Corona-Verordnung - Oberbürgermeister geht davon aus, dass Outlet-Center wieder öffnen darf / Landratsamt will einschreiten

Hickhack um Öffnung des Village

Von 
Gerd Weimer
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Die neue Landesverordnung für die Corona-Vorschriften liegt vor. Ob das Wertheim Village nächste Woche wieder öffnen darf, ist allerdings fraglich.

Wertheim. Seit Freitagnacht liegt die neue Landesverordnung über erste Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen vor. In einer Schaltkonferenz am Samstag besprach der Lenkungsstab der Stadt unter Leitung von Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez laut Pressemitteilung die Umsetzung der Verordnung in Wertheim.

Demnach habe das Land in einigen Bereichen Klarheit geschaffen. So gebe es jetzt zum Beispiel konkrete Auflagen für die Hygienemaßnahmen, die Geschäfte mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern bei der Öffnung ab 20. April treffen müssen.

In der Mitteilung der Stadt hieß es zudem: „Auch das Wertheim Village darf ab nächster Woche wieder in Betrieb gehen. Das hat das Land mit folgender Begründung entschieden: ’In Gebäuden mit mehreren, rechtlich voneinander unabhängigen Geschäften (Shoppingcenter, Outlet-Center) wird jedes Geschäft gesondert betrachtet.’“ Voraussichtlich werde das Wertheim Village einige Tage Vorlauf brauchen, um die erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen umzusetzen. Die Einhaltung der Auflagen sei Grundlage für die Öffnung im Laufe der nächsten Woche. Dazu stünden Stadtverwaltung und Betreiber in engem Austausch.

Fehler in Verordnung

Die entsprechende Passage widersprach allerdings den Auslegungshinweisen zur Corona-Verordnung. In diesem Papier waren waren am Samstag Outlet-Center unter den Einrichtungen aufgelistet, die geschlossen bleiben beziehungsweise deren Dienstleistungen nicht erbracht werden dürfen. Dabei handelte es sich allerdings um einen Fehler, wie eine Sprecherin des Landeswirtschaftsministeriums am Samstagabend gegenüber den Fränkischen Nachrichten einräumte. Man werde dies „zeitnah“ berichtigen.

Es gebe „kein pauschales Verbot der Outlet-Center mehr, sondern es kommt grundsätzlich auf die jeweilige Verkaufsfläche der rechtlich voneinander unabhängigen Geschäfte in Outlet-Centern an, so dass generell nur diejenigen der dortigen Geschäfte geöffnet werden dürfen, deren jeweilige Verkaufsfläche nicht mehr als 800 Quadratmeter beträgt“, hieß es aus dem Ministerium.

In einem Beitrag auf Facebook hatte OB Markus Herrera Torrez am Samstag kritisiert: „Es wundert mich sehr, dass am Mittwoch zwischen Bundesregierung und Ministerpräsidenten gemeinsam beschlossen wurde, dass Outlet-Center geschlossen bleiben und jetzt verschiedene Bundesländer (nicht nur Baden-Württemberg) diese Regelung gezielt unterlaufen.

In einem Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten am Sonntag bekräftige Herrera Torrez seine Kritik: Das Land habe den Kommunen einen Bärendienst erwiesen. Nicht nur, was das Outlet Center betrifft. Weder habe Stuttgart klar geregelt, wie eine Großveranstaltung zu definieren ist, noch vorgegeben, wann und wie Kindergärten und Schulen wieder geöffnet werden. Das sei sicherlich „keine Hilfestellung für die Kommunen.“

Allerdings könnten die Landesregierung und das Landratsamt des Main-Tauber-Kreises eine Wiedereröffnung des Outlet Centers doch noch verhindern. Wie Wolfgang Reinhart, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, gegenüber den Fränkischen Nachrichten erläuterte, werde letztendlich die „genehmigte Handelsfläche auf Basis der Baunutzungsverordnung“ entscheidend sein. Die Fläche des Outlet Centers in Bettingen ist natürlich viel größer als 800 Quadratmeter, die als Obergrenze für eine Öffnung gilt.

Wolfgang Reinhart geht davon aus, dass sich die Landesregierung und der Landkreis „an dem Normzweck der Baunutzungsverordnung orientieren müssen“. Deshalb sei eine Öffnung des Village unwahrscheinlich.

Auch Axel Wältz, CDU-Fraktionschef im Wertheimer Gemeinderat, schrieb in einem Beitrag auf Facebook, er gehe davon aus, dass „der Landkreis am Montag tätig wird und das Village geschlossen bleibt.“

Landratsamt: „Erhebliche Zweifel“

Auf Anfrage der FN teilte Markus Moll, der Sprecher des Landratsamts am Sonntagnachmittag mit, dass man in Tauberbischofsheim „erhebliche Zweifel an der Entscheidung des Landes“ habe, die Öffnung von Outlet Centern zu ermöglichen. „Aufgrund der baulichen Konzeption insbesondere des Wertheim Village, seiner Lage zwischen Nürnberg und Frankfurt an der meistbefahrenen deutschen Autobahn und des dementsprechend großen Einzugsgebiets könnte sich hier ein epidemiologischer Hotspot entwickeln, mit erheblichen Auswirkungen für die Gesundheit der Bevölkerung im Main-Tauber-Kreis und weit darüber hinaus“, erklärte Moll.

Das Landratsamt prüfe deshalb, „inwieweit eine Untersagung der Wiederöffnung bereits in den nächsten Tagen auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes möglich ist.“ Dies geschehe in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung Wertheim.

OB Herrera Torrez sagte am Sonntag gegenüber den FN, dass er von den Bedenken des Landratsamts wisse. Nach den bisher vorliegenden Beschlüssen aus Stuttgart könne das Village aber öffnen. Die Stadtverwaltung würde in diesem Fall die Einhaltung der weitreichenden Vorschriften zum Infektionsschutz im Outlet Center streng prüfen.

Hygienemaßnahmen

Mit den konkreten Auflagen für die Hygienemaßnahmen bei der Öffnung des Einzelhandels am Montag habe das Land in einigen Bereichen Klarheit geschaffen, hieß es in der Pressemitteilung der Stadtverwaltung.

Mit der Obergrenze von 800 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfte nahezu der komplette Einzelhandel in Wertheim wieder öffnen. In einer gemeinsamen Richtlinie von Wirtschafts- und Sozialministerium sei konkret beschrieben, welche Voraussetzungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes geschaffen werden müssten. Sie reichten von technischen Trennvorrichtungen über Abstandsregelungen bis hin zu Vorschriften für Hygiene und Desinfektion.

Die Stadtverwaltung habe den Händlern diese Richtlinie am Samstagvormittag zukommen lassen. Ab Montag würden die Mitarbeiter des Ordnungsamts vor Ort präsent sein und die Auflagen in persönlichen Gesprächen nochmals vermitteln.

Restaurants und Gaststätten dürften weiterhin nur im Abhol- und Lieferservice arbeiten. Nach der neuen Landesverordnung dürften ab 20. April auch Eisdielen und Cafés Außer-Haus-Verkauf anbieten.

Bibliotheken und Archive könnten nach der neuen Landesverordnung ab 20. April wieder öffnen. Aber auch sie seien an strenge Auflagen gebunden. Für die Stadtbücherei prüfe die Verwaltung, ob und mit welchem Aufwand diese Auflagen erfüllt werden können.

Der Gesundheitsschutz der Besucher und der Mitarbeiter stehe dabei im Mittelpunkt. Die Entscheidung über Wiederaufnahme des Besuchsbetriebs in der Bücherei werde im Laufe der nächsten Woche fallen. Der Archivverbund Main-Tauber in Bronnbach werde der einheitlichen Linie aller Staatsarchive im Land folgen und frühestens am 4. Mai wieder öffnen.

Kitas weiter geschlossen

Kindergärten blieben weiterhin geschlossen, der Schulbetrieb starte am 4. Mai zunächst nur mit den Abschlussklassen, heißt es in der Mitteilung weiter. Das bedeute, dass die Mitte März eingerichtete Notfallbetreuung über den bislang genannten Zeitraum 19. April hinaus im bisherigen Umfang fortgeführt werde.

Die Eltern erhielten diese Information über die Kindergärten und Schulen. Am Montag solle, dafür wolle man in Wertheim Sorge tragen, kein Kind vor verschlossener Kita- oder Schultür stehen. Die Notfallbetreuung stehe bislang Kindern von Eltern offen, die in so genannten systemkritischen Bereichen arbeiten. Das Land habe zwar eine Ausweitung auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen angekündigt, die Konkretisierung stehe aber aus. Der Lenkungsstab hoffe, dass das Land in den nächsten Tagen Klarheit schaffe, heißt es.

Redaktion Reporter Wertheim

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