Wertheim. Nur noch schnell die Schuhe wechseln und schon kann es losgehen: Gerhard Maier setzt sich an die Klais-Orgel und fängt an zu spielen. An diesem Freitagabend ist er ganz allein in der Kirche Sankt Venantius. Maier probt ein modernes Stück. An einer Stelle wiederholt er die Tastenanschläge. So ganz zufrieden ist er mit dem Klang nicht.
Gerhard Maier ist seit Ostern der neue Organist der katholischen Kirchengemeinde Sankt Venantius und mit Leib und Seele Musiker. Als Ministrant erlebte er den Bau der Orgel in Sankt Venantius. „Ich wollte unbedingt wissen, wie das Instrument funktioniert, und wie man das spielt“, erinnert er sich. Sein Interesse war geweckt. Jahre später beendete er an der Musikhochschule Lübeck bei Professor Martin Haselböck sein Studium 1999 als Kirchenmusiker erfolgreich und arbeitete freiberuflich als Organist im Wertheimer Raum.
Seit Monaten begleitet Maier musikalisch alle Ereignisse in der Kirchengemeinde – ohne Unterstützung durch einen Chor. Denn der hatte sich aus Altersgründen 2021 nach fast 140-jährigem Bestehen aufgelöst.
Idee von Gemeindemitgliedern
Die Idee, wieder einen Chor zu gründen, kam direkt aus der Kirchengemeinde, von früheren Sängerinnen und wurde über Pfarrer Jürgen Banschbach an Maier herangetragen. Weil die Ausbildung zum Kirchenmusiker auch die eines Chorleiters beinhaltet, ist Maier dafür prädestiniert und vor allem gewillt, diese Funktion zu übernehmen.
Im Moment laufe die Gründung der Gesangsgemeinschaft noch als Pilotprojekt. Bisher haben erst einige Frauen ihr Kommen zugesagt. „Ob noch Männerstimmen dazukommen, wissen wir nicht, aber wir hoffen darauf“, sagt Maier.
Je nach Zuspruch hat er bereits unterschiedliche Pläne entwickelt. So gibt es ein zweistimmiges Konzept mit Alt- und Sopranstimme und ein Konzept für vier Stimmen inklusive Bass und Tenor.
Auch für Gerhard Maier wird die Arbeit als Chorleiter eine Premiere sein. Allerdings hat er in der Vergangenheit sehr häufig als Organist Chöre während einer Messe begleitet, beispielsweise im Kloster Rohr.
Keine leichte Aufgabe
Durch diese Erfahrung kennt der Musiker den Spagat, gleichzeitig Orgel zu spielen und einen Chor zu dirigieren – verlangt doch das Instrument den Einsatz von zwei Füßen und beiden Händen, aber die Sänger auch einen Dirigenten, der sie mit seinen Händen leitet. „Dann muss man eben mit einer Hand die Harmonie halbwegs passabel spielen“, sagt Maier und schmunzelt ein wenig. Der Musiker ist sich aber sehr sicher, dass es einfacher wird, diesen Spagat zu meistern, je eingespielter Sänger und Leiter sind.
„Wenn ein Chor da ist, der Messen aufführen kann, die Gemeinde gesanglich unterstützen kann, das ist für eine Kirchengemeinde eine kulturelle Bereicherung“, so der zukünftige Dirigent. Primäres Ziel sei es, den Gesang während des Gottesdienstes zu unterstützen.
Welche Stücke eingeübt werden, liegt auf der Hand. „Es werden zu Beginn zweistimmige Sätze sein, die zum Gotteslob komponiert worden sind“, sagt der Organist.
Dabei will er gemeinsam mit dem neuen Chor der Gemeinde Lieder vorstellen, „die nicht so geläufig sind. Und das kann man sehr gut, wenn man Stimmen hat, die es vorsingen.“
Das große Ziel wäre natürlich, wenn Männerstimmen dazugekommen sind und man einen vierstimmigen vollständigen Chor hat, dass man Messen, beispielsweise von Wolfgang Amadeus Mozart oder Antonín Dvorák aufführt. Letzteres ist zwar Maiers großer Traum, aber eine echte Herausforderung, denn die Partitur der großen Messe in h-Moll von Dvorák umfasst 60 DIN-A4-Seiten. Doch das ist absolute Zukunftsmusik. Noch befinde man sich ja erst in der Aufbauphase.
Kein Termindruck
Zu Beginn werden es weihnachtliche Lieder aus dem Gotteslob sein, wie das allseits beliebte „O du fröhliche“, die der Chor einstudieren wird. Geplant sind erste Auftritte bereits in der Weihnachtszeit, gibt Gerhard Maier zu. „Es ist aber überhaupt kein Termindruck da. Wir schauen jetzt erst einmal, was am kommenden Dienstagabend passiert. Denn dann soll es losgehen. Jeder, der Lust hat zu singen, kann kommen und mitmachen.
Man braucht keine Vorbildung“, ermutigt der Musiker. Mitzubringen sei lediglich die Freude am Singen und die Begeisterung für eher klassische Musik. „Es wird aber nicht altbacken werden“, versichert er. Mitglied der Kirchengemeinde müsse man auch nicht sein, um mitsingen zu können, ergänzt der Chorleiter. Und vielleicht findet sich ja während der Proben dann auch ein gängigerer Name für den Klangkörper. Denn bis jetzt trägt er den recht sperrigen Namen „Chor der katholischen Kirchengemeinde Wertheim“. Weil zur Kirchengemeinde neben Sankt Venantius auch Sankt Lioba im Hofgarten, Sankt Elisabeth in Bestenheid und Sankt Martin in Mondfeld gehören, habe man bewusst auf die Bezeichnung „Sankt Venantius“ im Namen verzichtet. Schließlich soll der Chor auch in Bestenheid oder Mondfeld Bestandteil der musikalischen Gestaltung etwa von Gottesdiensten werden.
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