Umweltschutz - Zweitklässler aus Nassig sammeln seit zwei Jahren regelmäßig Unrat in der Natur / „Aktion Saubere Landschaft“ trotz Pandemie in Bettingen

Nassiger Kinder sagen Vermüllung den Kampf an

Achtlos in die Natur geworfene Verpackungen, Plastikflaschen am Wegrand und Tüten im Gebüsch: Müll ist in vielen Orten ein Problem. Ehrenamtliche haben dem Unrat den Kampf angesagt.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Die beiden achtjährigen Umweltschützer Fenja Bystricky und Paulo Millan-Calvente aus Nassig sammeln jede Woche aus Eigeninitiative Müll in der Natur rund um ihr Dorf. © Birger-Daniel Grein

Nassig/Bettingen. „Uns ärgert es, dass die Leute Müll in die Landschaft werfen, da sich Tiere daran verletzen und daran sterben können“, erklären die beiden achtjährigen Nassiger Fenja Bystricky und Paulo Millan-Calvente. Außerdem könnte Müll irgendwann ins Meer geschwemmt werden und dort noch mehr Tieren schaden. Aus diesem Grund sammeln die beiden Zweitklässler aus eigenem Antrieb und mit großer Begeisterung Müll in der Natur.

Die Freunde kennen sich schon aus ihrer Kindergartenzeit in Nassig. „Ich wechselte dann in den Waldkindergarten nach Waldenhausen“, berichtet Paulo am Samstag während einer Sammelaktion der beiden. „Bei Waldspaziergängen im Kindergarten haben wir viel Müll gefunden und auch gesammelt.“ Er habe dann Fenja gefragt, ob sie mit ihm Müll in Nassig aufsammeln möchte. Sie war sofort dabei. Das war vor zwei Jahren. Seither sammeln die jungen Umweltschützer regelmäßig.

„Wir sind dazu normalerweise einmal in der Woche unterwegs, das war schon immer so.“ Nur im Winter machten sie eine Pause. Im Moment ist der Donnerstag ihr Sammeltag. Sie ziehen dann mit Handschuhen und Müllsack los. Ihre Strecke führt die Straße „Steingasse“ und den Weg des Bachs zwischen den beiden Nassiger Spielplätzen entlang. Auch die Spielplätze beziehen sie ein.

„Wir sind jedes Mal rund zweieinhalb Stunden unterwegs“, erklärte Fenja. „Man muss genau hinsehen, um allen Müll zu finden. Wir wollen schließlich jedes kleine Teil aufheben.“ Manchmal könne man ihn aber auch riechen. Bei einem Sammeltag pro Woche bleibt es nicht. „Immer wenn wir irgendwo Müll in der Natur sehen, heben wir ihn auf und entsorgen ihn richtig.“

In jeder Woche kämen am Sammeltag ein bis zwei volle 60 Liter Müllsäcke zusammen. „Dosen, Falschen aus Glas und Plastik, leere Kanister, Plastikteile, Styropor, Masken, Chips- und Kekstüten und Taschentücher“, zählen die beiden Beispiele auf. „Im Bach haben wir eine Medikamentenflasche gefunden“, sagt Paulo. Fenja erinnert sich an einen besonders ekligen Fund, den sie vor kurzem machten. „Am Bach beim Spielplatz haben wir volle Babywindeln gefunden.“

Ganzer Körpereinsatz gefragt

Bei der letzten Sammelaktion seien die Tüten sogar so voll gewesen, dass sich die Kinder abholen lassen mussten, da sie diese nicht mehr nach Hause tragen konnten. In der Garage werde der Müll dann sachgerecht getrennt. „Pfandflaschen geben wir ab, das gibt dann eine kleine Belohnung“, berichten die Kinder. „Das Einsammeln des Mülls macht uns Spaß, es ist unser Hobby“, sagt Fenja. In ihrer Freizeit machen die Umweltschützer zudem gerne Sport. Fitness ist auch beim Sammeln hilfreich, denn wenn sie Müll aus dem Bach oder Gestrüpp holen, ist ganzer Körpereinsatz gefragt.

„Das Sammeln heißt bei uns Teamarbeit“, bekunden Fenja und Paulo, bevor sie sich durch das Gestrüpp kämpfen, um auch den Müll im Bach einzusammeln. Sie haben sogar ein Stichwort, um anzuhalten: „Wenn jemand Müll sieht, sagt er eins und wir bleiben stehen und heben diesen auf.“ Eine Spaziergängerin, die die beiden am Samstag beim Sammeln sieht, spricht ihnen für ihren Einsatz ein großes Lob aus.

Auch in Bettingen sammelt sich viel Müll an. Daher haben sich Dorfbewohner an einer Corona-konformen „Aktion Saubere Landschaft“ beteiligt. © Birger-Daniel Grein

Die Bettinger startete wegen des vielen Mülls trotz Pandemie am Samstagvormittag eine „Aktion Saubere Landschaft“. Den jährlichen Rhythmus, den man seit langem im Dorf pflegt, habe man wegen der großen Umweltverschmutzung nicht unterbrechen können, so Ortsvorsteher Ralf Tschöp. Die Ortschaft beschäftigt eine Kraft auf 450 Euro Basis, die ganzjährig den Müll einsammelt. „Dennoch kamen bei der aktuellen Gemeinschaftsaktion über zwei Kubikmeter Müll zusammen.“

Gesammelt wurde infektionsschutzkonform weit verteilt in Haushaltsgruppen. Auch die Übergabe der Müllsäcke habe kontaktlos stattgefunden. Insgesamt wirkten am Samstag 22 Bettinger aus allen Generationen mit. „Am Freitag hatten zudem bereits die Vorschulkinder unserer Kindertagesstätte gesammelt“, freut sich Tschöp. Sie würden sich aktuell mit dem Thema Müll beschäftigen. „In erster Linie wurden Verpackungsmüll der Schnellrestaurants und Müll von Lkw-Fahrern gefunden“, berichtet Tschöp.

In Sichtweite der Mülleimer

Größere Unratteile waren dieses Mal nicht dabei, „aber auch diese finden wir im Verlauf des Jahres.“ Besonders viel Müll fand sich überall dort, wo die Autos fahren, aber auch an den Bänken am Main. „In Sichtweite der öffentlichen Mülleimer liegt dort der Müll auf dem Boden“, ärgert sich Tschöp. Die schiere Menge des Mülls in und um das Dorf sei erschreckend. Daher gaben alle ihr Bestes. „Schade fanden die Teilnehmer, dass es diesmal kein Zusammensein im Anschluss geben konnte.“ Entsorgt wird der gesammelte Müll in Bettingen durch den Wertheimer Bauhof und über den Müllcontainer im Dorf.

Fenja Bystricky und Paulo Millan-Calvente wünschen sich, dass sich mehr Leute ihrer Umweltschutzaktion anschließen. Sie hätten schon andere Kinder dazu motivieren wollen, „die hatten aber keine Lust.“ Von allen Generationen wünschen sich die Engagierten: „Lasst euren Müll nicht liegen, sondern sammelt auch den Müll von anderen ein. Würde jeder seinen Müll mitnehmen, würde nichts in der Natur bleiben.“ Dass dies im Moment leider nur ein Wunsch ist, zeigte das Ergebnis am Samstag. Obwohl sie erst am Donnerstag auf ihrer Stammstrecke sammelten, kam dort schon wieder eine ganze Tüte Unrat zusammen.

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