Urphar. „Orfel, helau“ hieß es wieder am Rosenmontag in Urphar. Bei der großen Prunksitzung des SSV Urphar-Lindelbach hatten die Närrinnen und Narren vor und auf der Bühne viel Spaß.
In diesem Jahr wagte sich Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wieder nach Urphar zur Prunksitzung, nachdem er 2023 schmerzlich vermisst worden war. Er konnte auch deshalb kommen, weil der Umbau des Feuerwehrgerätehauses doch noch rechtzeitig fertig geworden ist. Bis zum Schluss hatten die Narren gezittert, ob ihre Sitzung in den neu renovierten Räumlichkeiten stattfinden kann.
Darauf ging Sitzungspräsident und Vereinsvorsitzender Marc Wiegand in seiner Begrüßungsansprache an das närrische Volk besonders ein. Er war dankbar, dass alles noch rechtzeitig geklappt hat. Und dann ging die große Schau in „Orfel“, wie der Ort zur Fastnachtszeit heißt, richtig los.
Marc Wiegand kündigte an, dass es gelungen sei, zwei neue Gruppierungen auf die Beine zu stellen, die den Nachwuchs der Garden bilden sollen. Und so feierten die SSV-Minis ihre Premiere. Die Kleinsten im Verein legten mit ihrem Schautanz richtig los und das Publikum ging begeistert mit mit der „Raupe Nimmersatt“, die sich auf die Bühne schlängelte und als farbenfroher Schmetterling endete.
Der aufmunternde Applaus sollte sich durch die ganze Sitzung ziehen. Im Saal herrschte an diesem Abend beste Stimmung.
Waren die Minis noch neu auf der Bühne, sind die „Magic Kids“ dagegen schon fast „alte Hasen“ nach ihrem Auftritt im vergangenen Jahr. Ihr Piratentanz begann mit einem kleinen „Dolchgefecht“ und endete in einer tollen Hebefigur.
Apropos Hebefigur: Die hatten fast alle Orfler Gruppen irgendwie im Programm. Das ist ein Markenzeichen der Auftritte der Tanzgruppen, die das Publikum immer wieder neu überraschten. So wie die neu formierten „Fantastics“, die die Bühne bei heißen Temperaturen in eine kühle Skipiste verwandelten. Sie waren so überzeugend, dass das Publikum sie ohne Zugabe nicht von der Bühne lassen wollte. Um eine solche kamen auch die anderen Eigengewächse der Urpharer Narrenschaft nicht herum. Dazu gehörten die „Crazy Moves“, die mit ihrem Tanz „Holla die Waldfee“ den Saal zum Kochen brachten.
Die tolle Stimmung ließ auch nicht in der zweiten Programmhälfte nach, als das Damenballett seinen Tanz „Amazonen am Main“ aufführte und im Anschluss Marc Wiegand zum Jubiläum gratulierten. Er leitete die Orfler Prunksitzung zum zehnten Mal, was allseits Anerkennung fand. Zusammen mit Kerstin Mattern erzählte Wiegand die „Orfler Narren Geschichten“ – sowohl bildlich als auch textlich auf hohem Niveau. Dabei stand der Spaß im Vordergrund, etwa als es um den Urpharer ging, der nach einer durchzechten Nacht von Bettingen mit seinem E-Bike nach Hause fuhr und dabei den Haustürschlüssel verlor, oder um das beleuchtete Pissoir beim Feuerwehrfest. Das „Stille Örtchen“ kam so gut an, dass die Frauen für das Dorfjubiläum im nächsten Jahr eine ähnliche Aktion planen. Gleichberechtigung lässt grüßen. „Bleibt weiter unanständig, damit wir wieder neues Material bekommen“, forderte Mattern die Orfler auf, sich am Dorfleben zu beteiligen. Da passte es gut, dass Egon Schäfer als Postbote aus Lindelbach einen blauen Brief zustellen wollte. Er hatte die Lacher genauso auf seiner Seite wie Wolfgang Huskitsch aus Dorfprozelten. Mittlerweile ist er in den Elferrat der Fernsehsendung „Fastnacht in Franken“ aufgenommen worden, kommt aber jedes Jahr trotzdem gerne nach Orfel. Hier liebt er die familiäre Atmosphäre, erklärte der gegenüber der FN-Redaktion.
Huskitsch legte die Finger in die Wunde, als er dem Gendern grundsätzlich nichts Positives abgewinnen konnte. Der Sternzeichenwechsel von Wassermann zur Wasserfrau sorgt noch nicht für noch mehr Respekt für Frauen, so der Komödiant. Sein Streifzug in die Welt der Influencer ließ kein Auge trocken. Und als er sich dann noch outete, dass er als Kind gemobbt worden sei, weil er beim Fußball nie gewählt wurde, war kein Halten mehr im Saal. „Ich gebe wenigstens zu, dass ich nicht Fußball spielen kann“, sagte er noch in Richtung des Oberbürgermeisters, bevor er mit viel Beifall von der Bühne verabschiedet wurde.
Politisch wurde es bei den Auftritten von Markus Kiefel aus Eisingen und Rolf Herzl. Beide zeigten unabhängig voneinander die Schwachstellen in der deutschen Politik auf. An erster Stelle in Deutschland würden Paragrafen stehen und nicht die Menschlichkeit, meinte beispielsweise Kiefel. Sein Auftritt als Protestler führte schonungslos vor Augen, was schief läuft in diesem Land. Das schaffte auch Rolf Herzl, der mit seiner Figur „Gerd Nägele“ für Stimmung im Saal sorgte. Toll anzusehen war der Auftritt von Tanzmariechen Christina Späth von den Steiner Schlossgeistern. Sie hat noch immer Spaß am Solotanz und kommt gerne in die alte Heimat zurück.
Wie üblich gingen die Bergdohlen hart ins Gericht mit der Stadt Wertheim. Ihre Aussagen trafen mitten ins Herz der Dorfbevölkerung. Für einen fulminanten Abschluss des Programms sorgte das Männerballett, das die Geschichte von Christoph Kolumbus neu schrieb – jedenfalls tänzerisch. Das kam so gut an, dass die Zugabe-Rufe nicht enden wollten.
Doch irgendwann geht jede Prunksitzung einmal zu Ende, so auch in Orfel. Beim großen Finale traf man sich nochmals auf der Bühne, bevor noch lange in die Nacht hinein gefeiert wurde.
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