Konzert in der Stiftskirche

Gitarrenduo „Café del Mundo“ verzauberte Publikum mit Weltmusik

Filigrane und temperamentvolle Klange erfüllten die Stiftskirche

Von 
Jens-Eberhard Jahn
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Für einen wundervollen Konzertabend sorgte das Duo „Café del Mundo“ in der Wertheimer Stiftskirche. Alexander Kilian und Jan Pascal spielen Weltmusik auf Flamenco-Gitarren. © Jens-Eberhard Jahn

Wertheim. Im fahlen Abendlicht erklangen samtweiche Gitarrenklänge in der Wertheimer Stiftskirche. Zuerstwaren sie filigran, dann temperamentvoll und schließlich immer stürmischer. Zu Gast war am in dem altehrwürdigen Gotteshaus am Sonntag das Duo „Café del mundo“

Die Musik erinnerte an den spanischen Gitarristen Paco de Lucia. Alexander Kilian, die eine Hälfte des Duos, hatte schon mit 15 Jahren seinen ersten internationalen Wettbewerb mit einem Stück des Flamenco-Großmeisters gewonnen. 2007 lernte er auf einem Gitarren-Workshop den Vollblutmusiker Jan Pascal kennen. Dieser stammt aus einer Musikerfamilie, besuchte das Musikinternat in Münsterschwarzach und beherrscht viele Genres und Instrumente. Der Funke sprang sofort über und entzündete ein musikalisches Feuerwerk. Inzwischen treten die beiden auf fast allen Kontinenten mit jährlich über 100 Konzerten auf.

Zunächst bedankte sich Alexander Kilian bei den kirchlichen Gastgebern für das, wie er sagte, „poetisch-musikalische Asyl“. Denn ursprünglich hätte das Konzert open air auf der Burg stattfinden sollen. Der wegen anhaltenden Regens improvisierte Auftrittsort gab dem Konzert geradezu spirituelle Würde und die Akustik war ausgezeichnet. Dank dafür gebührte nicht nur den Erbauern der Stiftskirche, sondern vor allem den Tontechnikern Manuel Stein und Michael Mainx, der unter anderem auch mit Reinhard Mey zusammenarbeitet.

„Sie sind für uns gleichbedeutend wie Mitmusiker“, erzählte Alexander Kilian den Fränkischen Nachrichten, und freute sich auch über Lichtdesigner André Stein und die Allround-Assistentin des Duos, Sarah Flor: „Sie ist unsere gute Seele, die immer den Überblick hat und Probleme löst, bevor wir überhaupt davon erfahren!“

Pascal und Kilian ließen an diesem Abend immer wieder Wertheim hochleben. Schmunzelnd erzählten sie: „Wir haben in London mit dem Royal Symphony Orchestra gespielt, waren in Paris und Granada. Aber selbst beim Anblick der wunderschönen Alhambra befiel uns Wehmut nach der Burg Wertheim.“ Was zunächst als zärtliche Ironie daherkam, entpuppte sich als durchaus ernsthaft. Denn in Wertheim war das Duo zu seinem Namen gekommen, nachdem ein Musikkritiker geschrieben hatte, ihn erinnere die Musik an die früheren spanischen „Cafés Cantantes“, die Kreißsäle des Flamencos im 19. und 20. Jahrhundert. Allerdings beschränkt sich das Repertoire des Duos nicht auf die Musik Südspaniens. Und so kam es zum Namen „Café del Mundo“, zu Deutsch: „Weltcafé“. Dieses wunderbare Weltcafé verwandelte den verregneten Wertheimer Sonntagabend in ein musikalisches Blütenmeer. Denn beim bunten Guitar-Crossover teilten Pascal und Kilian mit dem Publikum ihre Begegnungen, Reisen und Erfahrungen. Mit sehr viel Humor banden sie die 350 Besucherinnen und Besucher von Beginn an ein und erzählten stolz, wie ihnen Paul McCartney persönlich seinen Traum, mal in Wertheim zu spielen, gestanden hatte.

Musikalisch stand am Beginn Ennio Morricones bedächtige Filmmusik zu „Cinema Paradiso“ auf dem Programm, gefolgt von einer glutvollen Malageña und – recht ungewohnt – dem alten englischen Volkslied „Scarborough Fair“ im Flamenco-Stil. Mit einigen Stücken der Band „U2“ und vielen eigenen Kompositionen gestaltete das Duo einen magischen Abend voller berührender Lebensfreude, der alle Genregrenzen sprengte. Eine scherzhaft „Für Luise“ genannte Eigenkomposition klang so, als ob Johann Sebastian Bach und Carlos Santana sich zum Gitarre-Spielen getroffen hätten. Andere Stücke transportierten reiche orientalische Ornamentik in den zärtlichen und leidenschaftlichen Klangfarben der Flamenco-Gitarren.

Jan Pascal wandte sich eindringlich ans Publikum: „Ich finde es schön, sich in der Musik zu begegnen. Und jetzt spielen wir eine Hommage an das Leuchten in uns selbst. Und wenn wir uns begegnen, dann leuchten wir exponentiell!“ Die Hommage hieß „Dance of Joy“. Tatsächlich erhob sich das Publikum klatschend und viele tanzten beglückt durch die Kirche. Bei Leonhard Cohens „Hallelujah“ schließlich hauchten die musikalisch Verzauberten andächtig mit, ein Hallelujah aus etwa 350 Kehlen – mehr als in den meisten Gottesdiensten. Bei den drei Zugaben wurde klar: Dies war nicht nur ein Gottesdienst. Pascals Gitarre mutierte plötzlich zur E-Gitarre und intonierte ein AC/DC-Medley. „Highway to Hell“ – das war vermutlich noch nicht allzu oft in der Stiftskirche erklungen. Die Technik hatte die Mutation möglich gemacht und Kilian verriet den FN: „Wir versuchen, das Spektrum der Gitarre soweit wie möglich zu nutzen und technisch anzureichern. Schließlich sind wir ja nicht mit Flamenco aufgewachsen, eher mit Klassik, Rock und Pop. Das gibt uns ungemeine Gestaltungsmöglichkeiten und musikalische Freiheit.“ Die nächsten Konzerte finden in Buchen, Marrakesch und auf den Malediven statt. „Café del Mundo“ eben, verbindende, begeisternde, virtuose Musik.

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