Naturschutz

Kembach: Mehr Sicherheit für wandernde Feuersalamander

Mit einem neuen Amphibienschutzzaun wollen Naturschützer Feuersalamander im Wertheimer Teilort Kembach vor dem Straßentod retten – und sammeln gleichzeitig Daten zur Population.

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Katharina Buchholz
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Der Feuersalamander ist wegen seiner auffälligen Färbung gut zu erkennen. Naturschützer des Wertheimer Ortsvereins des BUND setzen sich für den Schutz des Lurchs in Kembach ein. © picture alliance / Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Kembach/Main-Tauber-Kreis. Für den kleinen Feuersalamander, der überfahren auf dem Asphalt liegt, kommt jede Hilfe zu spät. „Den hat es am Dienstag erwischt“, bedauern Stephanie Kümpers und Martina Habig. Die Naturschützerinnen stehen auf einem Seitenzweig der Höhefelder Straße, die zum Sportplatz des Wertheimer Teilorts Kembach führt. Gemeinsam mit Wolfram Spott und Kasper Vormann bauen die beiden Frauen an diesem Nachmittag im Randstreifen der schmalen Straße einen Schutzzaun für Amphibien auf.

Das jüngst überfahrene Tier bestätigt Kümpers darin, dass die Aktion, welche die Freiwilligen des Bunds für Umwelt und Naturschutz (Bund) Wertheim in diesem Jahr erstmals angehen, notwendig ist. Die Urpharer Vorsitzende der Ortsgruppe war im Frühjahr zufällig auf das Vorkommen des Schwanzlurchs in Kembach aufmerksam geworden. „Bei einer Radtour in der Osterzeit sind mir auf dem Radweg Richtung Neubrunn zehn große Feuersalamander aufgefallen. Leider waren sie alle überfahren worden“, erinnert sie sich. Die meist landwirtschaftlich oder als Radweg genutzte Straße liegt zwar abgelegen am Ortsrand, trotzdem ist sie zeitweise stark frequentiert - etwa wenn ein Fußballspiel stattfindet oder das Gelände oder die Halle abends für Veranstaltungen genutzt werden. Im Frühjahr und im Herbst geraten die Tiere dann häufig unter die Räder der Autos.

Hautpilz bedroht den Feuersalamander - Tierfunde melden

  • Wer in Baden-Württemberg einen Feuersalamander entdeckt und den Fund mit einem Foto dokumentieren hat, kann diesen auf der Homepage der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) oder per „Meine Umwelt“-App melden. Auf der Homepage der Behörde steht dafür ein Meldeformular bereit. Um Verwechslungen mit anderen Arten auszuschließen, sind Fotos der Tiere notwendig. Gemeldet werden können sowohl lebende als auch überfahrende Tiere.
  • Sofern das gefundene Tier krank wirkt oder ein Totfund Auffälligkeiten aufweist, sollte der Feuersalamander an die zuständige Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt oder alternativ per E-Mail an arten-melden@lubw.bwl.de gemeldet werden.
  • Hintergrund ist, die Verbreitung einer für die Lurche tödliche Pilzerkrankung einzudämmen. „Zeigen sich auffällige Hautläsionen, sollten möglichst hochaufgelöste Nahaufnahmen der Tiere beziehungsweise verdächtiger Hautstellen gemacht werden, um mögliche Hinweise auf die Hautkrankheit zu erhalten. Eine möglichst genaue Angabe des Fundortes sichert die gezielte Nachsuche“, heißt es in den Hinweisen der LUBW.
  • Der Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans (kurz Bsal) , der erst 2013 erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde, stammt ursprünglich aus Asien und befällt Schwanzlurche wie den Feuersalamander und Molche. Aufgrund des typischen Hautausschlags wird er auch Salamanderfresserpilz oder Salamanderpest genannt. Die Erkrankung kann ein Massensterben der Lurche verursachen.
  • Für den Main-Tauber-Kreis liegen laut Markus Moll, Sprecher des Landratsamts, noch keine Meldungen zu Bsal vor.
  • Hygienemaßnahmen können helfen, die Ausbreitung des Pilzes zu verhindern: Laut LUBW sollten Spaziergänger Feuersalamander nicht anfassen oder einsammeln. Schuhe sollten im Anschluss an den Spaziergang gründlich gereinigt und durchgetrocknet werden.
  • Feuersalamandersichtungen können per E-Mail (bund.wertheim@bund.net) auch bei der Ortsgruppe Wertheim des BUND gemeldet werden. kabu

Zaun für Feuersalamander muss zweimal pro Jahr installiert werden

Für Biologin Kümpers stand schnell fest, dass hier Handlungsbedarf besteht. Kümpers recherchierte, sprach mit der Stadtverwaltung Wertheim und zwei Kembacher Nabu-Mitgliedern, die bisher Hinweisschilder aufgestellt hatten. So entstand die Idee, einen Schutzzaun zu errichten. Anders als für Kröten und Frösche muss dieser für Feuersalamander jedoch zweimal pro Jahr installiert werden - im Frühjahr zur Paarungszeit und im Herbst zur Wanderung in die Winterquartiere.

Sobald die Temperaturen etwa ab März über acht Grad steigen, erwachen die Amphibien im Frühjahr aus ihrer Winterstarre und kriechen aus ihren Verstecken. Nach der Paarung wandern die schwangeren Weibchen dann zu Gewässern, um dort bis zu 30 lebende Larven ins Wasser abzusetzen. Diese verbringen zwischen eineinhalb und vier Monate im Wasser, bevor sie nach ihrer Metamorphose zum Lurch an Land gehen. Sobald die Tage im September schließlich kürzer und kälter werden, beginnen die Feuersalamander, sich in Richtung ihrer frostsicheren Winterquartiere zurückzuziehen.

