Urphar. Das Posaunenquartett "Opus 4" faszinierte und begeisterte am Sonntagabend bei der 101. Urpharer Abendmusik die Zuhörer in der voll besetzen Jakobskirche. "Festliche Bläsermusik zum neuen Jahr" hatte Ensemble-Manager Jörg Richter zum Jahresauftakt für das Urpharer Publikum zusammengestellt.
Das Quartett präsentierte Posaunenmusik auf höchstem Niveau in selten gehörter Vielfalt, Präzision und Schönheit. Pfarrer Moritz Martiny wünschte den Zuhörern schon zu Beginn des Konzerts immer wieder solche Momente, gerade in dem Bewusstsein, dass das neue Jahr sicher nicht immer so weitergehen werde.
Jörg Richter (Alt- und Tenorposaune) und Dirk Lehmann (Tenorposaune), Soloposaunisten des Leipziger Gewandhausorchesters, sind Gründungsmitglieder des seit 1994 bestehenden Ensembles. Stephan Meiner (Tenorposaune) und Hans-Martin Schlegel (Bassposaune) wirken in vielfältiger Weise als Pädagogen und Solisten freiberuflich.
Das "Gloria" von Claudio Monteverdi (1567 bis 1643) und "Meine Seele erhebt den Herrn" von Heinrich Schütz (1582 bis 1672) waren für die frühe Barockzeit typische Kompositionen - ursprünglich für vierstimmigen Chor geschrieben. Ganz weit zurück, ins 15. Jahrhundert, ging man mit Josquin des Pres "In te Domine speravi" ("Auf dich, Herr, hoffe ich"). Hierzu spielte man auf Nachbauten von engmensurierten Barockposaunen in Alt-, Tenor- und Basslage, die sich von modernen Instrumenten durch ihren schlanken, dezenten Klang unterscheiden. Taktwechsel und Echostellen kennzeichneten die 400 Jahre alte Musik sowie die Textbezogenheit, die man an manchen Stellen nicht nur spüren, sondern manchmal unmittelbar hören konnte.
Auch bei drei Original-Chorsätzen Anton Bruckners mit der Überschrift "Ave Maria" wurde sehr textbezogen musiziert, so dass man das feierliche Schluss-Amen deutlich verstehen und innerlich mitsingen konnte. Die "Antiphon" wirkte durch den Wechsel zwischen "Vorsänger" (Dirk Lehmann an der Tenorposaune) und dem vierstimmigen Tutti-Satz als "Gemeinde" besonders innig.
Ein Höhepunkt - für ein sächsisches Quartett allerdings auch ein unabdingbares "Muss" - ist mindestens ein Werk von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750). Jörg Richter hatte die Bearbeitung der Kantate "Lobet den Herrn, alle Heiden" herausgesucht. Höchste Anforderungen an Atemtechnik und Treffsicherheit stellten die ununterbrochen schnellen Läufe, die ausgesetzten Höhen und die fugierten Einsätze. Extrem saubere Schlussakkorde rundeten auch dieses Werk in gewohnter klarer Klangfülle ab.
In einer Bearbeitung für vier Posaunen erklang jazzig-fetzig, mit Glissandi und Flatterzunge, "Alexanders Ragtime-Band" von Irving Berlin (1888 bis 1989). Nach dem Gershwin-Medley "A Portrait", das berühmte Musicalmelodien im Vier-Posaunen-Bigband-Sound vorstellte, begann eine ausführliche Runde eindrucksvoller Zugaben. Das Ensemble "Opus 4", dem man bis zum Schluss keinerlei Konditionsschwächen anmerkte, kam insgesamt vier Mal in den Chorraum zurück.
Nach fetzigen Effektstücken gab es noch einen großen Höhepunkt und würdigen Abschluss des hochkarätigen Konzerterlebnisses: der vierstimmige Choral "Es ist genug" aus der Kantate "O Ewigkeit, du Donnerwort" von Johann Sebastian Bach. Den feierlich zelebrierten, bewegenden Klängen und dem warmen, herrlich stimmigen Schlussakkord folgte eine sekundenlange, andächtige Stille, bevor begeisterter Applaus den Dank des Publikums noch einmal zusammenfasste. Nach dem Segen durch Pfarrer Martiny verließen die Zuhörer, deutlich beeindruckt vom genussvollen Hörerlebnis, die ehrwürdige, über 1000 Jahre alte Wehrkirche. rl
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