Kinderbetreuung

Kita-Sparpläne in Wertheim vertagt: CDU bezweifelt Prognosen

Der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen verschiebt die Entscheidung über Kita-Bedarfsplanung. Geplante Kürzungen bei Gruppen und Personal stehen in der Kritik.

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Gerd Weimer
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Die Kita-Bedarfsplanung sieht Anpassungen vor, die laut Stadtverwaltung wegen geringerer Kinderzahlen erforderlich sind. © picture alliance/dpa

Wertheim. Eigentlich sollte der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen am Montag eine Vorentscheidung über die Bedarfsplanung für Kindertagesstätten treffen. Doch daraus wurde nichts, denn das Gremium entschied mit großer Mehrheit, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen und später weiterzubehandeln. Bis dahin soll ein Fragenkatalog des CDU-Fraktionschefs Axel Wältz von der Stadtverwaltung beantwortet werden.

Die Stadtverwaltung prognostiziert erstmals seit Jahrzehnten eine Trendumkehr: „Die Kinderzahlen gehen stark zurück“, sagte der zuständige Referatsleiter Uwe Schlör-Kempf. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez ergänzte: „Wir müssen auf die aktuelle Entwicklung reagieren.“

Dabei geht es um die Schließung von Gruppen und offenbar auch um den Abbau von Stellen bei den Betreuungskräften. In der Sitzungsvorlage ist dazu keine Zahl genannt. Im CDU-Fragenkatalog ist von rund 15 Stellen die Rede, die „in den kommenden Jahren“ wegfallen könnten. Nach Informationen unserer Redaktion ist die Zahl etwas geringer.

Kinderzahlen sinken laut Stadtverwaltung signifikant

Uwe Schlör-Kempf unterstrich zunächst, dass die Planungsstrategie in Wertheim an Kriterien wie dem seit 2013 geltenden Rechtsanspruch, der Bevölkerungs- sowie der Bau- und Wohnungsmarktentwicklung ausgerichtet werde. Die zentralen Zahlen, die eine Trendumkehr markieren, zeigten einen signifikanten Rückgang: Die Zahl der Kinder unter drei Jahren sinkt demnach von 396 im Kindergartenjahr 2023/24 auf voraussichtlich nur noch 310 im Jahr 2026/27.

Hintergrund: Fragenkatalog der CDU-Fraktion zur Kita-Bedarfsplanung

Datengrundlage des Bedarfs: Die CDU bezweifelt die Prognose sinkender Kinderzahlen ab 2027, welche den Personalabbau begründen soll. Es wird eine fundierte Erklärung gefordert, wie der Bedarf ermittelt wird und ob Zuzüge, Neubaugebiete sowie erhöhte Förderbedarfe berücksichtigt werden.

Widersprüche bei Krippenplätzen: Es wird hinterfragt, warum die Prognose für 1- bis 2-jährige Kinder für 2025/26 innerhalb eines Jahres von 125 auf 173 gestiegen ist. Angesichts dieser Diskrepanz wird die Notwendigkeit des Abbaus von Krippenplätzen infrage gestellt.

Gefahr für die Betreuungsqualität: Die Fraktion warnt, dass ein Personalabbau angesichts stabiler Kinderzahlen und bereits ausfallender Betreuungsstunden nur schwer umkehrbar wäre. Dies betrifft insbesondere die Standorte Hofgarten und Wartberg.

Hohe Zuschusssteigerung und Transparenz: Die CDU verlangt eine Erklärung für die Steigerung des Zuschusses an kirchliche Träger um nahezu 30 Prozent (rund 1,7 Millionen Euro) von 2024 auf 2025. Es wird um Klarheit über die Zahlungsströme und eine vertiefte Rechnungsprüfung gebeten.

Folgen für das Personal: Da von rund 15 einzusparenden Erzieherstellen die Rede ist, wird nach der Existenz eines Sozialplans und der konkreten Zahl der von Arbeitsplatzverlust betroffenen Mitarbeiter gefragt. Zudem soll die Haltung der Elternbeiräte und des Personals zu den Kürzungen dargelegt werden.

Forderung nach Unterlagen: Die CDU bittet um schriftliche Beantwortung aller Fragen und um Einsicht in die Betriebskostenvereinbarungen sowie die detaillierten Bedarfsberechnungen vor einer möglichen Beschlussfassung.

Zudem beantragte die CDU-Fraktion eine „übersichtliche Darstellung des baulichen Zustands aller Kindertagesstätten“, damit Gemeinderat und Stadtverwaltung einen „Prioritätenplan für Investitionen“ erarbeiten können. wei

Die Gesamtanzahl der Kinder im Alter von eins bis sechs Jahren reduziert sich im selben Zeitraum von 872 auf geschätzte 717. Diese Entwicklung mache eine Reduzierung der Gruppenanzahl und der genehmigten Plätze erforderlich, um das Angebot dem tatsächlichen Bedarf anzupassen und eine wirtschaftliche Betriebsführung zu gewährleisten.

