Höhefeld. Um „potenzielle Windkraftvorranggebiete in Höhefeld“ ging es in der Bürgerversammlung am Mittwochabend in der Mehrzweckhalle. Moderiert wurde diese von Dr. Christoph Ewen vom Forum Energiedialog.
Einleitend stellten die Vertreter Stadt Wertheim wie bereits in Nassig (wir berichteten) Verfahren, Suchräume des Regionalverbands und Kriterien der Stadt Wertheim zur Ausweisung von Windvorranggebieten vor.
Stadtbaumeister Armin Dattler erklärte, dass unter Berücksichtigung der von der Großen Kreisstadt festgelegten Vorgaben 5,1 Prozent der Gemarkungsfläche für regional bedeutsame Windkraftanlagen genutzt werden könnten – inklusive der bereits rechtskräftigen Gebiete wie etwa in Höhefeld. Dort stehen bisher 14 Anlagen. Der Regionalverband habe in Anlehnung an die bestehende Windkraftfläche bei Höhefeld einen größeren Suchraum definiert. Die Stadt spreche sich jedoch dafür aus, die bisherige Fläche nicht weiter zu vergrößern. Begründet wurde dies hauptsächlich mit den Abständen zu Wohngebieten (1250 Meter) und zur Vorrangfläche Dertingen. Zu den Aussiedlerhöfen habe man einen Abstand von 780 Meter angenommen, da diese als Mischgebiet gelten. Weil sich die verschiedenen Abstandsflächen überschnitten, bleibe kaum etwas für eine Vergrößerung der Fläche übrig.
Hoher Energiebedarf
Thomas Beier, Geschäftsführer der Stadtwerke Wertheim, verwies auf Nachfrage zur Bedeutung der Windkraft für das Klimaschutzkonzept der Stadt Wertheim auf den hohen Energiebedarf von Bewohnern und Industrie der Großen Kreisstadt (300 Gigawattstunden pro Jahr (GWh)). Für eine klimaneutrale Kommune brauche man die regenerativen Energien. 30 Windkraftanlagen der neusten Generationen könnten bis zu 400 GWh Strom erzeugen. Wertheim habe zudem einen Bedarf von etwa 400 GWh Wärme aus Erdgas, das durch „grünen“ Wasserstoff ersetzt werden soll. „Windkraftanlagen dieser Anzahl sind ein Schritt in die Richtung Unabhängigkeit, aber keine komplette Lösung“. Zuhörer stellten fest, dass der Stromverbrauch auch durch E-Mobilität weiter steigen werde. Dies bestätigte Beier.
Kontrovers diskutierten die Teilnehmenden der Versammlung, zu den auch Mitglieder der Strategiegruppe Windkraft gehörten, über die Windkraftanlagen in Waldgebieten und dabei vor allem über die bis zu 15 möglichen Anlagen im Schenkenwald. Es hätte nichts mit Klimaschutz zu tun, viele Bäume für ein Windrad zu fällen, hieß es. Eine Nassigerin sagte, der Schenkenwald sei ein noch relativ geschlossenes Ökosystem. Neben den Anlagen selbst würden auch Wegebau und Kabelverlegung Eingriffe bedeuten. Außerdem sah sie eine gestiegene Waldbrandgefahr durch mögliche Brände der Anlagen. Weitere Redner verwiesen auf die CO2-Speicherung von Bäumen und deren Bedeutung für frische Luft. Durch breite Wege könnten sich diese nicht mehr gegenseitig schützen. Die Bodenverdichtung unter anderem durch die Wege vermindere die Versickerung. Mehrfach wurde vorgeschlagen, die Anlagen lieber in die offene Landschaft als in den Wald zu stellen. Außerdem sollte wieder mehr ans Stromsparen denken.
Dattler erklärte, durch die maximale Zahl an Windkraftanlagen würden im Wald bei Dörlesberg (sieben Anlagen) 3,5 von 446 Hektar dauerhaft gerodet. In Schenkenwald bei Nassig wären es bei 15 Anlagen 7,5 von 1950 Hektar. Hinzu kommen die Flächen für die Baumaßnahme, die aber wieder aufgeforstet werde. Der Waldschutz werde in den einzelnen Genehmigungsverfahren für eine Windkraftanlage berücksichtigt. Zudem müsse als Ausgleichsmaßnahme für die Anlagen mindestens gleich viel, oft auch mehr Wald an anderer Stelle aufgeforstet werden.
Tarek Nasser, für den Naturschutzbund Mitglied der Strategiegruppe Windkraft, meinte, bei einem Abstand von 1250 Metern zu Siedlungsflächen kaum noch Freiflächenpotenzial für Windkraftanlagen gebe. Wolle man wirklich keine Anlagen im Wald, müsse man den Abstand zu Siedlungen auf zirka 800 Meter verkleinern.
Ein Kembacher verwies auf die bayrischen Nachbargemeinden und fragte, inwiefern man diese bei der Abstandsplanung berücksichtige. Dattler sagte, die Abstimmung der Gebiete erfolge zentral über die Planungsverbände von Baden-Württemberg und Bayern.
Auf die Frage zur Ableitung des Stroms aus den Anlagen erklärte Beier, es müsse ein Ausbau des 110-kV-Netz durch die jeweiligen Netzbetreiber erfolgen. Zudem liefen gerade Machbarkeitsstudien der Stadtwerke zur Wasserstoffproduktion mit Abwärmegewinnung aus den Elektrolyseuren.
Region soll profitieren
Thomas Kraft betonte, es solle möglichst viel Wertschöpfung in der Region bleiben. Es sei wichtig, dass die „kleinen Grundstücksbesitzer nicht von den Investoren über den Tisch gezogen werden.“ Sie bräuchten Hilfe bei der Organisation und Schutz ihrer Rechte.
Beier berichtete vom Dertinger Modell, bei dem sich über 70 Flächeneigentümer im Vorranggebiet zu einer GbR zusammenschlossen und gemeinsam mit Investoren verhandelt haben.
Diskutiert wurde auch über das mögliche Repowering im Windpark bei Höhefeld. Dabei sollen die bisherig 14 kleineren Anlagen gegen etwa sechs größere ausgetauscht werden. Der Stadtbaumeister erläuterte, die Stadt und Höhefeld würden zu dem Projekt zwar gehört. Ihr Einfluss auf die Genehmigungsentscheidung sei aber gering, da es im Gebiet bereits Genehmigungen für Windkraft gibt. Die Stadt habe keine öffentlich-rechtlichen und planungsrechtlichen Möglichkeiten. Es handle sich um private Verträge. Nach Aussage der Beteiligten seien die Projektierer Statkraft und Juwi auf gutem Weg, das Projekt voranzubringen.
Gefragt wurde von Bürgern, ob die Gefahr einer Vergrößerung des Windparks in Höhefeld bestehe, wenn der Regionalverband Heilbronn-Franken das Flächenziel von 1,8 Prozent nicht erreiche. Eine solche Entscheidung wäre möglich, so Dattler: „Daher sind wir gut beraten, ein schlüssiges Konzept abzuliefern.“
Redner verwiesen darauf, dass die Windkraftanlagen bei Höhefeld trotz Wind öfter stehen würden. Liege das an mangelnder Netzkapazität oder Stromabnahme, wurde gefragt. Thomas Beier erklärte, solche Abschaltungen aus Netzgründen gebe es hautsächlich in Norddeutschland. „Wir haben in 20 Jahren, in denen die Anlagen in Höhefeld bestehen, diese wegen Netzüberlastung noch nie abgeschaltet, sie standen aus anderen Gründen.“
Dietenhaner berichteten, man nehme die Geräusche der drehenden Rotoren im Windpark Höhefeld in der Ortschaft deutlich wahr. Gefragt wurde außerdem, ob nicht viele kleine Anlagen effektiver wären als wenige große mit Narbenhöhen von 200 Metern. Beier und Dattler antworteten, die Energieausbeute sei bei den größeren Anlagen deutlich besser.
Wiederverwertung
Nach der Frage dazu, was im Repoweringfall mit den alten, noch funktionierenden Windkraftanlagen passiert, erklärte Dr. Christoph Ewen, dass sich 96 Prozent der Anlagenteile wiederverwerten ließen. Nur die Glasfaser aus den Flügeln würde als Zusatzbrennstoff bei der Zementproduktion verbrannt. Noch funktionierende Windräder würden teilweise auch in anderen Ländern wieder aufgestellt. Das Ökoinstituts habe auf Basis einer Studie des Bundesumweltamts erklärt, dass durch ein Windrad bereits in sechs Betriebsmonaten die Menge an CO2-eingespart werde, die bei seiner Produktion anfalle.
Bürger äußerten den Wunsch nach möglichst ressourcensparenden und wiederverwendbaren Fundament-Teilen für neue Anlagen. Höhefelds Ortsvorsteher Christian Stemmler stellte abschließend fest, die Bevölkerung sollte durch die Gewinne aus der Windkraft entlastet werden, ohne selbst in diese investieren zu müssen.
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