Wertheim. Jeder kennt es: Man zieht neu in eine Stadt und muss erstmal herausfinden, wo die verschiedenen Anlaufstellen sind und welche Regelungen es vor Ort gibt. Da ist es gut, rasch auf die wichtigsten Informationen zugreifen zu können – umso mehr, wenn die eigene Muttersprache nicht Deutsch ist. Dafür ist jüngst die App „Integreat“ für Wertheim in sechs Sprachen an den Start gegangen. Initiiert wurde dieses Informationsangebot vom Integrationsmanagement. Die beiden zuständigen Mitarbeiterinnen der Stadt, Helene Karlein und Claudia Ühlein, betonen: „Die App ist für alle da und nützlich, die neu in unsere Stadt kommen.“
Niedrigschwelliges und einfaches Orientierungssystem
Bereits 2023 erfuhr Helene Karlein auf einem Austauschtreffen der Integrationsmanager aus der Region Heilbronn-Franken von dem Projekt „Integreat“. Es wurde vom Augsburger Verein „Tür und Tür“ initiiert, der sich seit 1992 in der Fugger-Stadt für die Integration neu Zugewanderter einsetzt. Der Wunsch war, ein niedrigschwelliges und einfaches Orientierungssystem anzubieten. In der Technischen Universität München fand man einen Partner bei der Umsetzung. Inzwischen wird die App in über 100 Städten und Regionen deutschlandweit verwendet, von Städten in der Größe Wertheims bis hin zu Großstädten wie Augsburg und München.
Zunächst trugen die Integrationsmanagerinnen die Idee, die App lokal zu nutzen, dem Landkreis vor, dieser wollte oder konnte sie aber nicht umsetzen. So kamen Helene Karlein und Claudia Ühlein gemeinsam mit Christoph Schröder, Referatsleiter des Referats Digitalisierung, zu dem Schluss, die App direkt für die Main-Tauber-Stadt zu realisieren. Hierzu wurde ein mittlerer vierstelliger Betrag aufgewendet.
Nun ging für Helene Karlein die Arbeit los. „Integreat“ bietet bereits Unterkategorien wie „Alltag“, „Behörden und Ämter“, „Gesundheit“, „Deutsch lernen“, „Wohnen“ oder auch „Kultur und Freizeit“ an und gibt Textbausteine vor, die übernommen werden können. Darüber hinaus müssen die Verantwortliche vor Ort das Programm mit den lokalen Informationen füttern. Die App übersetzt dann in die ausgewählten Sprachen. Für Wertheim sind dies neben Deutsch fünf weitere: Englisch, Französisch, Persisch, Arabisch, Ukrainisch. Man habe sich bei der Auswahl an den Haupt-Herkunftsnationen der Wertheimer Zuwanderer orientiert, so Helene Karlein. Da jede Sprache extra bezahlt werden müsse, habe man sich auf diese beschränkt, aber es sei natürlich immer möglich, vom deutschen Text ausgehend in die eigene Sprache zu übersetzen.
Künstliche Intelligenz hilft bei Textvereinfachung
Die große Herausforderung sei, Texte so zu vereinfachen, dass sie verständlich sind. Dafür hat sie eine App, die ihr sagt, wie vereinfacht ein Text bereits ist. Sie muss hier zu einer bestimmten Punktzahl gelangen, damit die in der App integrierte Künstliche Intelligenz die Übersetzung vornimmt.
Allerdings muss sie das Rad nicht komplett neu erfinden: „Wir schreiben in die Apps keine Informationen, die anderswo zu finden sind. Diese werden verlinkt.“ So kommt man zum Beispiel im Reiter „Gesundheit“ auf die Seite der Stadt, auf der sämtliche Fachärzte aufgelistet sind. Ein großer Vorteil: Die App ist, einmal installiert, auch ohne Internetzugang nutzbar. Aktualisiert wird sie jeweils, wenn wieder eine Verbindung besteht.
Claudia Ühlein sieht in dem neuen Angebot einen Vorteil nicht nur für die Nutzer, sondern auch für sich und andere kommunale Beschäftigte. Es stelle eine große Arbeitserleichterung dar. Denn zahlreiche Anfragen könnten die Kunden sich nun selbst beantworten. Immerhin haben die beiden Damen ein gewaltiges Arbeitspensum. Sie sind Ansprechpartner für alle Geflüchtete in der kommunalen Anschlussunterbringung, außerdem für die in Wertheim lebenden Ukrainer. Insgesamt rund 300 Personen. „Antworten auf häufige Fragen, etwa zu den Themenfeldern Führerschein, Internetanschluss und Wohnungssuche, können die von uns betreuten Menschen jetzt über die App selbst bekommen.“
Durchweg positive Reaktionen
Werbung für die App mit QR-Code zum direkten Scannen liegt an allen Orten aus, an denen sich Zugewanderte häufig aufhalten: im Einwohnermeldeamt – meist die erste Stelle, zu der man nach der Ankunft Kontakt aufnimmt – ebenso wie in der VHS und im Materiallager von „Willkommen in Wertheim“.
Die Reaktionen sind durchweg positiv. Gleich am 13. Januar, als die App erstmalig online ging, gab es 600 Zugriffe auf die Seite. Auch andere in der Flüchtlingshilfe engagierte Organisationen, etwa die Diakonie, die Caritas, die VHS als Anbieter der Sprachkurse oder der Flüchtlingshilfeverein „Willkommen in Wertheim“, äußerten sich bei einer Informationsveranstaltung im Vorfeld erfreut über das neue Angebot.
Denn schließlich ist das Ziel aller, dass sich neu Ankommende – ob aus dem In- oder Ausland, schnell orientieren und integrieren können. „Wir haben in Wertheim insgesamt einen sehr friedlichen und respektvollen Umgang miteinander. Das soll so bleiben“, fasst Claudia Ühlein zusammen, wobei die App unterstützen soll. Und wer weiß, vielleicht findet sogar noch der ein oder andere Alteingesessene passende Informationen in dem breiten Angebot?
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