Wertheim. Im lichtarmen Dezember verschlossen die Altvorderen Türen und Fenster, um der unangenehmen Kälte und den potenziellen Winter-Unholden keinen Einlass zu gebieten. In der häuslichen Gemeinschaft brannten Kerzen und Dochtlampen, um in den dunklen Tagen den Raum zu erleuchten. Finsternis wurde früher besonders mit Unglück, Untergang und Tod verbunden. Heute dagegen sind viele Menschen in der Gemeinschaft, in Kirchen und Vereinen angesichts der unzähligen Krisen und Kriege dankbar für vielfältige Zeichen und Aktionen der Hilfe, der Hoffnung, der Kommunikation und der Aufhellung ihres Alltags. Nicht wenige Zeitgenossen sehnen sich nach Frieden, Freiheit und Trost in ihrem Leben. In jedem Advent wird dieses sehnsuchtsvolle Warten wieder neu zum Thema. Insbesondere mit Musik lässt sich ohne Frage die Sehnsucht nach einer hoffnungsvollen, lebendigen, gnadenreichen und froh machenden (Vor-)Weihnachtszeit wecken und sicherlich auch stillen.
Das war das Anliegen des festlichen, einstündigen Konzerts zur Adventseröffnung am Samstagabend mit dem Trompeter Rudolf Mahni und mit Carsten Klomp an der Orgel. Zur Aufführung kamen zwölf Musikstücke – unter anderem aus Barock, Romantik sowie der Neuzeit – und drei weitere Zugaben, die allesamt von den mehr als 100 Zuhörerinnen und Zuhörer mit reichlich Beifallbedacht wurden.
Wunderbare Möglichkeit zur Besinnung
Rudolf Mahnis ist seit 1977 erster Solotrompeter beim Philharmonischen Orchester der Stadt Freiburg und unterrichtet an der dortigen Musikhochschule. Sein Duo-Partner, Carsten Klomp war Professor für Orgel an der Heildelberger Hochschule für Kirchenmusik. Er ist seit Oktober Bezirkskantor an der Wertheimer Stiftskirche. Bekannte und unbekannte Melodien im gemeinsamen und einzelnen Orgel- und Bläserspiel boten eine wunderbare Möglichkeit, sich zu besser zu besinnen und um neue Kraft im Alltag schöpfen zu können.
„Advent und Weihnachten lassen auch 2024 kaum jemanden unberührt“ resümierte eine Seniorin, Mitte 70, nach dem klangvollen Konzert beim gemeinsamen Punschtrinken und Austausch im Kirchenraum. Das paulinische Motto „Freuet euch und dankt für alles“ falle ihr wie anderen Menschen zwar gegenwärtig angesichts der globalen Krisen-Situation schwer. Doch man fühle sich „von Gott getragen und behütet, vor allem jetzt in stürmischen Zeiten bei uns und anderswo“, erklärte sie. „Lichter, Gesänge und Musik sowie weitere meditative Ideen helfen, sinnvolle Reflexionen anzustellen und zur Ruhe zu kommen“, betonte ein junger Konzertbesucher.
Zu den bekanntesten Adventsliedern und Gesängen gehören: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, „Tochter Zion“ und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ sowie „Wir sagen euch an, den lieben Advent“ – das auch von Bezirkskantor Carsten Klomp wunderbar improvisiert dargeboten wurde.
Klänge mit starker, effektvoller Wirkung
Klanglich höchst effektvoll gestalteten der Trompeter und sein Duo-Partner die zwölf Musikstücke. Die Konzertgäste erlebten immer wieder neue Klang-Kompositionen und Kombinationen.
Zu hören waren eine Toccata von Giambattista Martini, ein dreifaches Concerto-Stück von Johann Gottfried Walter sowie ein Choralvorspiel von Johann Sebastian Bach aus: „Nun komm der Heiden Heiland“. Leopold Mozarts Suite F-Dur gefiel mit „March“, “Aria” und “Polonaise”. Bezaubernde Werke von Gottfried August Homilius, Joseph Haydn, Alexandre Guilmant folgten. Christopher Tambling, Easthope Martin, Alfred Hollins und Luis J. A. Lefébure-Wély erzeugten besondere Klang-Effekte, ebenso wie die drei kleinen Choralvorspiele von Carsten Klomp, vor allem der improvisierte, fast auffordernde Beitrag „Kommt, sagt es allen weiter!“
Insgesamt waren es fulminante, aber auch sensibel-feine, zarte Hör-Erlebnisse mit unterschiedlichen rhythmischen Führungen, zum Teil als kürzere Solowerke, aber auch als überzeugend fantasievolle Registrierungen längerer Choräle mit stets wiederkehrenden, wohltuenden Wiederholungsmelodien und Leitmotiven.
Die gut besuchte Stiftskirche war bei diesen teils schwungvollen, teils zart-verhaltenen virtuosen Ventilen und Registern ein gigantischer Klangkörper mit sicherlich nachhaltiger Wirkung auf alle Gäste.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-in-wertheim-erholsame-atempause-fuer-die-seele-_arid,2266540.html