Höhefeld. Gerhard Weber sitzt vor seinem Laptop. Auf dem Bildschirm läuft ein Film von einer Meisterschaft im Ballonfahren. Die Bilder beeindrucken, denn sie strahlen Leichtigkeit und Ruhe aus, die kaum zu übertreffen sind. Gern vergisst man dabei, dass es sich um einen hoch professionellen Sport handelt, der technisches Know-how und Können voraussetzt. Weber betreibt diesen Sport seit vielen Jahren, startete 1995 mit der Mannschaft im Begleitteam am Boden oder als Co-Pilot, legte im Jahr 2000 den Pilotenschein ab und ist seit 2011 selbst als Pilot mit seinem Team sowohl bei nationalen als auch internationalen Wettbewerben am Start. Viele Erfolge stellten sich ein, unter anderem ein erster Platz bei der „Montgolfiade“, der internationalen Meisterschaft der Ballonfahrer in Heldburg/Thüringen. In Höhefeld betreibt er seit 2013 mit einem Kompagnon, Adolf Kohl aus Eisingen, das Unternehmen AG Ballon. Dort hat er drei Ballone angemeldet, sodass er auch Interessierten eine Fahrt im Heißluftballon anbieten kann.
Ihm gegenüber sitzt an diesem Nachmittag Höhefelds Ortsvorsteher Christian Stemmler. Er kennt die Filme und weiß um die Erfolge von Gerhard Weber. Die beiden waren es auch, die während der Pflege von Grünflächen im Dorf im Gespräch die auf die Idee kamen, einen internationalen Ballonwettbewerb nach Höhefeld zu holen. „Ich habe immer Lust etwas Neues zu machen, und Lust große Events hier her zu holen“, sagt Stemmler. Erstmals haben die beiden vor fünf Jahren über solch einen Wettbewerb gesprochen. Seit Anfang des Jahres beschäftigen sich die Höhefelder deutlich intensiver mit dem Vorhaben. „Mir war recht schnell klar, allein können wir das nicht wuppen. Da braucht es schon ein ganzes Dorf“, sagt Stemmler. Und so holten Stemmler und Weber sowohl den Verein der Würzburger Ballonfahrer als auch den Baden-Württembergischen Luftsportverein und die Höhefelder Dorfgemeinschaft, in der alle Vereine integriert sind, mit ins Boot.
Aller Anfang war zäh
Wie Weber und Stemmler übereinstimmend feststellten, gestaltete sich der Anfang jedoch recht zäh, weil sich kaum jemand in Höhefeld etwas unter einem internationalen Ballonwettbewerb vorstellen konnte, inklusive des Ablaufs und des zughörigen Rahmenprogramms. Webers Vorschlag, zur Deutschen Meisterschaft zu fahren und sich einmal einen solchen einen Wettbewerb anzuschauen, stieß auf Zustimmung. „Ballonfahren ist professioneller Luftsport. Wer so einen Cup vorher noch nicht gesehen hat, weiß gar nicht, wie dieser abläuft“, so Stemmler. Gesagt, getan: Am Anfang August fuhr eine große Abordnung des Organisationsteams zur Deutschen Meisterschaft nach Burg Ebrach. Die imposanten Bilder von der Veranstaltung machten in Höhefeld die Runde. Als Weber dann auch noch mit seinem blitzeblauen Ballon recht tief über das Dorf fuhr, war auch der Letzte begeistert.
Ballonfahren ist Sport
- Das Ballonfahren ist eine echte Sportdisziplin. Aus diesem Grund wollten sich die Fahrer miteinander messen. 1962 traten in Minnesota (USA) zum ersten Mal Ballonpiloten gegeneinander an. 1973 wurde die erste Weltmeisterschaft und 1980 die erste Europameisterschaft ausgetragen.
- Der Wettkampf besteht aus mehreren Disziplinen , wie dem Fly In (FIN). Bei dieser Disziplin wird von der Wettkampfleitung eine Mindestentfernung festgelegt. Im Abstand dieser Entfernung sucht der Ballonpilot sich einen Startplatz, von dem er mit seinem Ballon aufsteigt und zu einer markierten Stelle fährt. Das Ziel ist es, einen Marker, ein farbiges Stück Stoff, der mit einem 70 Gramm schweren Säckchen beschwert wird, möglichst nahe an dieser Markierung abzuwerfen.
