Wertheim. Die Wertheimer Stadtwerke bauen derzeit ihren Marktanteil als Stromlieferant in der Main-Tauber-Stadt massiv aus. Versorgte das Unternehmen vor der Energiekrise wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine etwa 70 Prozent der Haushalte, sind es nun über 80 Prozent, wie Geschäftsführer Thomas Beier gegenüber den FN erläutert. Der Grund: Mit derzeit knapp 45 Cent brutto pro Kilowattstunde – der Grundpreis liegt je nach Tarif zwischen 113 und 141 Euro – gehören die Stadtwerke zu den günstigeren Anbietern auf dem Strommarkt.
In den vergangenen Wochen trudelten bei vielen Verbrauchern Briefe und E-Mails der Energieversorger ein. Inhalt: Preisinformationen für das kommende Jahr. So manch einer dürfte sich arg erschrocken haben – beispielsweise Kunden von Maingau (Obertshausen, Kreis Offenbach). Der bundesweit aktive Versorger erhöhte den Arbeitspreis für die Kilowattstunde fast um das Dreifache auf 71,4 Cent. Der jährliche Grundpreis beträgt bei Maingau knapp 84 Euro.
Nur lokale Kunden
Der rasante Preisanstieg auf den Energiemärkten treibt die Verbraucher in die Arme von Anbietern, die in den vergangenen Jahren nicht zu den günstigsten gehörten, aber dank einer eher vorsichtigen Einkaufspolitik die jüngsten Preisexplosionen für eine gewisse Zeit ausgleichen können. Zu diesen Anbietern gehören die Wertheimer Stadtwerke.
Doch nicht jeder, der möchte, kommt in den Genuss des Angebotes, denn (wie berichtet) akzeptiert das Versorgungsunternehmen derzeit nur Kunden aus dem eigenen Netzgebiet. Dazu gehören Wertheim, Freudenberg und Kreuzwertheim. Wer außerhalb dieser Gemeinden lebt, muss sich anderswo umschauen. Laut Thomas Beier hat es eine regelrechte Welle von Anfragen gegeben.
Die Stadtwerke können den Strom im Vergleich zu Konkurrenten derzeit günstiger anbieten, weil „wir den Strom mit drei Jahren Vorlauf einkaufen“, so Thomas Beier. „Wir teilen diese drei Jahre in gleiche Zeitabschnitte ein. Damit kaufen wir für jedes Lieferjahr ungefähr 20 unterschiedliche Tranchen. Dadurch bilden wir das Marktgefüge im Durchschnitt ab“, erläutert Beier.
Ungewisse Zukunft
Deswegen habe man in der Vergangenheit nicht zu den günstigeren Anbietern gehört. Im Moment zahle sich die Einkaufspolitik aber aus, was zu der verstärkten Nachfrage führt. Beiers Augenmerk richtet sich unterdessen auf die Zukunft, denn hier liegen die Risiken. Der Großhandelspreis für Strom lag vor dem Ukraine-Krieg bei 50 bis 60 Euro pro Megawattstunde.
„In diesem Jahr lag der Spitzenpreis bei 1200 Euro“, schildert Beier die dramtische Entwicklung und rechnet vor: „Das ist der zwanzigfache Betrag.“ Zwar sei der Preis mittlerweile wieder auf einen Korridor zwischen 300 und 400 Euro gesunken, befinde sich damit aber immer noch weit über dem Niveau zu normalen Zeiten.
Diese Preissprünge werden die Stadtwerke irgendwann in ihrem Angebot abbilden müssen. Anders formuliert: Die Tarife für das Jahr 2025 werden die extrem hohen Einkaufskosten in diesem Jahr berücksichtigen müssen und auch jene von 2023, über deren Höhe heute niemand eine Aussage treffen kann.
Bleiben Kunden treu?
Die Bundesregierung möchte die ausufernden Kosten mit Hilfe von Preisbremsen eindämmen (siehe Hintergrund). Beier räumt ein, dass dieses Instrument in der Kürze der Zeit „extrem schwierig umzusetzen“ ist. Man werde aber alles daran setzen, die Pläne zu realisieren, wenn es soweit kommt.
Ob die Stadtwerke auf Dauer den nun erreichten hohen Marktanteil auch nach einer Beruhigung der Lage halten können? Es könne sein, dass nach einer Normalisierung wieder Billiganbieter auftauchen, die dann den Strom kurzfristig günstig einkaufen und weitergeben.
Beier hofft natürlich auf die Loyalität der wiedergewonnenen Kunden: „Ob sie uns tatsächlich treu bleiben, wenn wir nicht mehr zu den günstigen Anbietern gehören, kann ich nicht abschätzen“.
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