Wertheim. Die Menschen, denen man am Volkstrauertag gedenkt, „müssen uns stets eine Mahnung sein, sich für den Frieden einzusetzen“. Dies betonte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez bei der zentralen Gedenkfeier der Stadt Wertheim am Sonntagvormittag auf dem Bergfriedhof. Musikalisch umrahmt wurde diese vom Chor „Feelings“ sowie Schülern der städtischen Musikschule Wertheim.
Patrick Schönig begrüßte die Teilnehmer als Vertreter des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge. Diese sei ein humanitärer Verband für Erinnerungskultur und Friedensbildung, erklärte er. Dessen Credo laute: „Erinnern statt vergessen“. Man gedenke Opfer von Kriegen und Terror weltweit.
Zum Begriff Volkstrauertag sagte Schönig, das Volk sei eine Gemeinschaft, „wir alle“, Trauer ein seelischer Schmerz anlässlich Unglück und Leid. Trotz Trauer in der Gemeinschaft seien Schmerz und Leid häufig sehr individuell. Er erinnerte sich an die Erzählungen seiner Großeltern über deren Erlebten des Zweiten Weltkriegs. Während seine Großmutter darüber sprechen konnte, habe sein Großvater geschwiegen. Er sei mit seiner Erinnerung allein geblieben. „So individuell erleben Menschen weltweit Krieg.“ Schönig verwies beispielhaft auf kriegerische Handlungen in der Ukraine, dem Nahen Osten, Mali, Sudan und Syrien. Trotz der Individualität von Trauer gebe es eine gemeinsame Basis. Leid, Angst und Brutalität von Kriegssituationen machten sprach- und fassungslos. Sie wecke eine gemeinsame Verantwortung. Der Volkstrauertag sei auch eine Mahnung. „Friede ist fragil“. Wichtig sei, sich gemeinschaftlich für ihn einzusetzen. Jeder solle diese Verantwortung spüren. „Werden wir ihr gemeinschaftlich als Volk gerecht.“ Nie wieder Krieg, sei der Auftrag aller.
Der OB sagte, bei den Vorbereitungen für den Gedenktag überlege er stets auf Neue, ob man diesen noch brauche. Stets habe er sich die Frage mit einem klaren Ja geantwortet. Man erlebe heute Zeiten, von denen man gedacht habe, sie seien vorbei. Es würden Jahr für Jahr nicht weniger Konflikte und kriegerische Handlungen. Er erinnerte an den 9. November, unter anderem Gedenktag an die Reichspogromnacht 1938. „Diesen Tag verbrachten wir unter Eindruck des Terrorangriffs der Hamas auf Israel.“ Es sei der größte Mord an Juden seit dem Zweiten Weltkrieg, so Herrera Torrez, der auch an alle erinnerte, die von der Hamas entführt wurde.
Man erlebe in Demonstrationen mitten in Deutschland, wie unverhohlen antisemitische Parolen gerufen werden. „Jüdinnen und Juden werden auf offenere Straße angefeindet, bedroht und beschimpft“, zeigte er sich betroffen. „Ich hätte nicht gedacht, dass solche Szenen möglich sein werden.“ Man dürfte Antisemitismus niemals tolerieren, egal aus welcher Ecke er kommt, mahnte er.
Weiter rief der OB dazu auf, bei all dem Grauen dürfe man auch die Ukraine nicht aus den Augen verlieren. Trotz aller Unterstützungszusage drohe die Gefahr, dass Aggressor Putin Erfolg haben könnte. Herrera Torrez äußerte die Sorge vor der schwindenden Unterstützungsbereitschaft für die Ukraine und die Menschen, die von dort nach Deutschland kommen.
Jeder von uns habe den Auftrag gegen jede Form von Rassismus, Diktatur und Willkürherrschaft einzustehen, sowie für die dazu sein, die uns dringend brauchen. Abschließend betonte er aber auch, dass Geschichte Mut machen kann. So verwies er darauf, dass einstige Erbfeinde zu Freunden wurden. Er hoffte, dies werde irgendwann weltweit überall möglich sein.
Nach dem Totengedenken wurden an den Kriegerdenkmalen von Vertretern der Reservisten zwei Kränze niederlegt. Die THW-Jugend Wertheim verlas Zitate zum Thema Frieden. Schönig dankte allen Beteiligten, insbesondere den Sängern und Musikern. „Nur Kunst und Musik haben die Kraft, Frieden zu bringen.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-in-wertheim-eindringliche-mahnung-fuer-den-frieden-_arid,2148328.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html