Meisterkonzert im Schlösschen

Streicher-Duo brillierte mit Klassik und Tango

Joel Blido und Nikita Geller überzeugten mit hochklassigem Programm. Erlös ist für das Grafschaftsmuseum bestimmt

Von 
Carsten Klomp
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Das Streicher-Duo Nikita Geller (links) und Joel Blido brillierte beim Meisterkonzert im Wertheimer Hofgartenschlösschen. © Carsten Klomp

Hofgarten. Wenn man als Kritiker irgendwann den Stift beiseitelegt, ist das entweder ein sehr schlechtes Zeichen – warum, muss hier nicht weiter ausgeführt werden – oder ein sehr gutes, weil man auch einfach mal gerne zuhört und nicht viel zu kritisieren findet. So geschehen am Sonntag beim Meisterkonzert im Hofgartenschlösschen, in dem unter dem Titel „Classic meets Tango“ die beiden Musiker Nikita Geller (Violine) und Joel Blido (Violoncello) gastierten.

Seit ihrem ersten gemeinsamen Semester an der Weimarer Musikhochschule bilden die beiden ein festes Duo und sind auch heute, gut zehn Jahre später und in zwei verschiedenen Orchestern tätig, immer mal wieder mit gemeinsamen Programmen unterwegs.

Anspruchsvolles Programm für Streicher und Publikum

Joel Blido ist seit etlichen Jahren ohnehin ein gerngesehener Gast im Wertheimer Konzertleben, zuletzt war er vor einem Monat in der Stiftskirche zu hören. Aber auch Nikita Geller gastierte nicht zum ersten (und sicher nicht zum letzten) Mal bei den Wertheimer Schlösschen-Konzerten.

Die beiden hatten ein hoch anspruchsvolles Programm mitgebracht. Anspruchsvoll für die beiden Protagonisten, aber durchaus auch für das zahlreich erschienene Publikum. Denn eine Streicher-Duo-Besetzung wirft Musiker wie Hörer auf den Kern der musikalischen Aussage zurück.

Auch wenn die Kompositionen für diese kleinste kammermusikalische Besetzung von zwei Streichern mit zahlreichen Doppelgriff-Passagen aufwarten, so gibt es eben naturgemäß auch lange Abschnitte, in denen eben „nur“ zwei oder gar eine einzelne Stimme zu hören ist. In diesen Passagen fehlt also die Harmonik, die sich die Zuhörer selbst hinzudenken oder aus den gespielten Tönen extrapolieren muss.

Zwei Klassiker des Streicherduos Violine/Violoncello standen in der ersten Hälfte des Abends, der von der Alfred-Prassek-Stiftung gefördert wurde und dessen Eintrittsgelder dem Wertheimer Grafschaftsmuseum zugutekamen, auf dem Programm. Zunächst spielten Geller und Blido sieben der acht Sätze aus Reinhold Glières Suite „Huit Morceaus“, Musik die sich irgendwo zwischen Impressionismus und russisch nationaler Schule bewegt.

Glière schafft es, über weite Strecken vergessen zu machen, dass man nur zwei Instrumente hört. Schafft das eine Instrument harmonische Grundstrukturen, bewegt sich das andere in weitschweifigen Harmonien oder virtuosen Passagen. Dabei ist es mal das Cello, mal die Violine, die die eine oder die andere Aufgabe übernehmen. Musikalische Vielfalt (und Herausforderung) auf kleinstem Raum.

Maurice Ravels Sonate für Violine und Violoncello, ein Standardwerk für diese Besetzung, folgte. Wobei der Begriff „Standardwerk“ voraussetzt, dass die beiden musikalischen Protagonisten überhaupt in der Lage sind, den teilweise heftigen instrumentalen und musikalischen Anforderungen der vier in den 1920er Jahren entstandenen Sätze gerecht zu werden.

Aufs Feinste aufeinander eingespielt

Das allerdings kann man Geller und Blido zweifelsfrei attestieren. Dynamisch und agogisch aufs Feinste aufeinander eingespielt und gleichzeitig absolut souverän meisterten sie eben diese Anforderungen.

Nach der Pause standen zunächst Bearbeitungen des Tango-Altmeisters Carlos Gardel auf dem Programm, denen fünf Tangos seines späteren musikalischen Erben Astor Piazzolla folgten. Während Gardel noch recht eindimensionale Tangos mit überschaubarer harmonischer Komplexität und klarer Aufteilung in Melodie und Begleitung schrieb, schuf Piazolla die Gattung des Konzert-Tangos. So entstanden Werke, die den Geist des Tangos atmen, aber nicht mehr oder nur noch teilweise tanzbar sind, dafür aber musikalisch deutlich mehr zu bieten haben.

Den Schlusspunkt des Konzerts setzten die beiden Musiker mit Johan Halvorsens Bearbeitung eines Werkes von Händel. Warum Halvorsen das Stück als Passiacaglia bezeichnet, ist etwas rätselhaft, ist doch eine Passacaglia zwingend im Dreiertakt und auch das Händelsche Original (dieser bezeichnet es als „Variation on a Ground“) ist keine Passacaglia.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Duo Geller/Blido einen rasanten, virtuosen und mitreißenden Ritt hinlegte, der das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss, mit dem es sich zwei Zugaben erklatschte.

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