Gewitter mit Starkregen - Über 75 Liter pro Quadratmeter prasselten herunter / Viele Schäden zu beklagen / Hilfskräfte im Dauereinsatz

Unwetter sorgte in Wertheim für Überflutungen

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Wertheim. Ein Unwetter suchte Wertheim und seine Stadtteile Vockenrot, Wartberg, Reinhardshof und Bestenheid am Samstag heim. Zwischen 18.10 und 19.15 Uhr ging ein Gewitter mit Starkregen mit etwa 75 Litern Wasser pro Quadratmeter nieder. Die Kanalisation war nicht mehr in der Lage, das Niederschlagswasser aufzunehmen. Über die Klingen vom Waldgebiet oberhalb von Wertheim floss das Wasser sturzbachmäßig in Richtung Stadtgebiet Wertheim und Bestenheid. Wie hoch die entstandenen Schäden sind, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Regelrechte Fontänen

Mit zuckenden Blitzen und mächtigen Donnerschlägen hatte sich das Gewitter kurz vor 18 Uhr über Wertheim zusammengebraut. Und dann fing es an, wie aus Kübeln zu gießen und zu schütten. Diese Wassermengen konnte die Kanalisation einfach nicht mehr aufnehmen. Aus den Gullydeckeln und Abflüssen an den Straßen drückte das Wasser empor und bildete regelrechte Fontänen. Dabei wurde die Landesstraße 2310 zwischen Bestenheid und Wertheim überflutet und musste, wie auch die Odenwaldbrücke, bis gegen 24 Uhr gesperrt. An der Spessartbrücke kam ein Hang ins Rutschen, und die braunen Schlammmassen und Felsgeröll ergossen sich über die Straße und den Kreuzungsbereich.

Zur gleichen Zeit wurden in der Altstadt einige Straßen überflutet, und das Wasser drang in Keller ein. Auch die Tiefgarage an der Packhofstraße wurde überschwemmt. Sechs hier abgestellte Pkw standen bis zu 70 Zentimeter tief im Wasser, wie die Polizei berichtet. Unter Wasser stand auch die Tiefgarage am Hotel "Bronnbacher Hof". Hier konnten die eingestellten Fahrzeuge noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden.

Am Knackenberg rutschte ein Hang auf einer Länge von 30 Metern ab. Dadurch wurde die dortige Bahnlinie beeinträchtigt und die Straße Obere Leberklinge verschüttet. Die Bahnstrecke von Stadtprozelten bis Gamburg wurde wegen des Erdrutschs und der Unterhöhlung der Gleise sowie wegen umgestürzter Bäume gesperrt. Seit gestern ist die Strecke Miltenberg-Lauda der Westfrankenbahn zwischen Miltenberg und Tauberbischofsheim bis auf Weiteres gesperrt. Ursache sind umgestürzte Bäume im Gleis. Es werden Busse eingesetzt, so die Bahn.

Weitere Erdrutsche gab es in der Bismarckstraße, wo auch das Feuerwehrgebäude beeinträchtigt war. Zudem musste einigen Einwohnern in der Bismarckstraße geraten werden, ihre Wohnungen verlassen, weil die Gefahr bestand, dass weitere Geröllmassen vom Berghang herunterstürzen könnten.

Besonders hart hat es den Stadtteil Bestenheid getroffen. Hier konnte die sogenannte "Klinge" die enormen Wassermengen nicht mehr aufnehmen. Wie ein gewaltiger Sturzbach ergossen sich die Fluten, die Schlamm, Geröll und Äste mit sich führten, an der Comenius Realschule in Richtung Sporthalle 1 und 2. Geringer als zunächst erwartet waren die Spuren in der Sporthalle 1. Hier waren der Vorraum und der WC-Bereich betroffen. Allerdings wurde auch am Hallenboden Feuchtigkeit festgestellt. Wie stark die Sporthalle 2 betroffen ist, konnte gestern noch nicht gesagt werden, wie von der Stadtverwaltung erklärt wurde.

