Lacher. Und wieder schwebt eine Pfeife in die Höhe, dieses Mal war es das „Gis“.

Vorbei am Gerüst durch ein schmale Öffnung muss die Pfeife teilweise acht Meter in die Höhe gehoben werden. © Heike Barowski

15 Helfer arbeiten in zwei Schichten. Gegen 20.30 Uhr ist das Werk vollbracht, das 32-Fuß-Register ist hinter der Orgel eingebaut. Einer der Freiwilligen ist Werner Dreikorn. Er hatte bereits am Tag zuvor und beim Reinigen der Pfeifen geholfen. „Ich bin der Kirchenälteste in der Stiftskirche und in diesem Haus mehr oder weniger aufgewachsen“, sagt er und zählt eine lange Reihe wichtiger Familienereignisse auf, die in der Kirche stattgefunden hatten. „Mir ist die Kirche wichtig und man muss sie mit Leben erfüllen. Das kann man doch nicht einfach den anderen überlassen. Da muss man schon selbst mit Hand anlegen.“ Auch Eberhard Feucht packte schon mehrfach mit an: „Ich bin kein Kirchenmusiker, aber mich interessiert das alles sehr, und deshalb unterstütze ich die Arbeit.“ Für ihn ist der Orgelbau „hoch kompliziert und eine große Kunst“, an der er als Helfer teilhaben darf. Auf die Frage, ob sie bei weiteren Einsätzen auch dabei sein würden, kommt es wie aus der Pistole geschossen und ganz selbstverständlich: „Na klar.“

Nur durch den Einsatz eines Flaschenzugs ist das Anheben der Pfeifen möglich. Orgelbauerin Marta Kogut dirigiert per Walkie-Talkie die Arbeit. © Heike Barowski

Sehr zufrieden ist Orgelbauerin Marta Kogut. In einem Gespräch am Freitag resümiert sie: „An manchen Stellen war es wirklich sehr eng. Es ging um Millimeter. Da mussten wir auch mal ein wenig tricksen, damit die Pfeife zwischen Orgel und Wand durchschlüpft.“ Die Erleichterung ist ihr im Interview anzumerken. „Wir sind wirklich sehr zufrieden, dass alles am Donnerstagabend geschafft wurde und auch unfallfrei abgelaufen ist.“

Ein breites Lächeln zeigt auch Bezirkskantor Carsten Klomp, als er über den Einbau des Registers spricht. „Es war wirklich ein echtes Erlebnis, das man so leicht nicht vergessen wird, denn ein 32-Fuß-Register ist in seiner Dimension schon sehr beeindruckend. Normalerweise wird es während des Baus der Orgel gleich mit eingebaut, aber hier mussten wir wirklich puzzeln.“ Die Freude über den gelungenen Einbau ist ihm anzumerken. „Ohne die Helfer hätten wir das nie geschafft“, ist sich der Organist sicher und lobt die gelungene Gemeinschaftsarbeit.

Konzentration, Kraft und Maßarbeit sind gefordert. © Heike Barowski

In einem nächsten Schritt wird die Elektronik eingebaut und angeschlossen. Im Anschluss werden weitere Pfeifen montiert. Zum Ersten Advent wird die Orgel dann das erste Mal erklingen. Klomp weiß schon sehr genau, was er spielen wird, um dem neuen Register Raum zu geben: die Toccata aus der fünften Symphonie für Orgel von Charles Maria Widor.

Die Pfeifen werden in einer bestimmten Reihenfolge montiert. Doch bis sie an Ort und Stelle ist, gleicht die kraftvolle Arbeit ein wenig einem Tetris-Spiel. © Heike Barowski

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke