Pop-a-capella-Comedy - „Die Feisten“ begeisterten im Convenartis-Keller / Unglückliche Konkurrenz zu „StadtErlebnis“

Parodien auf den deutschen Alltag

Von 
Jasmin Mohr
Lesedauer: 
Mathias Zeh (links) und Rainer Schacht begeistern als „Die Feisten“ mit ganz speziellen Texten und diversen „Klangkörpern“. © Jasmin Mohr

Mit dem Auftritt der „Feisten“ hat Convenartis einmal mehr einen Höhepunkt der Kleinkunst in Wertheim geschaffen.

Wertheim. Ganz locker beginnt der Abend als das Duo „Die Feisten“ sein Publikum in Wertheim begrüßt. Mit einem Song preisen die beiden Kabarettisten die Wunder ihres Berufes an. Dieses führe sie, Rainer (Rainer Schacht) und C (Mathias Zeh), an wunderbare Orte, welche sie wahrscheinlich sonst nie gesehen hätten. Der bisherige und absolute Höhepunkt sei nun Wertheim. Trotz der Erinnerung an eine schöne gemeinsame Zeit in Göttingen mache Wertheim der Stadt nun den ersten Rang streitig.

Eine Aufnahme ihres ersten TV-Auftritts beim MDR „Ein Kessel Buntes – die Fusion des west- und ostdeutschen Schlagers“, die gibt es nur im Darknet. Rainer schildert den damaligen Auftritt als Kulturschock. Die Überforderung durch die Vielzahl unbekannter Frisuren ließ sie nur noch die Flucht ergreifen.

Aus dieser Zeit stammen die dargebotenen Texte, wie „Junge, Junge“ und „Kriech nicht da rein“, Parodien auf den deutschen Alltag sowie die Originale „Der Junge mit der Mundharmonika“ und „Griechischer Wein“.

Dem Englisch-Lehrer, der sieben Sprachen (darunter aber nicht Pädagogik) spricht, dem senden sie einen Gruß mit dem Liebeskummer-Lied: „Unfortschnittly“, in dem Rainer und C eine Herzensdame auffordern: „Come with me with“.

Auch 2018 hat der Verein Convenartis, genau wie im letzten Jahr mit dem Auftritt des Trios TBC, am Wertheimer „StadtErlebnis“-Tag einen absoluten Höhepunkt der Kleinkunst auf der Bühne. So sind „Die Feisten“ Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2017 mit dem heuer dargebotenen Programm „Nussschüsselblues“. Der gleichnamige Song hat unzählige Klicks auf YouTube.

Dass der Termin wieder auf den Abend des „StadtErlebnis“ fiel, sei reiner Zufall. So sei es schade, dass aufgrund dieser starken Konkurrenz noch einige Plätze unverkauft blieben, so Lisa Schmidt, Verantwortliche des Abends und Stellvertreterin von Convenartis.

Wertheimer, welche den lauwarmen Abend geniessen, bestätigen diesen Eindruck. So spalten sich Gruppen und Familien, um entweder in die Fußgängerzone oder in die lange Mühlengasse abzubiegen. Internationale Unterhaltung konkurriert am Freitagabend mit feiner deutscher „Pop-a-Capella-Comedy“. Mit dieser ganz eigenen Stilrichtung gewann das Duo bereits euphorische Anhänger, als sie noch zu dritt waren und „Ganz Schön Feist“ hießen.

Von Anfang der 90er Jahre bis 2012 waren die Feisten ein Trio. Aktuell sind ihre Titel aus der Zeit, wie „Es ist gut, wenn du weißt was du willst“ immer noch.

Die zwei Comedians ziehen die Zuhörer genauso mit einer feinsinnigen feurig-rauchigen Atmosphäre in ihren Bann, wie zu dritt. Ihre Stimmeinlagen, hier überwiegt C.s Einsatz, harmonieren gekonnt mit der feinen Auswahl an kleinen internationalen Rhythmus-Instrumenten.

Musikalisches „Schmankerl“ ist die Gesichtsperformance der Beiden, wenn sie kurzerhand und ausgiebig mit Lippen, Wangen und anscheinend sogar mit Augen und Ohren Wohlklang erzeugen. Die manchmal fast schmerzhaften Anekdoten vom alltäglichen Leben werden durch diese besondere Musik heiter und erträglich.

Die idyllische Stille Wertheims finden C und Rainer übrigens im Publikum wieder. So würden die Besucher der Veranstaltung immer gleich wieder zu klatschen aufhören, wenn das Licht angeht. Doch erstaunlicherweise rufe gerade das Anti-Lied „Fussball WM“ bei den Wertheimern große Euphorie hervor.

Das Motto der Show beschreibt Rainer übrigens so: Es ginge viel darum, „So zu tun als wäre man der, der man glaubt, wer man ist.“ Wunderbar stellt dies Song „Innere Werte“ dar. Über deren Fehlen bei einem „Macho-Arsch“ beschwert sich nämlich die Douglas-Heftchen lesende und Backstreet-Boys hörende Mandy – am liebsten über ihr Handy.

Mathias Zeh und Rainer Schacht nennen sich selbst ZweiMannSongComedy. Sie beherrschen Mandoline, Sitar, Cajón, Ukulele, und vieles mehr.

Dieses Jahr touren die beiden mit mindestens drei aktuellen Programmen durch Deutschland. Dass sie ihre Arbeit mit Freude machen, merkt jeder Gast. Mit Minimalistik vermittelt das Duo nachdrücklich, dass ihm die Bedeutung seiner Kunst für die Zuhörer wichtig ist.

Freie Autorin Freie Mitarbeiterin (Fränkische Nachrichten, früher auch Wertheimer Zeitung) seit 1996, Redakteurin Magazin "Quappe" der grün-alternativen Hochschulgruppe Karlsruhe, div. wissenschaftliche Beiträge mit u.a. Konferenz-Vorträgen, aktuell Doktorandin, intensive Auslandserfahrung Asien und Afrika

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten