Glaube

Vielfalt und Dialog: Lange Nacht der Stiftskirche in Wertheim

Die vierte „Lange Nacht der Stiftskirche“ in Wertheim bot Reformation, Kunst und offene Gespräche für Jung und Alt – und stieß auch nachdenkliche Töne an.

Von 
Roland Schönmüller
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Ein Höhepunkt des Abends war die Lesung des renommierten Autors Frank Berzbach, der Auszüge aus seinem Buch „Die Kunst zu Glauben“ präsentierte und dabei neue Perspektiven auf Glauben und Spiritualität eröffnete. © Roland Schönmüller

Wertheim. Begeisterung und Nachdenklichkeit prägten die vierte „Lange Nacht der Stiftskirche“ in Wertheim am Reformationstag. Unter dem Motto „Glauben heute?!“ lud der stimmungsvoll illuminierte Kirchenraum zwischen 18 und 23 Uhr zu einem vielseitigen Programm für alle Generationen ein.

Der Abend begann mit geführten Turm- und Orgelerkundungen, bevor Dekanin Wibke Klomp und Pfarrerin Sophie Weber den Gottesdienst gestalteten. Musikalisch begleitet von Carsten Klomp am Klavier, verbanden sich traditionelle und moderne Stücke zu einer klangvollen Einstimmung.

Musik und Auftakt für alle Sinne

Jazz & The Gäng sorgten im anschließenden Hauptprogramm für eine besondere Atmosphäre und leiteten den literarisch-musikalischen Teil der Nacht ein. Zu den Höhepunkten zählte die Lesung des renommierten Autors Frank Berzbach, der Passagen aus „Die Kunst zu Glauben“ präsentierte. Seine Sichtweise öffnete den Besuchern neue Zugänge zu Glauben und Spiritualität – insbesondere jüngere Gäste fühlten sich von Berzbachs vielseitigen Interessen angesprochen.

Das Hauptprogramm wurde musikalisch von Jazz & The Gäng begleitet und sorgte für eine besondere Atmosphäre. © Roland Schönmüller

Berzbach betonte: Glauben als Kunst bedeutet, Spiritualität kreativ, offen und individuell zu leben – inspiriert von Kultur, Schönheit, Dankbarkeit und dem Mut, Fragen zuzulassen. Ein markantes Zitat aus seinem Buch verdeutlicht diese Haltung:

Lesung inspiriert zum kreativen Glauben

„Der Glaube bewährt sich, indem er nicht zu beantwortende Fragen zulässt, sich dem völligen Verstehen entzieht und doch hörbar wird: ‚God is in the house‘, wie Nick Cave es in einer nachdenklichen Ballade singt und uns seine Art zu beten mitteilt.“

Diese Perspektive versteht Glauben als künstlerische Praxis, die Vielfalt, Zweifel und Inspiration zulässt. Die Lesung wurde als bereichernd und anregend empfunden und ermöglichte einen kreativen Zugang zum Glauben – was bei jüngeren wie älteren Teilnehmern gleichsam Anklang fand.

„Schätze des Glaubens“ und generationsübergreifender Dialog

Die Ausstellung „Schätze des Glaubens“ der Schülerinnen und Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums bot persönliche und kreative Zugänge zum Thema. Zum Ausklang lud eine Cocktailbar die Besucher zum Verweilen und Austausch ein.

Dekanin Wibke Klomp (links) und Pfarrerin Sophie Weber beim Gottesdienst während der langen Nacht der Stiftskirche. © Roland Schönmüller

Die „Lange Nacht der Stiftskirche“ demonstrierte eindrucksvoll, wie offen und dialogorientiert Glauben heute gelebt werden kann. Sowohl das Organisationsteam als auch die Besucher zogen ein positives Fazit und hoben die lebendige Atmosphäre hervor.

Lob und kritische Stimmen zum Programm

Neben viel Anerkennung gab es auch nachdenkliche Rückmeldungen: Manche Jugendliche empfanden das Thema Glauben als zu abstrakt und wünschten sich mehr Diskussion. Ältere Besucher vermissten zuweilen den Bezug zu klassischen Glaubensinhalten. Dennoch zeigte sich gerade daran die Bandbreite und Bedeutung des generationenübergreifenden Dialogs in der Gemeinde.

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