Sanierung und Umbau mitten in Coronazeiten, Ausstellungen, die mehrfach verschoben werden mussten, monatelange Schließung – die Herausforderungen, vor der das Grafschaftsmuseum in den vergangenen Jahren stand, waren enorm.
Wertheim. Das Grafschaftsmuseum besteht als Sammlung seit rund 140 Jahren und wurde im Lauf der Zeit immer umfangreicher. Umzüge blieben deshalb nicht aus. Seit 1989 hat es nun seinen festen Sitz im früheren Rathaus in der Rathausgasse gefunden. Zwar wurde die Ausstellung immer wieder etwas verändert, baulich tat sich allerdings recht wenig.
Die Leiterin Stefanie Arz arbeitet seit vier Jahren im Museum. Die Modernisierungsmaßnahmen, die seit zwei Jahren laufen, hat sie fest im Griff. Bevor diese starten konnten, standen etliche Diskussionen an, „weil sich etwas verändern musste“, sagt Arz und erklärt das offene Konzept in das spontan immer wieder eingegriffen werden konnte. Digitalisierung, Erlebnischarakter und Barrierefreiheit spielen in der Umsetzung des neuen Konzepts eine wichtige Rolle.
Von den fünf Abschnitten sind inzwischen zwei bereits abgeschlossen. So wurde das Erdgeschoss total verändert – immer mit Unterstützung und Wissen des Denkmalschutzamtes. Beispielsweise wurde die Trennwand zum früheren Standesamt entfernt, um einen großen Raum für eine Ausstellung zu schaffen. Hier zog die neue Ausstellung „Wertheim am Wasser“ ein. Dabei spielen sowohl Niedrigwasser des Mains (ein Meter) als auch Hochwasser in der Stadt eine Rolle.
Der Beginn
Begonnen wurde im Frühjahr 2019 mit den Arbeiten, neue Böden wurden verlegt, Wände im wassertypischen Blau gestrichen, Beleuchtung installiert – vieles passierte in Eigenleistung. Immer mit an Bord: Haustechniker Heiko Kriegisch und Architekt Michael Bannwarth. Im Frühjahr 2020 konnte die Ausstellung im Erdgeschoss eröffnet werden – allerdings um unmittelbar danach für mehrere Monate aufgrund des Lockdowns wieder zu schließen.
Verändert wurde in der nächsten Etappe der Eingangsbereich, der vom ersten Stock samt Shop und Kaufmannsladen ins Erdgeschoss verlegt wurde, um einen barrierefreien Zugang zum Museum zu schaffen.
Barrierefreiheit
Die Umsetzung der Barrierefreiheit wird auch einen Großteil der weiteren Maßnahmen bestimmen, wie Stefanie Arz betont.
Der dritte Abschnitt sollte ursprünglich 2021 umgesetzt werden, wurde aber coronabedingt aus finanziellen Gründen verschoben. Doch nun gab der Gemeinderat grünes Licht. Lediglich die Zustimmung des Regierungspräsidiums fehlt noch.
Konkrete Überlegungen für die Umgestaltung des ersten Stocks gibt es bereits. So wird hier die neue Burgabteilung einziehen. Sie soll in bestimmten Bereichen gemeinsam mit Kindern gestaltet werden. Die genauen Pläne dafür wollte Arz allerdings noch nicht verraten. Wichtig auch hier: der Einzug von digital abrufbaren Informationen.
Geplant sind auch ein Experimenta-Parcours und eine Textilabteilung, in welcher der Blaudruck eine Rolle spielen soll. An der Stelle des ehemaligen Kassenbereichs wird eine Galerie eingezogen, um barrierefrei die nächsten Stockwerke erreichen zu können. Nachdem nun der Gemeinderat diesen Abschnitt genehmigte, werden in Kürze Detailplanungen von Museumsleitung und Architekten in Angriff genommen werden.
In fünf Etappen
Die gesamte Sanierung und Umgestaltung umfasst fünf Etappen. Dem zweiten Stock samt Modersohnsaal will man sich im vierten Abschnitt widmen, zu dem auch neue Beleuchtung und Bodenerneuerung im Sonderausstellungsbereich gehören werden. Die Außenfassade bildet dann den fünften und letzten Abschnitt.
Arz hat nicht ohne Grund die Etappen modulartig aufgebaut, so dass diese bei Notwenigkeit verschoben werden können, ohne den Museumsbetrieb zu beeinträchtigen. „Es war uns durchaus bewusst, dass die Sanierung und Umgestaltung des Museums eine echte Herausforderung ist. Aus diesem Grund haben wir das Vorhaben in Abschnitte aufgeteilt“, sagt Arz.
Besucherzahlen nicht erfreulich
Ursprünglich wurden für alle fünf Etappen insgesamt 300 000 Euro an Kosten veranschlagt. Wie Arz versichert, habe man bislang mit der Finanzierung der bereits durchgeführten Maßnahmen immer unter dem Voranschlag gelegen. „Wir sehen zu, dass wir möglichst viel selber machen können. Dadurch können wir eine Menge sparen.“
Zudem wird beim Material auf Wiederverwendung gesetzt. So wurden beispielsweise die alten Eichenbohlen vom abgerissenen Steg verwendet. Mehrfache monatelange Schließungen, Besuch nur mit telefonischer Anmeldung, 2G-Plus-Regel – all das schlug sich in den Besucherzahlen der vergangenen zwei Jahre nieder.
Im Schnitt kommen in normalen Jahren bis zu 8000 Besucher ins Museum. In den letzten beiden Jahren lagen die Zahlen durch die Pandemie deutlich darunter. Man solle nicht alles an diesen Zahlen festmachen, so Arz. Schiffstouristen, Busreisende und Radwanderer kamen nur wenige Wochen lang in diesem Sommer ins Museum. Allerdings besuchten auch 20 Gruppen aus Amerika die jüdische Abteilung.
Die Ausstellung „Gepflegt. Gesegnet alt werden“ musste zwar zwei Mal verschoben werden, lockte dann aber innerhalb von sechs Wochen 600 Besucher an. Stefanie Arz spricht in diesem Zusammenhang von einer echten Erfolgsgeschichte, die in Zusammenarbeit mit Verena Mätzke, der Diakonie und der Sozialstation in ähnlicher Form gern wiederholt werden könnte. Die Scherenschnittausstellung von Elisabeth Emmler dagegen litt etwas unter der 2G-Plus -Regel.
Ständig Verschiebungen
Gleich mehrere Ausstellungen mussten aufgrund der Pandemie mehrfach verschoben werden. „Es ist schlimm für uns alle, wenn man eine Ausstellung vorbereitet und niemand kann sie sehen“, so die Museumsleiterin. Deshalb wurde beispielsweise die Kinderausstellung „Die Kuh im Kühlschrank“ inzwischen zum vierten Mal verschoben. Die Ausstellung richtet sich an Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahre und setzt die Themen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein spielerisch umt. Verschoben wurde auch die Kooperationsausstellung „Fotografische Verdichtungen“ mit Werken von Wolf Nkole Helzle und diversen Vorträgen. Der Ausstellungs- und Vortragskalender 2022 im Grafschaftsmuseum ist somit also schon gut gefüllt.
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