Schlamm machte sich breit

Von der Sporthalle 1 bahnten sich die Schlamm- und Wassermassen weiter in die Breslauer Straße und überfluteten hier den kompletten Garten und Keller des Hauses Nummer 7. Im gegenüberliegenden Haus Nummer 5 wurde die Garagentür eingedrückt, sodass das Auto nicht mehr in Sicherheit gebracht werden konnte. In der Reichenberger Straße und weiteren Straßen drang in zahlreiche hangseitig gebaute Häuser Wasser in die Kellerräume.

Glück im Unglück hatte die Comenius Realschule. Obwohl hier das Wasser fast 20 Zentimeter hoch stand, blieb die Schule trocken. Dagegen gab es im Berufsschulzentrum in Bestenheid Wasserschäden, unter anderem im Eingangsbereich der Turnhalle, in der Aula und in einem Anbau. Der Unterricht am BSZ am heutigen Montag fällt deshalb aus, wie Schulleier Dr. Norbert Stallkamp erklärte.

Überflutet war auch die Landesstraße 508 zwischen Vockenrot und Ortseingang Wertheim. Hier schossen die Wassermassen vom Reinhardshof und Wartberg in Richtung Wertheim. Zudem wurde von einigen Wegen am Hang der Asphalt und Geröll auf die Landesstraße geschwemmt, sodass erhebliche Gefahr für die Autofahrer bestand.

Keller liefen voll

Und auch im Stadtteil Vockenrot ergossen sich die Wassermassen über die Straßen. So war der Einmündungsbereich Nassiger/Sachsenhäuserstraße und Teile der Unteren Gasse überflutet mit erheblichen Schäden in Kellern, Garagen und einer Wohnung im Untergeschoss, wie Stadtteilbeiratsvorsitzender Gerhard Albrecht gestern mitteilte. Auch die Aussegnungshalle auf dem Friedhof musste komplett ausgeräumt und von den eingedrungenen Wasser- und Schlammmassen gereinigt und getrocknet werden. Teilweise wurden Grabstellen überflutet, Bepflanzungen verwüstet und Gehwegplatten zwischen den Gräbern mit Erdreich zugeschlämmt.

Das Unwetter sorgte für eine Dauerbelastung aller Hilfskräfte. Im Einsatz waren die Feuerwehr Wertheim mit 80 Mann und 15 Fahrzeugen, der Bauhof der Stadt, die Straßenmeisterei, DLRG mit 30 Mann und vier Fahrzeugen, Polizei sowie Vertreter der Stadtverwaltung Wertheim. Die Feuerwehr wurde zu über 70 Einsätzen gerufen und war bis 2 Uhr am Sonntag gefordert.

Eine offenbar während eines Gewitters umgestürzte Eiche hat am Samstagabend gleich zwei Unfälle bei Dorfprozelten verursacht. Ein Motorradfahrer konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und prallte gegen einen auf der Straße stehenden Seat. Außerdem lag der Baum quer auf den Zuggleisen und wurde kurz darauf von einem vorbeifahrenden Regionalzug zerteilt. Gegen 19.20 Uhr war eine 24-jährige Seat-Fahrerin auf der Staatsstraße 2315 zwischen Dorfprotzelten und Collenberg unterwegs. Ungefähr auf halber Höhe zwischen den Ortschaften war eine Eiche umgestürzt, deren Krone auf die Straße ragte.

Die Autofahrerin konnte ihren Wagen gerade noch rechtzeitig anhalten. Ein hinter ihr fahrender 53-jähriger Motorradfahrer aus dem Landkreis Miltenberg bremste, verlor die Kontrolle über sein Zweirad, stürzte auf die Straße und rutschte unter den Seat. Schwer verletzt brachte ihn ein Rettungshubschrauber in eine Klinik. Die junge Frau erlitt einen Schock. Nachdem der Stamm der etwa sieben Meter langen und zirka 55 Zentimeter dicken Eiche auf die Bahngleise gefallen war, wurde dieser von einem vorbeifahrenden Regionalzug durchtrennt. Der Zug hatte keine Passagiere an Bord. Auch der Fahrer blieb wohl unverletzt. Die Bundespolizei kümmerte sich um die Unfallaufnahme. ber/pol

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