- Bei der Maximum Distance mit Zeitvorgabe (XDT) geht es für den Heißluftballonpiloten darum, in einer vorgegebenen Zeit eine möglichst große Distanz zu fahren. Der Startpunkt wird von der Wettkampfleitung vorgegeben. Gern wird diese Aufgabe bei schwachen Windgeschwindigkeiten gestellt, denn dann muss der Pilot eine schnellere Luftströmung finden, was große Erfahrung und Können voraussetzt und oft besonders schwierig ist.
- Bei der 3D Aufgabe (3DT) soll in einem festgelegten Wertungsgebiet eine möglichst große Strecke zurückgelegt werden. Hierbei wird nur die über Grund gefahrene Strecke gezählt und nicht das Auf- und Absteigen im Ballon.
- Die Montgolfiade ist benannt nach den Gebrüdern Montgolfier, den Erfindern des Heißluftballons und ist eine Großveranstaltung mit Heißluftballons.
- Mehr Informationen gibt es im Internet unter: https://www.ballonfahrt.org/ratgeber/ballonwettkaempfe/ und unter https://www.wuerzburger-ballonfahrer.de/ und https://htf-cup.de/.
Stattfinden wird der Wettbewerb rund um Höhefeld. Jeden Tag wird es zwei Wettfahrten geben, bei der die Ballonfahrer unterschiedliche Aufgaben erledigen müssen, die von der Wettbewerbsleitung vorher erarbeitet wurden und bewertet werden. Zur Wettbewerbsleitung gehört unter anderem Silvia Meinl, eine der erfahrensten deutschen Ballonfahrerinnen. Hauptquartier der Jury ist das Bürgerhaus. Dort werden von der Wettbewerbsleitung die Aufgaben an die Fahrer verteilt (Briefing). Je nach Aufgabenstellung startet der Teilnehmer entweder von einem vorgegebenen gemeinsamen Platz oder er kann seinen Startpunkt frei wählen. Die Fahrten finden sowohl frühmorgens als auch in den Abendstunden statt. Bis zu 30 Teams aus der ganzen Welt werden erwartet. Weber geht davon aus, dass darunter auch Starter aus den USA, Belgien und Australien sein werden. Die letzte Wertungsfahrt ist für Samstagabend vorgesehen.
Das Festgelände für die Zuschauer wird der Sportplatz auf dem Heuberg sein. Hier findet neben der Bewirtung der Gäste das Rahmenprogramm rund um das Thema „Ballonfahren“ statt. So werden unter anderem Modellballone aufgebaut sein, an denen den Gästen die Funktionsweise des Luftfahrzeugs erklärt wird. Interessant für alle Besucher dürfte sein, einmal in eine solche Ballonhülle zu gehen. Der optische Höhepunkt wird jedoch sicher das Ballonglühen am Samstagabend, 5. September, auf dem Sportplatz sein. Mehrere Ballone, die am Boden verankert sind, werden bei Dunkelheit nebeneinander stehen und zur Musik ihre Gasbrenner und damit auch den Ballon aufleuchten lassen. Diese bisher feststehenden Programmpunkte werden höchstwahrscheinlich noch um die eine oder andere Attraktion erweitert. Durchaus vorstellbar ist laut Stemmler auch eine Musikveranstaltung am Freitagabend. Ein eigens bedrucktes T-Shirt gibt es ab sofort über die eingerichtete Homepage (htf-cup.de). „Natürlich suchen wir noch Sponsoren und Werbepartner“, rührt Ortsvorsteher Christian Stemmler die Werbetrommel.
Eine Aufwertung für die Region
Die Eröffnung der Sportveranstaltung wird am Donnerstagabend im Bürgerhaus stattfinden. Die Sieger des Tauber-Franken-Cups werden am Sonntagvormittag auf dem Festgelände geehrt. Auch wenn es sich beim Cup um einen Freiluft-Wettbewerb handelt, gefahren wird auch unter schwierigen Bedingungen, erklärt Gerhard Weber.
Stolz sind die Höhefelder allemal, eine solche Veranstaltung ausrichten zu können. Denn eine Meisterschaft in der Art hat bisher weder im Main-Tauber-Kreis noch im Neckar-Odenwald-Kreis stattgefunden, versichert Weber. „Dieser Wettbewerb ist eine Aufwertung, nicht nur für Höhefeld, sondern für unsere Region“, meint der Ortsvorsteher. Gerhard Weber ergänzt: „Für uns Ballonfahrer ist es schön, die gesamte Community ins schöne Taubertal zu holen, denen die schöne Ecke in Deutschland zu zeigen.“
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