Jubilar - Ehemaliger Leiter des Staatsarchivs Wertheim, Professor Dr. Volker Rödel, feiert seinen 75. Geburtstag

Historiker noch immer an der Stadt interessiert

Von 
Nadine Schmid
Lesedauer: 

Wertheim/Karlsruhe. Fast jeder Wertheimer kennt den „Archivverbund Main-Tauber“ in Bronnbach. Doch wahrscheinlich wissen nur noch wenige Mitbürger, wer diesen Namen kreierte und den Umzug aus dem heutigen Rathaus in den ehemaligen Krankenbau des Klosters Bronnbach organisierte. Dies war Prof. Dr. Volker Rödel, der das Staatsarchiv Wertheim von 1988 bis 1997 leitete. Heute feiert der Historiker, Kunsthistoriker und Germanist in Karlsruhe seinen 75. Geburtstag. Noch jetzt als Pensionär interessiert er sich für Wertheim, denn dies sei für ihn ein „historisch interessanter Ort“.

Nach Referendariat in Karlsruhe und Tätigkeiten unter anderem in Speyer bewarb sich Rödel 1988 auf die Stelle des Archivleiters.

Dies sei zwar keine Beförderung zu seiner vorherigen Stelle gewesen, aber die Gelegenheit, ein Stadt- und Staatsarchiv umzusiedeln und mit dem Kreisarchiv zu verknüpfen, habe ihn gereizt, so der Jubilar. Später trug er diese kostensparende Idee, Archive verschiedener Träger zu kombinieren, in andere Städte und Kreise, zum Beispiel ins thüringische Meiningen.

Der eigentliche Umzug damals im Winter 1988/89 sei eine Strapaze gewesen, erinnert sich Rödel, vor allem auch für die jungen Archivarinnen, die ihn dabei unterstützten. Dies seien tüchtige Frauen gewesen. In den neuen Räumlichkeiten stellte sich ein weiteres Problem ein: Die Besucher blieben aus. „Ich weiß nicht, ob die uns erstmal schonen wollten.“ Doch eine Einladung in der Presse, das Archiv zu besuchen, brachte den Durchbruch und steigende Besucherzahlen. Zum Beispiel drei Oberstufenschüler, die nach einem Praktikum im Archivverbund selbst den Beruf des Archivars ergriffen, worauf Rödel heute noch stolz ist.

Zeit für die Wissenschaft

1997 wechselte Rödel nach Karlsruhe. Zwar habe er gerne in Wertheim gearbeitet, betont der Archivar, aber die Gelegenheit, das Generallandesarchiv zu leiten, habe ihn doch gereizt. In dieser Position blieb er bis zum Renteneintritt 2010. Auch von der badischen Metropole aus gab es immer wieder Berührungspunkte mit Wertheim.

Denn schließlich ist das Generallandesarchiv seit 1806 für den Wertheimer Bereich zuständig. Und seine Studenten, die er später an der Universität Heidelberg unterrichtete, führte er ebenfalls auf einer Exkursion in die Main-Tauber-Stadt.

Jetzt nach seiner Pensionierung hat er Zeit für die Wissenschaft. Er könne sich nun selbst interessante Themen aussuchen, beispielsweise recherchiere er gerade über den Weinberg Kallmuth in Homburg am Main. Eigentlich bedeute der Name nur „kahler Berg“. Interessant sei, dass auch hier jenseits des Limes romanische Begrifflichkeiten verwendet wurden.

„Wissenschaft heißt zu wissen, wenn man nichts mehr weiß“, verrät er das Geheimnis seiner Forschungstätigkeit. Er freue sich, dabei mit anderen zu kooperieren. Dies habe er schon in seiner Wertheimer Zeit getan, etwa mit seinen Mitarbeitern, dem Historischen Verein und Besuchern, die Informationen mitbrachten. Außerdem sei Wertheim gar nicht so abgelegen gewesen, wie man vielleicht meine. Per Fax habe er mit internationalen Archiven, beispielsweise mit Moskau, in Verbindung gestanden. 1994 wurde Rödel in die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg berufen, seit 1997 war er dort Vorstandsmitglied. So fand 2014 auf seine Anregung die Jahrestagung der Kommission an seiner alten Wirkungsstätte im Kloster Bronnbach statt.

Was aber war und ist jetzt für den Historiker gerade an Wertheim so reizvoll? Das kann Rödel erklären: „Viele deutsche Geschichtsthemen zeigen sich hier im Kleinen.“ Auch Verfassungs- und Adelsgeschichte könne man studieren, etwa dass Wertheim unter Karl IV. einmal böhmisches Lehen war. Oder dass die Grafen von Wertheim-Freudenberg eigentlich dem Geschlecht der Wittelsbacher entsprungen sind und damit sogar einmal Anspruch auf den bayerischen Thron erhoben – erfolglos, denn ihr Ahnherr war nur kirchlich, nicht aber adelsgeschlechtlich legitimiert. Man merkt, auch wenn Rödel in seiner langen Tätigkeit nur etwa zehn Jahre in Wertheim verbracht hat, hat er nicht nur den Archivverbund geprägt, sondern trägt das historische Erbe Wertheims ins ganze Land.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten