Gelebte Tradition

Schützen sind mit Wertheimer Michaelismesse eng verbunden

Mit Lukas Zoller vom Schützenvereins Nassig wurde erstmals ein Jugendlicher Stadtschützenkönig.

Von 
Birger-Daniel Grein
Lesedauer: 
Die Wertheimer Schützengesellschaft ist eng mit der Michaelismesse verbunden. Entsprechend haben ihre Mitglieder auch in diesem Jahr wieder am Festumzug teilgenommen. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Die Wertheimer Schützen und die Michaelismesse sind vom Beginn des Volksfests an eng miteinander verbunden. Auch heute noch ist dies spürbar. So wurden nun am ersten Festsamstag traditionell der Stadtschützenkönig und seine beiden Ritter ausgezeichnet.

Die Wertheimer Michaelismesse geht auf eine Markturkunde aus dem Jahr 1822 zurück. Von der Schützengesellschaft Wertheim heißt es dazu: „Auf Veranlassung des Fürsten Georg zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg genehmigte am 5. August 1822 das damalige großherzoglich badische Ministerium des Innern in Karlsruhe die Errichtung eines Marktes.“ Damit sollten für immer die Tage verewigt werden, an denen 1820 Badens Großherzog Ludwig (1818 bis 1830) das hiesige bürgerliche Schützencorps bestätigte und dem großen St.-Michaelis-Frey- und Festschießen der Wertheimer Schützen persönlich beiwohnte.

In diesem Jahr wurde mit Lukas Zoller (16) vom Schützenverein Nassig erstmals ein Jugendlicher Stadtschützenkönig von Wertheim. Den Titel des (zweitplatzierten) Ersten Ritters sicherte sich Bernhard Schneider von der Schützengesellschaft Wertheim. Zweiter Ritter (Dritter) wurde mit dem neunjährigen Erik Schleßmann vom Schützenverein Nassig erstmals ein Jungschütze.

„Es ist eine besondere Leistung, dass so junge Schützen mit den erfahrenen erwachsenen Schützen mithalten können“, betonte Klaus Sadowski, Oberschützenmeister des Nassiger Vereins. Die jungen Schützen gehören zu rund 15 Kindern und Jugendlichen, die jeden Mittwoch im Schützenverein Nassig trainieren. „Diese haben alle Chancen, gegen erwachsene Schützen zu gewinnen“, so Sadowski. Er sah in ihnen Potenzial für künftige Olympiasieger.

Besonderen Dank sprach der Oberschützenmeister den Jugendtrainern Achim Geibel und Manuel Rösner aus. Ohne sie wäre solch ein Erfolg nicht möglich.

Kinder und Erwachsene gleich bewertet

Insgesamt traten dieses Jahr 45 Schützen, darunter vier Frauen, aus den Schützenvereinen im Gebiet der Stadt Wertheim beim Wettbewerb um den Titel des Stadtschützenkönigs an. Eine Altersgrenze für die Teilnahme gab es nicht. „Kinder und Erwachsene wurden gleich bewertet“, so Sadowski. Den Titel zu bekommen, sei eine große Ehre. Das schaffe man normalerweise nur einmal im Leben.

Neu war dieses Jahr die Altersstruktur der Teilnehmer. Sadowski: „Wir hatten bei uns in Nassig so viele Neumitglieder verschiedenster Altersgruppen, die mitmachten.“

Früher erfolgte das Schießen mit Kleinkaliberwaffen. In den vergangenen Jahrzehnten habe es bei der Thematik Stadtschützenkönig einen Strukturwandel gegeben, stellte Sadowski fest. Jungschützen von sechs bis elf Jahren schießen mit dem Lichtgewehr, ab zwölf Jahren werde ein Luftgewehr genutzt. Die Durchschlagskraft direkt an der Mündung liege bei nur 7,5 Joule. Geschossen werde auf eine Scheibe in zehn Metern Entfernung. „Die eingesetzten Gewehre sind reine Sportgeräte“, betonte der Oberschützenmeister.

Königskette wird immer länger und schwerer

Zum Wettbewerbsablauf erklärte Sadowski, geschossen werde in den jeweiligen Vereinen. Jeder Teilnehmer habe drei Schüsse. Die Auswertung erfolge dann über alle teilnehmenden Vereine hinweg. Dazu trafen sich deren Oberschützenmeister in Wertheim. Der Stadtschützenkönig erhält einen „Wanderpokal“ in Form einer Stadtschützenkette. Mit jedem Stadtschützenkönig kommt zu dieser eine echte silberne Plakette mit Name und Jahr des neuen Königs dazu. Irgendwann werde die Kette zu schwer, dann werde eine neue begonnen und die alten gut aufbewahrt, so Sadowski.

Zur Wertheimer Michaelismesse gehört auch, dass Vertreter der Schützenvereine beim Festumzug dabei sind. „Dieses Jahr waren es Wertheim, Nassig und Külsheim“, so Sadowski. Sonst sei noch Dörlesberg dabei gewesen und früher Grünenwört.

Eine Tradition gehört ebenso der Schießstand des Schützenvereins, den einst die Schützengesellschaft betrieb. 2023 übernahm der Schützenverein Nassig den Stand. Insgesamt sind dort im Laufe der Messe 52 Mitglieder des Vereins ehrenamtlich aktiv. „Alle Gewinne daraus fließen in die Jugendkasse.“ Die Erlöse des Stands haben in den vergangenen Jahren auch dazu beigetragen, den Schießstand in Nassig zu renovieren und die moderne, technisch aufwendige Lichtgewehranlage anzuschaffen. Dafür hat der Verein laut seinem Vorsitzenden rund 35.000 Euro investiert.

Sadowski betonte, der Schützensport vermittle den vorsichtigen Umgang mit den Sportwaffen und diszipliniertes Verhalten. Man brauche bei den Wettkämpfen sehr hohe Körperspannung, Fitness, eine ruhige Atmung und sehr gutes Stehvermögen. Schießsport fördere nachgewiesenermaßen die Konzentrationsfähigkeit. Mit Blick auf die Michaelismesse stellte er fest, Traditionen böten Orientierung und seien wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Freier Autor

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke