Wertheim. Unter dem Motto "Wir wollen erinnern, damit wir nicht vergessen" hat der Bürgerverein "Pro Wertheim" schon Mitte 2014 der Stadtverwaltung Wertheim einen Vorschlag unterbreitet, zum 70. Jahrestag der Befreiung Wertheims vom Nationalsozialismus, am 1. April 1945, eine nachhaltige Ehrung der beiden mutigen Retter der Stadt, Anton Dinkel und Heinrich Herz, durch die Vergabe eines Platznamens zu erreichen. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Wertheim schließt sich diesem Vorschlag uneingeschränkt an und wird in diesem Ansinnen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt, wie es in einem Antrag steht, den der SPD-Fraktionsvorsitzende Patrick Schönig gestern an Oberbürgermeister Stefan Mikulicz übermittelte.
Kritisches Erinnern, in dem auch 70 Jahre nach dem Zusammenbruch mutige Persönlichkeiten der letzten Stunden die längst verdiente Anerkennung erhalten, muss als dauerhafter Bestandteil politischer Kultur betrachtet werden.
"Wir müssen der Neigung, Erinnerungsdebatten "zum Abschluss zu bringen, entgegenwirken. Ein Staat, eine Kommune, die Erinnerung negiert, gefährdet die eigene politische Legitimität, kulturelle Vielfalt und das historisch-demokratische Selbstverständnis", heißt es weiter in dem Antrag.
Die Plakette im Burghof als ausreichende Erinnerung darzustellen, zeugt von mangelndem Vorstellungsvermögen, welches Lebensrisiko Anton Dinkel und Heinrich Herz mit dem Hissen der weißen Kapitulationsfahne auf dem Bergfried ausgesetzt waren.
Die amerikanischen Truppen, am 31. März noch in blutige Kämpfe in Nassig verwickelt, stehen mit schweren Geschützen in Höhe der Vockenroter Steige, bereit die Altstadt bei Nichtaufgabe zu bombardieren. Gegen den Willen des letzten nationalsozialistischen Bürgermeisters, der den Befehl hatte, die Stadt zu verteidigen, ergreifen Dinkel und Herz die Initiative, retten letztendlich die historische Altstadt vor der Zerstörung und bewahren sicherlich viele Menschen vor dem Tod.
Bedenkt man, dass in jenen letzten Kriegswochen sogenannte "fliegende Standgerichte" durch das Fronthinterland zogen, um meist auf der Stelle ihre Opfer zu exekutieren - Beispiele in Mainfranken und Hohenlohe gibt es zuhauf - kann das in Wertheim Geschehene nur als Sternstunde für Menschen und Stadt bezeichnet werden.
Mühselig waren in der Vergangenheit die Bemühungen im Gemeinderat, diesem Ereignis Rechnung zu tragen. 1965 scheiterte der damalige Bürgermeister Karl Josef Scheuermann mit einem Antrag zur Ehrung von Dinkel und Herz im Gemeinderat. Erst 2005, auf eine Privatinitiative hin, wurde die längst überfällige Anerkennung in Form einer Erinnerungstafel im Inneren der Wertheimer Burg vollzogen. Oberbürgermeister Stefan Mikulicz bezeichnete damals die posthume Ehrung als "das Mindeste, was man heute tun könne".
Aus Sicht der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sollte sich der Gemeinderat der Stadt Wertheim dazu entscheiden, über dieses "Mindeste" hinaus zu gehen. Ziel sollte es sein, einen Gedenk- und Informationsort für zivilcouragiertes Verhalten zu schaffen, zur Erinnerung an die dunkelste Zeit deutscher Geschichte.
Im Bereich der Mauer neben dem Hirschtor sollen zudem zwei Informationstafeln (ähnlich Neuplatz) angebracht werden, die vom Projektinitiator, dem Bürgerverein Pro Wertheim, finanziert werden können.
Antrag für einen Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat der Stadt Wertheim beschließt 1) Die Benennung der Schlossgassenausbuchtung am Hirschtor in "Dinkel-Herz-Platz". 2) Die dortige Anbringung von mehreren Informationstafeln, welche die Ereignisse in Nassig vom 30./31. März 1945 sowie die Ereignisse in Wertheim vom 1. April 1945 ausführlich darstellen, welche vom Projektinitiator, dem Bürgerverein Pro Wertheim, finanziert werden.
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