Stadtverwaltung Wertheim stellt das Material für den Zaunbau

„Für uns ist das in diesem Jahr Learning by doing“, räumt Stephanie Kümpers ein, während sie mit einem Spaten das Loch für einen der Sammeleimer im Randstreifen aushebt. Martina Habig hat zuvor mit einem manuellen Erdbohrer vorgearbeitet, den sich die Gruppe von der Stadtverwaltung ausgeliehen hat. Auch das Material des Zauns stellt die Kommune zur Verfügung. Die Erde, die Kümpers aus dem Loch befördert, ist schwer und steinig. „Da kommt man ganz schön ins Schwitzen“, sagt sie und platziert einen Blumentopf im Loch. „Er wird mit Moos und Gras ausgepolstert, da die Salamander stets Feuchtigkeit benötigen“, erklärt Kümpers. Ihr Mann Wolfram Spott mäht einige Meter entfernt mit einer Motorsense das Gras, damit die Plastikfolie des Zauns später gut aufliegt. Kasper Vormann schlägt mit einem Fäustel die metallenen Zaunpfosten in regelmäßigen Abständen in die Erde.

Bereits drei Nachmittage arbeitet die Gruppe in wechselnder Besetzung am rund 300 Meter langen Zaun. Mindestens drei weitere Arbeitseinsätze werden nötig sein, um die letzten Arbeiten abzuschließen, schätzt Kümpers. Zusätzlich müssen die Sammeleimer nun jeden Morgen kontrolliert und die gefangenen Tiere auf die andere Straßenseite gebracht werden. Den täglichen Dienst teilen rund 15 aktive Mitglieder der BUND-Gruppe untereinander auf. Unterstützt werden sie von ihren beiden Nabu-Kollegen aus Kembach. Gleichzeitig werden die Naturschützer die gesammelten Tiere zählen: einerseits um abzuschätzen, ob der Aufwand in Zukunft gerechtfertigt ist, andererseits um einen Eindruck über die Größe der Population zu gewinnen.

Wolfram Spott, Stephanie Kümpers und Martina Habig spannen die Folie des Amphibienzauns ein. Die Mitglieder der Ortsgruppe Wertheim des BUND stellen in diesem Herbst erstmals einen Schutzwall für die wandernden Feuersalamander auf. © Katharina Buchholz

Optimaler Lebensraum für den Schwanzlurch

Der oberhalb der Straße gelegene ehemalige Steinbruch, in dem der heutige Fußballplatz errichtet wurde, bietet den Amphibien Lebensraum. „Es gibt hier viel Steinschotter, teilweise standen früher Trockenmauern. Dadurch ergeben sich Hohlräume, in die sich die Feuersalamander zurückziehen können. Im vorhandenen Gebüsch leben viele Kleinstlebewesen, zum Beispiel Schnecken, die die Lurche gerne fressen“, beschreibt Kümpers den Lebensraum. Außerdem fließt im Tal der Kembach - die Bedingungen für den Lurch sind optimal.

Für die Kembacher ist Salamandra salamandra, wie der Feuersalamander mit wissenschaftlichem Namen heißt, mit seinem auffälligen gelben Flecken- oder Streifenmuster und seiner stattlichen Größe von bis zu 20 Zentimetern deshalb ein alter Bekannter. Wenn es draußen dunkel und feuchtwarm ist, bekommen sie das scheue Tier regelmäßig in den Gärten und auf den Straßen zu Gesicht. Tagsüber versteckt es sich in Erdlöchern, in Totholz, in Laub oder unter Steinen und Moos.

Schutzzaun für Amphibien in Kembach: Kasper Vormann schlägt Metallpfähle in den Boden ein, an denen die Folienbahn befestigt wird. © Katharina Buchholz

Vorkommen im Taubertal bisher wenig dokumentiert

Das Vorkommen des Lurchs, der in Baden-Württemberg nach der Roten Liste als gefährdet eingestuft ist, ist in der Region des Taubertals bisher wenig dokumentiert. Eine im Internet einsehbare Karte der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) verzeichnet nur wenige Funde. Dort heißt es: „In Baden-Württemberg ist der Feuersalamander in allen Laub- und Laubmischwäldern mit kühlen Bächen flächig verbreitet. Jedoch finden sich auch einige Lücken in der Verbreitung. Im Oberrheintal, auf der Baar, im Taubergrund ist die Art nicht oder nur randlich zu finden.“

Das Umweltschutzamt des Landkreises geht dagegen von einem Vorkommen des Feuersalamanders im gesamten Main-Tauber-Kreis aus, wie Markus Moll, Sprecher des Landratsamts mitteilt. „Insbesondere im nördlichen Kreisgebiet, dort in den Wäldern im Buntsandstein. Einzelvorkommen gibt es im südlichen Landkreis“, sagt Moll. Die Beobachtung erfolge durch die örtlichen Nabu-Gruppen, die wiederum dem Umweltschutzamt berichten. Ein gezieltes Monitoring finde nicht statt.

„Wir wissen, dass es in Bronnbach, in Wertheim an der Leberklinge und in Kreuzwertheim ebenfalls Feuersalamander gibt“, nennt Kümpers Beispiele für die Verbreitung des Feuersalamanders in Wertheim und Umgebung. „Die Bevölkerung kann sich gerne bei uns melden und uns auf weitere Vorkommen hinweisen.“

Bis Ende Oktober soll der Zaun in Kembach stehen bleiben. Danach bauen die Mitglieder der BUND-Gruppe den Schutzwall wieder zurück. „Wir werden nicht alle retten können“, ist Stephanie Kümpers klar - trotzdem werden in Kembach in diesem Herbst sicher weniger Salamander unter die Räder kommen als bisher.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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