Lauda-Königshofen/Bronnbach. „Der Schauder musste schieben. Ich hoffe, das ist nicht das Einzige, was die Menschen von der Tour in Erinnerung behalten werden“, Landrat Christoph Schauder musste lachen, als er das sagte. Es war nach jahrelanger Pause seine zweite Tour auf einem E-Bike, „da kann man sich schon mal verschalten“, meinte er.
Rund 60 geladene Teilnehmer aus Verwaltung, Politik und Gesellschaft aus Schwäbisch Hall, Heilbronn, Hohenlohe und dem Main-Tauber-Kreis starteten am Samstagmorgen mit den Rädern in Lauda. Unter ihnen waren Bürgermeister, Kreistagsmitglieder, Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Dr. Rudolf Lutz von „pro Region“, der frühere Regierungspräsident und zukünftige Vorstandsvorsitzende der Würth-Stiftung, Johannes Schmalzl, sowie Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Mitglied des Landtags bis 2021, und seit 2020 Vorsitzende der Bürgerinitiative Pro Region Heilbronn-Franken. In dieser Funktion hatte sie auch die Einladung an die vielen Entscheidungsträger dieser Region für diese besondere Tour ausgesprochen.
Gemeinsame Vermarktung
Hintergrund des Treffens ist das Anliegen, den Tourismus, insbesondere den Fahrrad- und Wandertourismus, in der Region Heilbronn-Franken gemeinsam noch stärker zu vermarkten. Dafür soll ein Verband gegründet werden.
Auf der Strecke von Lauda-Königshofen bis ins Kloster Bronnbach fanden dann auch bereits die ersten Gespräche statt, und die Prominenz aus den Nachbarkreisen konnte sich einen Eindruck von der attraktiven Landschaft und dem Fünf-Sterne-Radweg „Liebliches Taubertal - Der Klassiker“ machen. Recht entspannt und vorzeitig am Ziel angekommen, wartete ein von der AOK Heilbronn-Franken unter Leitung von Liane Pöhlmann organisierter Erfrischungsstand auf die Radler, bevor es mit dem Gästeführer Kurt Lindner durch das Kloster ging.
Die handelnden Akteure im Landkreis auf diese Art näher zusammenzubringen sei eine hervorragende Idee, so Landrat Schauder. Im Main-Tauber-Kreis sei der Tourismus neben der klassischen Industrie der zweitwichtigste Wirtschaftsfaktor, der weiterentwickelt werden solle, insbesondere im Bereich des Rad- und und Wandertourismus. „Das Liebliche Taubertal ist seit vielen Jahren Mitglied des Tourismusverbands Franken. Das werden wir auch weiter pflegen. Aber wir werden uns in den nächsten Jahren stärker nach Baden-Württemberg hin öffnen.“ Einem neu zu gründenden Tourismusverband sagte er deshalb jede Unterstützung zu.
Friedlinde Gurr-Hirsch unterstrich in ihrer Rede, wie wichtig es sei, dass die Menschen in der Region noch mehr zusammenwachsen. Der vor 25 Jahren gegründete Verein „pro Region“ wolle dieses „Wir-Gefühl“ weiter stärken. Dazu solle in Zukunft ein gemeinsamer Tourismusverband beitragen.
Um die Bedeutung der Branche zu unterstreichen, zitierte sie aus dem Bericht des Wirtschaftsministeriums des Landes (siehe Infokasten), der zu dem Schluss kommt, dass der Tourismus in Baden-Württemberg zu wenig Beachtung fände, aber gleichzeitig stärkere Auswirkungen aufweise, als die Automobilindustrie. Gurr-Hirsch bezeichnete den Tourismus als Triebfeder der Region. Sie mahnte deshalb die Anwesenden, über Kreisgrenzen hinweg zu denken. Orientierungspunkte dabei sollen die Landschaftsstriche sein. Den geladenen Gastredner Andreas Braun bezeichnete sie als „den Tourismus-Papst in Baden-Württemberg“.
Braun ist Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg und skizzierte die Chancen, welche die Branche für die Region mit sich bringe. Urlaub in Deutschland ist wieder angesagt. Seiner Meinung nach habe Baden-Württemberg die besten Voraussetzungen vom deutlich sichtbaren Trend am meisten zu profitieren. In seinen Augen gehört der Radtourismus zu den Gewinnern der Pandemie. Neue Touren wie der Naturpark-Radweg im Schwarzwald tragen dieser Entwicklung Rechnung. Ziel der Tourismus GmbH sei es, dass in Zukunft noch mehr Routen durch den ADFC zertifiziert werden. Braun mahnte an, dass man ständig in die Qualität der touristischen Angebote investieren müsse, „auch und gerade in Zeiten knapper Kassen“. Unter Leitung der GmbH wurde ein Produktmarkenbeirat „Radtourismus“ eingerichtet, der diesen Teil der Branche weiterentwickeln soll.
Region hat wichtige Rolle inne
Im radtouristischen Angebot spiele insbesondere die Region Heilbronn-Franken eine enorm wichtige Rolle. Man sei bestens auf die Wünsche der Radreisenden eingestellt und biete ein weites Netz an zahlreichen Touren, flankiert von Servicestationen. Der Fünf-Sterne-Radweg „Liebliches Taubertal“ habe dabei eine Vorreiterrolle inne. Aktuell sei man dabei, die gesamte Region vom ADFC als Qualitätsregion zertifizieren zu lassen. Auch Braun forderte die Anwesenden auf, das Kirchturmdenken abzulegen. „Dem Reisenden ist es völlig egal, in welchem Landkreis er sich befindet. Das einzige was zählt – das Angebot muss gut sein und kommuniziert werden“.
Aus diesem Grund will „pro Region“ eine gemeinsam touristische Plattform schaffen. Einig war man sich an diesem Tag, dass dieses Vorhaben nicht an der Namensfindung scheitern solle.
Info: Mehr Bilder zur Radtour sind unter www.fnweb.de in einer Fotostecke zu finden.
Tourismus als Wirtschaftsfaktor
Eine Studie von „Destination Brand 21“ ergab, dass sich 40 Prozent der Deutschen derzeit für einen Urlaub auf dem Land interessieren. Über 70 Prozent davon halten Baden-Württemberg für diese Urlaubsart geeignet und es liegt auf Platz eins in der Untersuchung.
Der von Friedlinde Gurr-Hirsch zitierte Bericht des Wirtschaftministeriums stellte fest, dass rund 400 000 Menschen in Baden-Württemberg im Bereich Tourismus und Gastronomie arbeiten(mehr als in der Automobilwirtschaft). Die Wertschöpfung der Tourismusbranche im Land liege bei zwölf Milliarden Euro.
Nimmt man die erteilten Bauaufträge der Branche und den Umsatz der Touristen dazu komme ein Umsatz von 26 Milliarden Euro durch die Branche zusammen. hei
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-main-tauber-kreis-erste-wehen-eines-neuen-verbands-_arid,1953531.html