Haushalt - Jüdisches Kulturdenkmal war Gegenstand der Beratungen / Vorschlag der CDU-Fraktion kontrovers diskutiert / Stadt bemüht sich um Fördermittel

Genügt Teilsanierung des Friedhofs?

Der jüdische Friedhof ist von enormer historischer Bedeutung und soll der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden – daran besteht kein Zweifel. Doch das gestaltet sich in der Realität schwierig.

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Elisa Katt
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Der jüdische Friedhof in Wertheim ist derzeit geschlossen. Über die Sanierung gibt es im Gemeinderat unterschiedliche Auffassungen. © Gerd Weimer

Wertheim. Der jüdische Friedhof soll der Öffentlichkeit so bald wie möglich wieder zugänglich gemacht werden – darin sind sich sämtliche Fraktionen des Gemeinderats einig. „Die Bedeutung des Friedhofs als Kulturgut und zur Vergangenheitsbewältigung ist uns allen bewusst“, betont beispielsweise Grünen-Fraktionsvorsitzender Richard Diehm. Bei der Frage nach der Umsetzung scheiden sich allerdings die Geister.

Seit Mitte Juni ist der Friedhof gesperrt (wir berichteten). Grund sind Sicherheitsmängel, die Prüfer bei einer Kontrolle im April feststellten. Vor allem der Hauptweg ist demnach sanierungsbedürftig. Doch die schwierige Haushaltslage der Stadt schmälert die Hoffnung auf eine baldige Sanierung. Auch Anträge auf Förderung blieben bislang ohne Erfolg. Dennoch war der jüdische Friedhof Gegenstand der laufenden Haushaltsberatungen.

Teilsanierung wird geprüft

Seine Fraktion setze sich dafür ein, Mittel für die Sanierung im Haushalt einzustellen, erklärt beispielsweise CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Wältz. Er stellt allerdings in Frage, ob es wirklich die von der Verwaltung kalkulierten 100 000 Euro sein müssen, und verweist auf eine Teilsanierung des Hauptwegs, um den Friedhof zumindest ein Stück weit wieder zugänglich zu machen. Damit wäre in Wältz’ Augen „schon einmal viel gewonnen“. Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Haushaltsplan 2021 hat seine Fraktion gestellt (wir berichteten).

„Die Prüfung, ob eine Teilsanierung des Wegs möglich und sinnvoll ist, ist im Gang“, bestätigt Angela Steffan, Pressesprecherin der Stadtverwaltung. Eine abschließende Aussage könne aber noch nicht getroffen werden. Nach FN-Informationen steht vor allem in Frage, ob eine Teilsanierung langfristig wirtschaftlich wäre. Womöglich würden bei einer kompletten Instandsetzung zu einem späteren Zeitpunkt die bereits ausgebesserten Flächen wieder zunichtegemacht.

Während Stefan Kempf, Fraktionsvorsitzender der Bürgerliste, eine Teilsanierung begrüßen würde – „besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ – steht SPD-Fraktionschef Patrick Schönig dieser Variante kritisch gegenüber. „Wir finden es nicht richtig, wenn man einen Teil saniert, nur damit die Touristen ein paar Schritte reingehen können“, findet er klare Worte. Der jüdische Friedhof dürfe kein Ort nur für Touristen sein, sondern müsse als historischer Gedenkort für alle Bürger zugänglich gemacht werden. „Wenn ich Barrieren aufbaue, damit ich etwas gedenken kann, dann hat es seinen Sinn verloren“, so die Meinung Schönigs.

„Bevölkerung zugänglich machen“

In der Vergangenheit war der Friedhof bei Führungen zugänglich. Zudem konnten sich Bürger bei der Tourist-Information gegen zehn Euro Pfand einen Schlüssel abholen. „Wir bemühen uns, eine finanzierbare Lösung zu finden, um den jüdischen Friedhof nicht nur den Touristen, sondern der Bevölkerung zugänglich zu machen“, stellt Songrit Breuninger, Fraktionsvorsitzende der Freien Bürger, fest. Der jüdische Friedhof befindet sich im Eigentum der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRG) Baden.

Für Pflege und Instandhaltung ist die Stadt Wertheim zuständig. Förderung gibt es dafür vom Regierungspräsidium: In diesem Jahr 5900 Euro für Pflege sowie 9800 Euro für Instandsetzungsmaßnahmen. Pressesprecherin Josephine Palatzky räumt ein, dass diese Mittel bei weitem nicht für die notwendige Sanierung des Friedhofs ausreichen. „Welche Maßnahmen im Jahr 2021 in welcher Höhe gefördert werden können, hängt entscheidend von den dem Regierungspräsidium zugewiesenen Mitteln und der Dringlichkeit der zu fördernden Maßnahmen ab“, so Palatzky weiter.

Die Finanzierung „auf eine breite Basis stellen“ möchte die CDU-Fraktion. In der Vergangenheit habe die Stadt gute Erfahrungen mit interkommunaler Zusammenarbeit gemacht, nun sollte die Verwaltung Gespräche mit Land, Landkreis und dem Eigentümer führen.

Sanierungsstau

Die Schließung verwaister jüdischer Friedhöfe sei zu vermeiden, beziehungsweise so kurz wie möglich zu halten, betont Rami Suliman, Vorsitzender der IRG Baden. Weil die zur Verfügung stehenden Mittel aber „begrenzt und nicht ausreichend“ seien, geht Suliman bezogen auf alle badischen Friedhöfe von einem aufgelaufenen Sanierungsstau von rund 500 000 Euro aus. Die IRG verfüge über keine eigenen Mittel, beschäftige aber einen hauptamtlichen Friedhofsbeauftragten, der – gemeinsam mit den Kommunen– den Zustand der Friedhöfe überwache und notwendige Sicherungsmaßnahmen mit der Verwaltung berate. Die Erkenntnisse fließen in die Entscheidungen der Regierungspräsidien über die Verteilung der Fördermittel ein.

Treffen im Dezember geplant

Axel Wältz schließt einen Spendenaufruf nicht aus, um weitere Gelder zu erhalten. Es sei ein „schönes Signal“ und verdeutliche die Bedeutung des Friedhofs als Teil der Erinnerungskultur in Wertheim. Patrick Schönig hingegen sieht in dieser Variante wenig Chancen auf Erfolg und führt als Beispiel die in seinen Augen vorerst gescheiterte Gedenkstätte auf der Burg an. „Eine solche Sanierung muss eine staatliche Institution umsetzen. Man darf die Finanzierung nicht in den privaten Bereich schieben“, fordert Schönig.

Die Stadt bemüht sich indes um Mittel aus dem Denkmalförderprogramm des Landes: „Der Jüdische Friedhof ist als Thema für die nächste Vorortbesprechung mit dem Landesdenkmalamt vorgemerkt“, berichtet Angela Steffan. Das Treffen sei für Dezember geplant. Weitere Informationen – und womöglich Entscheidungen – dürfte die Sitzung des Finanzausschusses am Montag bringen.

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