Laut Schlör-Kempf wären von den Maßnahmen im nächsten Jahr die Einrichtungen auf dem Wartberg und dem Reinhardshof, in Eichel-Hofgarten, Dertingen, Mondfeld, Sachsenhausen und Urphar betroffen. Im Jahr darauf würde es nach Informationen unserer Zeitung zusätzliche Kitas (Sonderriet, Grünenwört, katholischer Kindergärten Bestenheid und Wertheim) treffen.

Die notwendigen Schritte zur Steuerung der Betreuungslandschaft wurden laut Schlör in einem „gemeinsamen Konzept“ erarbeitet, das die Stadtverwaltung in Abstimmung mit den kirchlichen Trägern entwickelt hat. Für die katholische Kirche nahmen Barbara Seitz, stellvertretende Leiterin der Verrechnungsstelle, und Pfarreiökonom Rene Rocher in der Sitzung Stellung. Sie bestätigten, dass Maßnahmen zur Anpassung notwendig seien. Zudem verwiesen sie auf die wachsende finanzielle Belastung der kirchlichen Träger.

Kirchliche Träger warnen vor finanzieller Schieflage

Die stetig steigenden Personal- und Sachkosten würden die Zuweisungen des Erzbistums Freiburg deutlich übersteigen, was zu einer zunehmenden finanziellen Schieflage führe. Ziel sei es daher, die Trägerlandschaft durch die bedarfsgerechte Planung zu stabilisieren, um auch weiterhin die Qualität der frühkindlichen Bildung in Wertheim gewährleisten zu können.

Uwe Schlör-Kempf unterstrich das oberste Planungsziel der Stadt: die Garantie des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Dabei soll das bewährte Prinzip der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung nach dem Grundsatz „kurze Beine – kurze Wege“ auch künftig gesichert bleiben.

Das Konzept wurde Ende September bei einer nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung Mitgliedern des Gemeinderats sowie der Ortschafts- und Stadtteilbeiräte vorgestellt. Jetzt tauchten bei der Ausschusssitzung Fragen und Bedenken auf.

Fraktionen fordern stabilere Planungsgrundlagen

Manfred Busch (Freie Bürger) unterstrich die Notwendigkeit, das Thema genauer unter die Lupe zu nehmen. Man könne nicht von Jahr zu Jahr eine Million Euro zusätzlich für die Kinderbetreuung aufbringen: „Das ist nicht darstellbar.“

Axel Wältz (CDU) bezweifelte hingegen die prognostizierten, rückläufigen Kinderzahlen. Er verwies auf Daten des Statistischen Landesamts, die auch in der Präsentation zur Sitzung enthalten waren. Geburtenentwicklung unter Berücksichtigung der Zu- und Abwanderung bewegt sich demnach bis 2040 auf fast stabilem Niveau. Auch das Kultusministerium habe in einer Antwort auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Wolfgang Reinhart im Juli erklärt, dass die Statistiker von stabilen Geburtenzahlen in den nächsten zwei Jahrzehnten ausgingen. Mit einem nachlassenden Personalbedarf sei „eher nicht zu rechnen“, hieß es aus Stuttgart.

Wältz warnte vor „Schnellschüssen“ und verwies auf den Fragenkatalog der CDU-Fraktion (siehe Hintergrund), der zunächst beantwortet werden sollte. Anwesende Erzieherinnen quittierten die Ausführungen mit spontanem Applaus. Katharina Saur (Grüne) sagte, das Thema sei „tatsächlich noch nicht ausdiskutiert“. In dem anstehenden Umstrukturierungsprozess müsse die Verlässlichkeit des Systems im Vordergrund stehen.

Sorge um Qualität und Folgekosten an Schulen

Mirco Göbel (SPD) hob hervor, dass bei der Bedarfsplanung die Qualität der Kinderbetreuung höchste Priorität genieße. Wenn es Einsparungspotenzial aufgrund zurückgehender Nachfrage gebe, sei es „verantwortungsvolles Handeln“, darauf zu reagieren. Jessica Stang (Bürgerliste) warnte davor, die Zahl der Betreuungskräfte zu reduzieren. Manche Kinder müssten wegen ihres hohen pädagogischen Bedarfs doppelt gerechnet werden. Geringere Qualität in der Kita-Arbeit verursache Folgekosten an den Schulen.

Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez versicherte, die Stadtverwaltung habe „mindestens ein genauso großes Interesse“ wie die Gremiumsmitglieder an der Betreuungsqualität. Man halte nicht nur ein absolutes Minimum an Plätzen vor, sondern stelle mehr als gesetzlich erforderlich zur Verfügung. Andererseits gebe es den Auftrag des Gemeinderats an die Stadtverwaltung, den Kostenanstieg der Kita-Betreuung um 200.000 Euro abzufedern.

Der Oberbürgermeister unterbrach die Sitzung, um mit den Vertretern der Fraktionen über das weitere Vorgehen zu sprechen. Mit den Stimmen der CDU, Freie Bürger und Bürgerliste fand schließlich der Antrag von Manfred Busch, den Punkt zu vertagen, eine deutliche Mehrheit.

Redaktion Reporter Wertheim

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